Berlinale-Süd #3 – Klamauk und Komponisten
Montag, 10. Februar 2014 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: J.C.Schillmöller
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Vorfrühling in Berlin. Die Sonne strahlt, darum gibt´s nach dem Frühstück einen Spaziergang durch die Hauptstadt, um neue Eintrittskarten abzuholen. Vorbei am Brandenburger Tor, wo Kleinkünstler überdimensionale Seifenblasen ins Morgenlicht fliegen lassen.
In den Arkaden am Potsdamer Platz schlägt das Herz der Berlinale, hier wird geplant, gewartet, gebucht. Auf den Bildschirmen über den Kassen leuchten Listen, die anzeigen, für welche Filme es noch Karten gibt. Davor stehen Menschen in Schlangen, das aufgeschlagene Programmheft in der Hand. Alles ist rot, überall steht der Bär, und am Andenkenstand gibt es Schlüsselanhänger, Serviettenringe, T-Shirts und Poster.
Um 15 Uhr dann der Reinfall des Tages: „The Monuments Men“ ist nur eine rührselige Kerle-Schnulze, von und mit George Clooney und einer eigentlich beeindruckenden Reihe von prominenten Namen: Matt Damon, Bill Murray, Cate Blanchett. Das Thema klingt spannend: Die USA wollen gegen Ende des Zweiten Weltkrieges bedeutende Kunstwerke vor der Zerstörung retten. Und stellen dafür ein Expertenteam zusammen.
Aber das war es dann auch schon mit den guten Ideen. Der Rest ist Kriegsklamauk, mit Slapstick-Einlagen und pathetischen Erklärungen aus dem Off („Ja, es lohnt sich, für Kunst zu kämpfen, denn sie ist unser Erbe“). Die einzige Frau (Cate Blanchett) ist am Anfang eine abweisende und spröde Französin, die sich in der Kunstszene bestens auskennt und die erwartungsgemäß gegen Ende auftaut, ein schickes Kleid anzieht, ihre Brille abnimmt und Matt Damon bezirzt. Spätestens in dem Moment möchte man rausgehen, so vorhersehbar und klischeehaft ist der Film gebaut. Schade.
Dafür wird es danach im Café Lebensart ganz plötzlich ganz politisch. Die Filmmusikbranche hat zum Empfang geladen, und schon bei der Begrüßung geht es um das Thema Urheberrecht. Klar, die Branche ist besorgt angesichts der raschen Verbreitung von Musik im Internet und kämpft für ihre Autorenrechte. Im Café Lebensart ist es laut und voll, am Nebentisch sitzt Helmut Zerlett (langjähriger Showmusiker von Harald Schmidt) und gibt uns Auskunft – bereitwillig, freundlich und klar.
Helmut Zerlett im Gespräch mit
Meine Südstadt-Redakteur Jörg-Christian Schillmöller.
„Die Öffentlichkeit muss erfahren, dass hier um Komponisten geht, die ihrer Arbeitsgrundlage beraubt werden“, sagt er. Anders formuliert: Nach seiner Einschätzung gibt es beim Thema Musik heute kein Unrechtsbewusstsein. Jeder denke, dass Musik umsonst sei – und Konzerne wie Google oder Youtube machten Rekordumsätze „auf Kosten unserer Arbeit“. Zerlett stellt klar: Früher habe er vom Schallplatten- und CD-Verkauf leben können und damit Umsatz gemacht. Heute lebe er hauptsächlich von Konzerten und Filmmusik.
Auch bei der offiziellen Begrüßung der Gäste im Café kommt das Thema sofort hoch. Matthias Hornschuh ist nicht nur Vorsitzender des Verbandes „mediamusic“, er ist auch Programmleiter beim Festival „Soundtrack Cologne“ (deren Büro liegt in der Trajanstraße, mitten in der Südstadt). Alle hören ihm zu, auf einmal ist es ganz ruhig im Café. Man spürt: Das Urheberrecht ist eines der sensibelsten Themen der Branche. „Wir wollen nicht jammern“, sagt er. „Wir wollen für unsere Rechte einstehen.“ Bei der Bildung der Großen Koalition zum Beispiel habe man im Gespräch mit Politikern schon einiges erreicht.
Im Gespräch mit „Meine Südstadt“ erklärt er das kurz darauf. Es geht ihm und seinen Mitstreitern um eine „Bestandsgarantie für das Paradigma des Autorenrechts“. Erreichen will er, dass die Haftung für Inhalte im Internet klarer gefasst wird, dass die Verantwortlichkeiten erkennbar sind. Sprich: So schön das mit der Freiheit ist, sie braucht auch Grenzen. Die EU ist gerade dran an dem Thema und hat eine Umfrage gestartet, um sich ein Meinungsbild zu verschaffen. Uns rauchen nach 90 Minuten die Köpfe.
Noch ein Kölner Gesicht im Café: Die Bürgermeisterin Angela Spizig ist angereist – „privat, und nicht mit Steuergeldern“, lacht sie. Sie hat sich die Kultur auf die Fahnen geschrieben und lobt das Soundtrack-Cologne-Festival, das von Jahr zu Jahr immer besser geworden sei (und dies Jahr vom 19. bis 22.11. stattfindet). Sie würde gern noch mehr Gelder freimachen für Festivals wie dieses, räumt aber auch ein, dass die klammen Kassen der Stadt Köln das nicht hergeben.
Abends, in Weißensee, gestärkt mit einer Bio-Currywurst: Wir schauen „Hüter meines Bruders“ von Maximilian Leo. Das Drehbuch hat Susanne Finken geschrieben – und wo der Film in Köln genau spielt, wer die tolle Musik komponiert hat und woher Susanne Finken ihre Idee für das Buch hatte: das alles morgen hier, bei „Berlinale-Süd“.
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