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Südstadt

Autonomes Zentrum will bleiben

Donnerstag, 6. April 2017 | Text: Stefan Rahmann | Bild: Stefan Rahmann

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Damit das mal klar ist: „Es bestehen überhaupt keine Zweifel an unserer Vertragstreue“, erklärt Kim zu Beginn unseres Gesprächs unmissverständlich. Und schränkt einen Atemzug später ein: „Aber man wird ja wohl noch fragen dürfen.“ Kim spricht für das Autonome Zentrum. Das hatte nach dem Wegzug aus Kalk ein neues Zuhause gefunden an der Luxemburger Straße zwischen den Justizgebäuden zur Rechten und dem Eifelwall mit der Archivbaustelle zur Linken. „Wir sind gekommen, um zu stören“ steht auf einem Banner an der Hauswand, dessen Enden lose im Wind flattern. Darauf wird die Demonstration gegen den Bundesparteitag der Alternative für Deutschland (AfD) am 22. April im Hotel Maritim am Heumarkt angekündigt. „Autorität ist heilbar“ hat jemand unübersehbar neben das Transparent auf die Fassade gesprüht.

 

Neue Scheiben sind doppelverglast

 

Mit nach Lage der Dinge „unheilbarer“ Autorität hat das Autonome Zentrum immer schon mehr zu tun, als seinen Betreibern lieb ist. Denn die haben einen Vertrag mit der Stadt unterschrieben, in dem steht, dass Ende 2018 Schluss ist mit dem AZ an der Luxemburger Straße. Dann soll das städtische Gebäude abgerissen werden, in dem das Zentrum momentan untergebracht ist. Weil da ab 2020 der Innere Grüngürtel über die Luxemburger Straße hinaus bis zum Höninger Weg verlängert wird. Ohne Gebäude, so die Pläne der Stadt. Aber jetzt „fragen“ die Leute vom AZ eben, ob es nicht doch möglich ist, zu bleiben.

Im Innenhof fällt sofort die Baustelle auf: Der Partyraum wird renoviert. Als erstes musste der Fußboden ersetzt werden, im zweiten Schritt wurden die alten Fenster durch doppelverglaste Thermopen-Scheiben ausgetauscht. Man will zeigen, dass man es mit dem Bleiben ernst meint. Auch den schärfsten Kritikern wie Birgit Hirscher von der Bürgerinititiave Innerer Grüngürtel Eifelwall, die sagt: „Für uns ist ein Gebäude wie das, in dem das AZ untergebracht ist, im zukünftigen Inneren Grüngürtel undenkbar.“

 

Unterstützung von ganz oben

 

Die AZler bekommen allerdings Unterstützung von allerhöchster Stelle. Wenn auch vielleicht nicht ganz so wie erwünscht. Niemand Geringeres als Oberbürgermeisterin Henriette Reker schreibt ihnen: „Obwohl die Nutzungsvereinbarung mit dem Autonomen Zentrum vorsieht, erst ab Anfang 2018 Gespräche über alternative Standort zu führen, wurde mit der Suche nach geeignete Ersatzstandorten und ersten Gesprächen mit Vertretern des Autonomen Zentrums bereits begonnen. Ziel ist es, Standortalternativen aufzuzeigen, die dem AZ möglichst früh als trag- und konsensfähigem Ausweichstandort angeboten werden können.“ Eine Anpassung der städtischen Pläne mit dem Ziel, Gebäude im zukünftigen Grüngürtel zwischen der Luxemburger zu erhalten, werde es nicht geben. Aber, man höre und staune über die OB: „Ich bin aber zuversichtlich, dass es gelingt, eine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung für einen neuen Standort des Autonomen Zentrums zu finden. Das AZ ist ein wichtiger Bestandteil der Kölner Kulturszene und muss auch aus Institution erhalten werden.“ Auch aus der Politik gibt es Stimmen, die den Leuten vom AZ Hoffnung machen sollen. Jörg Frank, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen im Rat, sagte öffentlich: „Spätestens Anfang 2018 werden wir uns um ein neues Gebäude für das AZ kümmern.“

 

Naherholung und Kontemplation

 

Kim plädiert trotz allem für den Verbleib am jetzigen Standort: „Wir können doch nicht schon wieder umziehen nach all der Arbeit, die wir hier reingesteckt haben. Er kontert die Vorwürfe gegen das AZ im Inneren Grüngürtel: „Das Autonome Zentrum ist durchlässig und offen gestaltet – dies gibt bereits der Grundriss her – Gebäude, Anlage, begrünbarer Innenhof und großzügige Durchfahrt. Zudem liegen Stadtverwaltung und Politik bereits erste konzeptionelle Ideen des Autonomen Zentrums vor, wie die Anlage nach unseren Vorstellungen in den Park integriert werden kann, so dass Park und AZ zusammen gedacht werden können.

 

 

Darüber würde sich auch Konrad Adenauer freuen, der bereits 1920 ein flammendes Plädoyer für den inneren Grüngürtel veröffentlichte und explizit Jugendzentren als Teil seines Naherhholungskonzeptes im inneren Grüngürtel vorsah. Auch Adenauer unterstrich die Zusammengehörigkeit von ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit. Das Autonome Zentrum erfüllt auch die von Anrainern vorgetragenen Ansprüche an den Park bezüglich unkommerzieller kultureller Angebote, Raum für Diskussion, Sport im Park, Urban Gardening und vieles mehr. Die Angebote des AZ fallen unter die Sammelbegriffe Freiraum, Naherholung und Kontemplation.“

 

Handelnde Subjekte statt passiver Konsumenten

 

Was heißt das konkret? Im Benutzer_innen-Handbuch kann man lesen: „Das Autonome Zentrum ist ein Treffpunkt für organisierte und nicht-organisierte Menschen aus den verschiedensten sozialen, politischen und kulturellen Zusammenhängen. Es bietet einen unkommerziellen Raum für Ausstellungen, Info-Veranstaltungen, Gruppentreffen, Konzerten, Parties, Kneipe, Kino und vieles mehr. Im Autonomen Zentrum wird entlang emanzipatorischer Inhalte parteiunabhängig Politik und Kultur betrieben.

 

Das Gelingen der Veranstaltungen und der Fortbestand des Autonomen Zentrums liegen bei verantwortungsbewussten Besucher_innen, die sich immer als handelnde Subjekte und nicht als passive Konsumnent_innen wahrnehmen.“ Kim nennt Beispiele aus der praktischen Arbeit im AZ: „Wir haben hier eine Fahrradwerkstatt, in der jeder kostenlos sein Rad reparieren kann. Wenn er das nicht allein schafft, wird ihm geholfen.“ Gerade ist man dabei, ein Urban-Gardening-Projekt zu starten. Es gibt das Umsonst-Kaufhaus, in dem gespendete Waren verschenkt werden. Thomas betreibt in einem Garagenschuppen einen Fairteiler, in dem er Lebensmittel ausgibt, die er vor dem Wegwerfen „gerettet“ hat. „Immer abends um 21 Uhr ist Ausgabe. Es kommen so viele Leute, dass ich auslosen muss, wer am jeweiligen Abend an die Reihe kommt.“

 

AZ auch als Wellness-Center?

 

Natürlich werden im AZ auch die klassischen Klischees bedient: Eine Gruppe feministischer FrauenLesben macht einmal die Woche selbst organisiertes Stockkampftraining (Modern Arnis). Infomationsveranstaltungen zu politischen Themen sind eine Selbstverständlichkeit in einem Autonomen Zentrum. Entspannen kann man sich davon beim Hula-Hoop-Training für Anfänger_innen und Fortgeschrittene. Und auch auf die inneren Werte wird geachtet. Von Zeit zu Zeit stehen Vorbeugetipps gegen Darmerkrankungen auf dem Veranstaltungsprogramm. Weil diese Form der lebensqualitätseinschränkenden Beschwerden auch vor der politischen Linken nicht Halt macht, wie es heißt. Das AZ auch als Wellness-Center?

 

Man darf gespannt sein, wo es weiter geht. Und vor allem: Wie. Uli R., Pressesprecher des AZ, sagt noch mal eben, wo es wie langgehen soll: „Wir waren und sind weiterhin gesprächsbereit. Überrumpeln lassen wir uns allerdings nicht – weder durch die wahnhaften Abrissträume aus dem Grünflächenamt noch durch Versuche, uns mit bürokratischen Spielchen irgendwelche Mauern in den Weg zu bauen. Wir werden nicht tatenlos daneben stehen und zusehen, wie Stück für Stück vollendete Tatsachen geschaffen werden, die auf einen Abriss unserer Gebäude und der Anlage hinauslaufen.“ Kernforderung von Anfang bis jetzt: Verwaltung und Politik sollen endlich dafür sorgen, dass das AZ in die Pläne für den Grüngürtel einbezogen wird.

 

Text: Stefan Rahmann

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