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Kultur Neuigkeiten

Austern von der Severinstraße, Emailgeschirr vom Bonner Wall

Dienstag, 20. November 2012 | Text: Nora Koldehoff | Bild: Presse Römisch-Germanisch Museum

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Eine Ausstellung im Römisch-Germanischen Museum zeigt Funde aus sieben Jahren U-Bahn-Bau.
Umstritten ist das Projekt nach wie vor, und wahrscheinlich hat kein Stadtteil so darunter gelitten wie die Südstadt: Vor allem in der Severinstraße hat die Nord-Süd-Stadtbahn jahrelang für Dreck und Lärm gesorgt. Geschäftsinhaber klagten über Umsatzeinbußen bis hin zur drohenden Pleite. Die Kosten sind explodiert, und bis die Linie irgendwann in einigen Jahren in Betrieb genommen werden und dann den Weg von der Südstadt ins Zentrum ein paar Minuten schneller machen wird, sind die bereits eingebauten Aufzüge und Rolltreppen vielleicht schon gar nicht mehr funktionsbereit. Dass die unterirdische Großbaustelle auch für den Einsturz des Stadtarchivs am Waidmarkt und für den Tod der beiden Männer verantwortlich ist, die dabei starben, ist bislang nicht offiziell bewiesen – für Viele aber sehr wahrscheinlich.

Dass die Nord-Süd-Bahn schon jetzt auch positive Konsequenzen hatte, zeigt nun ein halbes Jahr lang eine hervorragend inszenierte Ausstellung im Römisch-Germanischen Museum neben dem Dom. In zwei Erdgeschossräumen ist eine spektakuläre Auswahl jener Fundstücke zu sehen, die die Archäologinnen und Archäologen des Amtes für Denkmalpflege beim bisher größten Eingriff in die unterirdische Geschichte der Stadt Köln freigelegt haben. Ihnen standen zwar nur jene Bereiche zur Verfügung, in denen die acht neuen U-Bahnhöfe entstanden sind – die Tunnelstrecken dazwischen wurden rein maschinell mit riesigen Bohrscheiben in unterirdischem Vortrieb gegraben. Schon diese Grabungsflächen allerdings machen eine Fläche aus, die der Größe von vier Fußballfeldern entspräche. 30.000 Quadratmeter, in denen rund 2,5 Millionen Funde aus 2000 Jahren Stadtgeschichte geborgen wurden: Griechische Amphoren, in denen sich die römischen Befehlshaber Oliven und Gewürzpasten bringen ließen, eine ganze Bergkristallwerkstatt in der Nähe des Doms, Münzen und Gürtelschnallen, Befestigungsbauwerke und Transportschiffe.

Die Südstadt ist dabei besonders prominent vertreten – ihr gehört der zweite Raum der Ausstellung fast allein: Über 40 Brand- und Körpergräber aus römischer Zeit wurden am Chlodwigplatz freigelegt. In einem Frauengrab aus dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert fanden die Archäologen als wertvolle Grabbeigabe einen Taschenspiegel aus Bernstein. Die Asche der Frau wurde in einer großen grün schimmernden Glasamphore beigesetzt, die unversehrt aus einem sorgfältig gearbeiteten Schutzzylinder aus lothringischem Kalkstein geborgen wurde. Aus einer Toilettenanlage, die die benediktinischen Nonnen der Johannesklause an der Severinstraße vom frühen 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts benutzten, stammen erstaunlicherweise auch luxuriöses Fayencegeschirr, Weingläser in venezianischem Stil, Austernschalen, Tabakpfeifen, Schnapsbecher und Parfumphiolen (siehe Foto). Die heutige Severinstraße war jahrhundertelang nicht nur ein bedeutender Pilger-, sondern auch ein Handelsweg. Vom Bonner Wall stammen einige der jüngsten Funde: Als sie dort zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihre Festungsanlagen aufgaben, hinterließen die preußischen Soldaten auch ihr emailliertes Essgeschirr. Dutzende Hufeisen und –nägel belegen, wie schlecht dort damals jene Straßen waren, die inzwischen längst asphaltiert sind (siehe Titelbild).

Entlang der neuen U-Bahn-Strecke erläutert die Ausstellung im Römisch-Germanischen Museum die gefundenen Zeugnisse aus 2000 Jahren Stadtgeschichte. Fotografien von Eusebius Wirdeier dokumentieren die Grabungsorte. Weil zu jedem Stück auch der konkrete Fundort benannt und historisch eingeordnet wird, lässt sie Stadtgeschichte – auch wenn die Formulierung längst zur Floskel geworden ist – tatsächlich lebendig werden. Auch im gut verständlichen und ausführlich bebilderten Katalogbuch: Die Römer, die mittelalterlichen Handwerker, die preußischen Soldaten gibt es nicht allein in den Geschichtsbüchern. Es gab sie tatsächlich, und sie haben Spuren hinterlassen – dort, wo wir heute leben.

Die als Informationsmaterial verbrämten Werbebroschüren der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) allerdings, die in den Ausstellungsräumen im Museum ausliegen („Acht gute Gründe für acht neue Stationen“), hätte man den Besuchern ersparen können. Zwar haben die KVB die Ausstellung nicht direkt finanziell unterstützt. Schon der Umstand, dass ihr Vorstandsvorsitzender ein Katalogvorwort schreiben und die Ausstellung eröffnen durfte, sind eigentlich zu viel Nähe zwischen einem Museum, das Anspruch auf wissenschaftliche Unabhängigkeit erhebt, und einem Wirtschaftsunternehmen, dass ein umstrittenes Großprojekt rechtfertigen muss.

 

 

ZeitTunnel. 2000 Jahre Köln im Spiegel der U-Bahn-Archäologie
Im Römisch-Germanisch Museum bis 5. Mai 2013

 

Katalog: Wienand Verlag, Köln

22,50 €

Weitere Informationen erfahren Sie hier.

Text: Nora Koldehoff

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