Azubis (w/m/x) gesucht
Montag, 11. März 2019 | Text: Reinhard Lüke
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Hatte ich doch kürzlich die neu errichtete Sitzbank zwischen dem Parkstreifen auf der Severinstraße und dem gläsernen Liftturm zur U-Bahn Haltestelle Kartäuserhof entdeckt und vermutet, das sei doch ein prima erhöhter Stehplatz für die Karnevalszüge. Nicht, dass ich ernsthaft erwogen hätte, mir das gute Stück mittels eines Handtuchs zu reservieren, aber zu meiner Überraschung war die Bank an Weiberfastnacht plötzlich wieder weg. Hatte da irgendwer Sicherheitsbedenken – Stolperfalle am Zugweg – geltend gemacht? Oder wollte man die Sicht von der unmittelbar dahinter aufgebauten Bezahltribühne nicht durch Banksteher einschränken? Ich weiß es nicht. Inzwischen ist die Bank jedenfalls wieder da. Warum man mit ihrer Errichtung nicht gleich bis nach Karneval gewartet hat? Weil irgendein Sachbearbeiter irgendwann mal in einen Arbeitsplan eingetragen hat: 15.2.2019, Severinstraße, Bank aufstellen. Und kurz darauf hat dann ein Kollege, womöglich von einem anderen Amt, angeordnet: 27.2.2019, Severinstraße, Bank entfernen.Und am 6.3. wieder aufstellen. Muss ja alles seine Ordnung haben.
Busy im Schaufenster
Irgendwie hielt sich das Hipster-Aufkommen bislang in der Südstadt doch arg in Grenzen. Zumindest, was die öffentliche Selbstdarstellung in Cafés und Bistros angeht. Vermutlich sind aber auch die Tische in unseren Etablissements einfach zu klein, als dass man da neben seiner Latte oder dem Fläschchen Club Mate noch ein Notebook unterbringen könnte. Doch seit die Filiale von Coffee Fellows im ehemaligen Strauss am Clodwigplatz eröffnet hat, haben wir jetzt auch einen Hauch von Prenzelberg im Viertel. Wann immer ich dort vorbei komme, hocken da (vorwiegend junge) Menschen auf den Fensterplätzen und sind da eifrig mit ihren Notebooks und Pads beschäftigt. Das Phänomen ist ja im Prinzip nicht neu, aber verstanden habe ich es eigentlich noch nie.
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Meine Südstadtpartner
Capricorn (i) Aries BrasserieNun gut, ich staune auch immer wieder, dass es noch Waschsalons gibt, aber das leuchtet mir irgendwie noch ein. Wer beengt wohnt, die Küchenzeile schon mit anderen Elektrogeräten dicht hat, auch in der Nasszelle kein Plätzchen für einen Waschvollautomaten findet und schon gar keinen Trockenraum für nasse Wäsche frei hat, für den sind solche Salons sicher nach wie vor eine segensreiche Einrichtung. Aber für ein Notebook findet sich doch wohl selbst in der kleinsten Hütte ein Platz und irgendein Internetzugang sollte dort doch auch vorhanden sein. Also muss es irgendein anderer Mangel sein, der Menschen mit ihren elektronischen Gerätschaften in die Cafés treibt. Ich sitze ja selbst gern in oder (als Raucher) vor solchen Einrichtungen und lasse den Dokumentarfilm Südstadt ungeschnitten an mir vorüberziehen. Mache ich aber nur, wenn die Arbeit am Schreibtisch getan ist oder ich denke, ich hätte mir ein Päuschen verdient. Jedenfalls käme ich nie auf die Idee, dabei mein Arbeitsgerät mitzunehmen.
Jahrhundertroman „Köln Clodwigplatz“
Was also hacken meine Zeitgenossen im Schaufenster des Coffee Fellows da alle so fleißig in ihre Tastaturen oder wonach suchen sie im Netz mit Blick auf den Platz? Denn ein Fensterplatz muss es offenbar unbedingt sein. Im hinteren Teil des Cafés sind Notebooks jedenfalls wenig verbreitet. Ausgerechnet der schlichte Clodwigplatz als Inspirationsquelle für tolle Texte und Projekte aller Art? Oder geht es letztlich doch nur darum, ganz analog im Schaufenster zu sitzen – die Situation ist der im Zoo nicht unähnlich – und cool und total busy auszusehen? Aber wenn da demnächst in der Nachfolge von Alfred Döblin ein Jahrhundertroman mit dem Titel „Köln Clodwigplatz“ auf den Markt kommt, nehme ich alle Verdächtigungen zurück.
AKK bei Aldi
Seit Wochen fasziniert mich, wenn ich im Aldi an der Severinstraße an der Kasse stehe, die Werbung in eigener Sache, die auf einem großen Monitor an der Wand leuchtet. „Dafür stehe ich jeden Morgen auf“, heißt da in großen Buchstaben. Zu sehen ist dazu ein junger Mann, der sich, auf der Bettkante sitzend, mit gequältem Lächeln ein Shirt mit dem Logo des Discounters überstreift. Soll also heißen, er steht jeden Morgen auf, um sich ein Aldi-Shirt anziehen zu dürfen. Ob das wirklich eine starke Motivation ist, aus den Federn zu kommen, sei dahingestellt.
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Die Körpermanager® heißen Euch willkommenIrritierender finde ich jedoch den Umstand mit der Bettkante. Das erweckt doch den Eindruck, als schlüpfe der Mitarbeiter aus seinem Pyjama direkt in die Dienstkleidung, ohne zuvor das Bad aufgesucht zu haben. Sollte man bei Aldi-Süd womöglich bei den Azubis keinen Wert auf ein Mindestmaß an Körperpflege legen? Kann nicht sein. Haben vermutlich nur die Kreativlinge der zuständigen Werbeagentur bei der Bildinterpretation geschludert. Dafür haben sie aber bei der Stellenausschreibung für Auszubildende gendermäßig alles total korrekt gemacht. Gesucht werden nämlich Azubis mit dem Zusatz „(w/m/x)“. Da ist der Discounter also weiter vorn als Annegret Kramp-Karrenbauer. Obwohl Aldi-Süd doch auch irgendwie ein Doppelnahme ist.
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