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Lükes Liebes Leben

Bart-Shampoo für Dichter

Montag, 20. September 2021 | Text: Reinhard Lüke

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Die Ersatzveranstaltung für „Dä Längste Desch“ auf dem Severinskirchplatz am Wochenende nahm sich ja einigermaßen überschaubar aus. Ich finde es durchaus bedauerlich, dass die traditionelle Trashmeile nun schon zum zweiten Mal wegen Corona ausfallen musste. Ich konnte da immer stundenlang bei einem Käffchen am Rand sitzen und der schier endlosen Parade von Menschen zusehen, die sich eigens für diesen Anlass in Schale geschmissen hatten und beim Friseur gewesen waren.

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Gehen wir mal davon aus, dass sie im nächsten Jahr wieder kommen dürfen. Aber jetzt am Samstag erfreuten sich nachmittags immerhin die Bierbänke auf dem Kirchplatz eines durchaus soliden Zuspruchs. Sitzen und Kölsch trinken geht immer. Und womöglich wären ja noch mehr Menschen gekommen, wenn die Veranstalter eine mobile Impfstation aufgebaut hätten. In Hamburg hat sich unlängst eine 400 Meter lange Schlange vor so einer Einrichtung gebildet, weil es zur Spritze einen Pizza-Gutschein gab. Und in Berlin hat man zahlreiche radikale Impfskeptiker mit dem Argument eines Gratis-Döners überzeugt. Hätte doch in der Südstadt mit Freibier sicher auch funktioniert.

Duschen reicht nicht

Ich rasiere mich regelmäßig. So alle drei Wochen. Ungefähr. Bis ich zur Klinge greife, weil mir das Gewölle im Gesicht dann doch zu massig wird, gehe ich vermutlich als Bartträger durch. Was ich aber eigentlich gar nicht bin. Meine Gesichtsbehaarung resultiert weniger aus einer ästhetischen Überlegung sondern aus reiner Bequemlichkeit. Und beim Duschen wird das, was da wächst, natürlich mitgewaschen. Mit irgendeinem Duschgel oder Shampoo, das nicht allzu viel böses Mikroplastik enthält. Normal. Dachte ich zumindest, bis ich neulich in einem Aldi-Prospekt ein Produkt namens „Bart-Shampoo“ entdeckte. Ist das jetzt nun der Versuch, mir neben eigenen Putzmitteln gegen jeden erdenklichen Dreck spezielle Waschlotionen für jedes Körperteil andrehen zu wollen? Oder sollte Barthaar womöglich für eine besonderes Pflegeprodukt ausgesprochen dankbar sein? Drohen anderenfalls gar Gefahren? Aber wie und wann trägt man das überhaupt auf? Vor, nach oder während des Duschens, wo es dann aber mit Normal-Shampoo vermischt und dadurch womöglich unwirksam würde? Oder sollte man die Prozedur besser am Waschbecken vornehmen? Auf all diese Fragen hätte vermutlich der Beipackzettel hilfreiche Antworten gehabt, aber ich hab´s verschwitzt. Als ich dann irgendwann in den Aldi gestürmt bin, war das Produkt nicht mehr vorrätig. Neulich habe ich irgendwo gelesen, dass der Trend zur Ganzkörperrasur bei Frauen und Männern (Diverse wurden nicht erwähnt) rückläufig ist. Wenn dem so ist, dürften demnächst wohl auch Shampoos für Achsel- und Intimbewuchs eine reelle Marktchance haben.

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Beatrix von Storch in Reizwäsche

Nächsten Sonntag dann also wählen. Wird auch Zeit. Schließlich sind in Folge des warmen Spätsommers viele dieser Plakate mit lächelnden Gesichtern oder/und nichtssagenden Sprüchen an den Laternenpfählen inzwischen auf Augenhöhe gerutscht und auf ohnehin nicht breiten Gehwegen im Viertel zum echten Verkehrshindernis geworden. Vielleicht könnten sie demnächst statt Kabelbinder mal Draht verwenden. Dehnt sich bei Wärme nicht so aus. Oder diese ganze alberne Stadtvermüllung ganz lassen. Oder kennt irgendwer irgendwen, dessen Stimmabgabe mal durch so ein Plakat beeinflusst wurde? Vielleicht, wenn Beatrix von Storch sich mal in Reizwäsche ablichten ließe. Aber das möchte doch auch niemand sehen. Letztens kam mir ein Einzel-Wahlkämpfer am Waidmarkt auf dem Rad entgegen. Er hatte einen Anhänger dabei, der nach Marke Eigenbau aussah, und darauf hatte er ein großes Plakat montiert, das für die FDP warb, ohne dass Christian Lindner darauf abgebildet war. Ich wusste gar nicht, dass die Partei solche Werbeträger überhaupt hat. Ob der Mann auf dem Rad nun ein eifriger Sympathisant, ein angestellter Mini-Jobber oder ein Kölner Kandidat höchstselbst war, weiß ich nicht. Aber vermutlich wird auch er froh sein, wenn der Kampf am Sonntag ein Ende hat.

Deutsch für Deutsche

Der Dame und den beiden Herren, die ins Kanzleramt wollen, dürfte es kaum anders gehen. Seit Wochen tagsüber im Bus durch die Pampa schaukeln und auf Marktplätzen oder in Gemeindesälen die immer selben Reden halten – da hat der Spaß doch schon lange aufgehört. Und abends dann noch vor die Kameras. Vor rund zehn Jahren gab es höchstens zwei solcher Duelle im Ersten und im ZDF. Doch seit die Privaten Sender (mal wieder) eine Info-Offensive ausgerufen haben, gibt’s gleich drei Ausgaben dieser Redeshows. Und zwischendurch nahezu jeden Abend irgendwo ein Format, in dem Politiker Bürgerfragen beantworten sollen oder sich von Kindern über die Gefahren des Rauchens aufklären lassen müssen. Sehenswert wird sowas allenfalls, wenn Nachwuchsreporter auf ein schlichtes Gemüt wie AfD-Spitzenkandidat Tino Chrupalla treffen, der das „deutsche Kulturgut“ retten möchte. Auf die Frage, was das denn sei, antwortete der Mann: „Wir möchten, dass wieder mehr deutsche Volkslieder gelehrt werden, dass deutsche Gedichte gelernt werden. Dass wir auch unsere deutschen Dichter und Denker wieder mehr in den Schulen würdigen.“ Jawoll! Zu dumm nur, dass dem Denker Chrupalla auf Nachfrage nicht ein einziges Gedicht einfallen wollte.

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Messerscharf gedacht und seriös informiert wird jedenfalls bei RTL II. Im Rahmen irgendeines Trash-Formates wurde da neulich eine Video-Grußbotschaft von Willi Herren an seine Tochter ausgestrahlt. Wozu der Sender per Insert wissen ließ, dass das Filmchen vor dem Ableben des Mega-Superstars aufgezeichnet worden sei. Gut gemacht. Bei der Fangemeinde des Senders sollte man auf Nummer sicher gehen. Drollig fand ich nur, dass sämtliche Zeitungen, die von der Sensation berichteten, diese Zusatz-Info auch für wichtig hielten.

Text: Reinhard Lüke

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