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Lükes Liebes Leben

Autofreies Chaos

Montag, 9. Mai 2022 | Text: Reinhard Lüke

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Uff. Mein gehamstertes Rapsöl bin ich nun auch endlich losgeworden. Die Gewissensbisse inklusiv schlafloser Nächte waren ja nicht mehr auszuhalten. Der Baui nimmt mir das Zeugs ab und möchte mit dessen Hilfe im Rahmen des Marie Marktes am 15. Mai Waffeln backen. Der Erlös soll den Kids vor Ort zukommen. Hingehen und schlemmen für den guten Zweck.

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Die Ehrenstraße ist jetzt teilweise autofrei und schon mehren sich die Meldungen über chaotische Zustände und (Beinahe-)Unfälle zwischen Fußgängern und Radfahrern. Was nicht wirklich verwunderlich ist, da viele Zeitgenossen die Shopping-Meile nun für eine Fußgängerzone halten. Werden die Pläne für eine Teilsperrung der Severinstraße für den Autoverkehr irgendwann umgesetzt, droht da derselbe Zirkus. PKW, die im Schritttempo dort langzuckeln, weil es gar nicht mehr anders geht, sind nicht das Problem. Aber angesichts der unzähligen Radfahrer, die Pedaleure von Flink und Gorillas unter Zeitdruck vorneweg, die heute schon mit einem Affenzahn im Zickzack in beiden Richtungen zwischen den Menschen durchbrausen, wundere ich mich, dass es da nicht zu mehr Unfällen kommt. Ob ein Auto von einer Seite kommt, kann ein Kleinkind noch überschauen, aber mit der Aufforderung auf Radfahrer von rechts und links zu achten, dürfte es heillos überfordert sein.

Das schaffst du nicht

Seitdem es über die Bautätigkeiten auf dem Spielplatz An der Eiche keine Schrullen mehr zu berichten gibt, habe ich nun freien Blick auf die unterschiedlichen Umgangsformen von Eltern mit ihrem Nachwuchs. Wobei ich die Handy-Junkies, die nur auf mehrfachen Zuruf ihrer Kleinen kurz von ihrem Gerät aufblicken, jetzt mal außer Acht lasse. Ansonsten gibt es da die entspannten Erziehungsberechtigten, die ihren Nachwuchs nach Herzenslust klettern lassen und ihn nach Fehlversuchen aufmuntern, es gleich nochmal zu versuchen. Entsprechend stolz stehen die Kinderchen dann nach mehreren Anläufen irgendwann oben auf dem Gerüst und heimsen verdienten Beifall ein.

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Daneben gibt es die andere Fraktion, die ihre Kleinen immer nur vor den Gefahren warnt und ihnen verdeutlicht, dass sie dafür noch viel zu klein seien. Und falls Junior sich davon nicht schrecken lässt und trotzdem einen Versuch wagen möchte, stehen diese Eltern die ganze Zeit mit ausgebreiteten Armen hinter ihm, damit er aus 1,50 Metern Höhe nur ja nicht auf den Sandboden knallt und sich lebensgefährliche Verletzungen zuzieht. Und dann gibt es da noch die Hoch- und Runterheber, die ihre Kinder die Gerätschaften erst gar nicht selbst erkunden lassen, sondern sie nach oben und später wieder runter hieven. So stehen da dann manche Pänz vor dem Klettergerüst und reißen aus Gewohnheit einfach die Arme nach oben. Und schon eilen Mutti oder Vati helfend herbei. Sind das womöglich die Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto oder Lastenrad zur Schule fahren, obwohl die Kids den Weg längst allein zurücklegen könnten? Und später irgendwann gehen sie mit ihren Teenagern in die Disko. Nur so. Zur Sicherheit.

Zu verschenken

Seit ein paar Tagen steht ein Sessel in der Buschgasse. Keine Ahnung, wer ihn dort abgestellt hat. Ist er womöglich ein Überbleibsel von Hans Mörtters Aufruf zur Besetzung des öffentlichen Raumes? Aber das war ja sicher nicht so gedacht, dass man die Sitzmöbel draußen stehen lassen sollte. Also vermute ich mal, es handelt sich eher um einen weiteren Fall der wilden Sperrgutentsorgung. Wobei diesmal allerdings kein Zettel mit „Zu verschenken“ dran hängt. Mit diesem Anhänger wähnen sich manche Zeitgenossen ja auf der caritativen Seite, wenn sie verdreckte Mikrowellen, Kühlschränke oder Möbel vor die Tür räumen, die schon beim Neukauf Schrott waren. Gern werden auch Bücher so entsorgt. Da steht dann nicht ein Karton, in dem die einzelnen Bände mit dem Rücken nach oben angeordnet sind, damit sich eventuell Interessierte schnell einen Überblick verschaffen können. Nein, da werden die Bücher einfach in eine große Umzugskiste gekippt, durch die man sich dann durchwühlen soll. Und der Krempel wird abends natürlich nicht wieder reingeholt, sondern bleibt auch im Regen da stehen, bis er sich im Viertel verteilt hat oder die Jungs der AWB ein Einsehen haben und das Zeug beseitigen. Wo sich immer mehr Leute alles Erdenkliche liefern lassen, tun sie sich offenbar zunehmend schwer, ihren Müll ordnungsgemäß zu entsorgen.

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Nackig oder Burka?

Unlängst machte das beschauliche Städtchen Göttingen von sich reden. Dort dürfen Frauen nämlich in diesem Sommer Oben-Ohne ins Schwimmbad. Aber nur am Wochenende. Ausgefochten hat dieses Stück Freiheit eine feministische Initiative namens „Gleiche Brust für alle“. Welch schöner Erfolg. Ich kann mich zwar noch an die späten 80er/frühen 90er erinnern, als barbusiges Sonnenbaden in Kölner Grünanlagen der Normalfall war, aber nun gut. Ich weiß nicht, ob Frauen in Afghanistan gern Oben-Ohne ins Schwimmbad möchten, aber die haben ohnehin ganz andere Probleme. Denn die Steinzeitkrieger der Taliban haben nun verfügt, dass Mädchen und Frauen nur noch in Ganzkörper-Verschleierung vor die Tür dürfen. Und das auch nur in Begleitung eines männlichen Verwandten. Also ganz wie früher. Ist Gottes Wille. Die Bilanz von 20 Jahren NATO-Einsatz am Hindukusch nimmt sich echt bescheiden aus.

Text: Reinhard Lüke

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Kommentare

  • Benni Groß sagt:

    Ich fahre jeden Tag einmal mit dem Rad über die Ehrenstraße und kann das dargestellte überhaupt nicht bestätigen. Ich fahre mit reduziertem Tempo zwischen den Fußgängern, klingele nicht und warte zur Not, wenn es mal nicht weiter geht. Grund: Es ist keine Fahrradstraße sondern eine Fußgängerzone, wo Radfahren freigegeben ist, aber man ist dort als Radler halt auch nur „zu Gast“.

    Ich werde nie von anderen Radlern überholt, beobachte keinen Stress zwischen Radlern und Fußgängern und hatte auch selbst noch nie welchen – weder vor noch nach der Auslagerung des Autoverkehrs.

  • MT sagt:

    Danke für das Öl, lieber Lüke!

    Und den ersten Teil Deiner Kolumne unterschreib ich sowas von – Risikokompetenz zu erlernen bedarf einfach „Rabeneltern“!
    (Diese Tiere sind übrigens ganz wunderbare Eltern – jedoch sehen wir sie oft nicht so… Die trauen ihrem aus dem Nest entwachsenen oder entfallenen Nachwuchs schon eine Menge zu.)

    Danke fürs Öl – wir laden Dich auf ne Waffel ein am Sonntag!

    Herzlichen Dank
    MT

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