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Bildung & Erziehung Familie

Die Schule im Veedel

Freitag, 1. Oktober 2010 | Text: Reinhard Lüke

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Die integrative Grundschule Zwirnerstraße leidet unter sinkenden Anmeldezahlen. Dabei hat sie einiges zu bieten. Wovon sich Eltern morgen beim Tag der offenen Tür überzeugen können. Am letzten Samstag war mächtig was los in der Grundschule Zwirnerstraße. Zunächst veranstaltete der Förderein wieder einmal seinen großen Flohmarkt im Trude Herr Park und anschließend gab es in der Turnhalle ein bemerkenswertes Benefizkonzert. U.a. mit dabei: Klaus der Geiger mit seinem KunstSalon Orchester und der unter den Lebenden vermutlich berühmteste Sohn der Südstadt, Wolfgang Niedecken, der an diesem Nachmittag in seine ehemalige Grundschule zurückkehrte.

 

Die Einnahmen aus Flohmarkt und Benefizkonzert kommen der Schule zugute, um verschiedene Anschaffungen zu tätigen und Projekte zu fördern. Das ist gut so. Zusätzliche Mittel kann die Zwirnerstraße wie alle anderen Schulen in diesen Zeiten, in denen die kommunalen Betreiber allenfalls noch dafür Sorge trage, dass es nicht allzu stark reinregnet, bestens gebrauchen. Was die Grundschule Zwirnerstraße allerdings noch mehr braucht als Geld, sind Kinder.

Denn die Schülerzahlen sind in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen. So gab es für das aktuelle Schuljahr lediglich 18 Neuanmeldungen, sodass die Schule derzeit nur eine einzige Eingangsklasse hat, während man in den vergangenen Jahren immer auf deren zwei kam. Insgesamt werden an der Zwirnerstraße aktuell 94 Kinder in 5 Klassen unterrichtet. Somit liegt der Schnitt pro Klasse unter 20 Schülern. Lernbedingungen, die man heute beleibe nicht in allen Grundschulen findet. In den 14 Klassen der Mainzer Straße pauken beispielsweise deutlich mehr Kinder pro Klasse das Einmaleins. Und eigentlich sind sich Pädagogen und Eltern doch auch immer einig, wie wichtig Überschaubarkeit und räumliche Nähe einer Schule zum Wohnort gerade bei Erstklässlern sind.

So wundert man sich, dass selbst Kinder, die in unmittelbarer Nähe der Zwirner Straße wohnen, von ihren Eltern zunehmend jeden Morgen auf Wanderschaft Richtung der Grundschulen Mainzer Straße und Loreleystraße geschickt werden. Auch die Zwirnerstraße ist kein Biotop der Seligen und hat fraglos ihre Probleme, aber sie hat vor allem ein Image-Problem.

Da stört offenbar viele Eltern, die sonst stets eifrig applaudieren, wann immer sich ein Pädagogik-Professor auf irgendeinem Podium für integratives Lernen ausspricht, der Umstand, dass die Zwirnerstraße eine so genannte GU-Schule ist, in der „normale“ Schüler und solche mit erhöhtem Förderbedarf gemeinsam unterrichtet werden. Die Befürchtung: Die Förderkinder könnten das Leistungsniveau des Unterrichts massiv beeinträchtigen und das Vorankommen des eigenen –potenziell immer genialen- Nachwuchses behindern. Diese Sorge ist unbegründet. Unter den aktuell 94 Schülern der Zwirnerstraße sind 18 so genannte Förder-Kinder. Das macht 3 bis 4 Schüler pro Klasse, die 9 bis 12 Wochenstunden in Doppelbesetzung (Grundschullehrerin / Förderlehrerin) unterrichtet werden. Damit sind gute Bedingungen für Differenzierung und individuelle Förderung aller Kinder gegeben.

Was Eltern jedoch inzwischen noch mehr als der Status einer GU-Schule davon abhält, ihren Nachwuchs der Zwirnerstraße anzuvertrauen, ist der Anteil der Kinder mit so genanntem Migrationshintergrund. Nimmt man die Nähe zum Stollwerk-Komplex hinzu, der inzwischen als Sozialer Brennpunkt gilt, macht sich da unter Erziehungsbeauftragten eine diffuse Gemengelage breit. Natürlich hat man nichts gegen Ausländer, aber man möchte dann doch nicht, dass der eigene Nachwuchs die Folgen über Jahrzehnte verfehlter Einwanderungspolitik in diesem Lande auszubaden hat.
Derzeit haben ca. 50 Prozent der Schüler der Zwirnerstraße einen Migrationshintergrund. Was jedoch nicht mehr heißt, als dass ihre Eltern oder Großeltern irgendwann einmal von irgendwo her nach Deutschland eingewandert sind. Fast alle dieser Schüler sind in der Südstadt geboren und somit schlicht und ergreifend deutsche Kinder. So sie dennoch auf Grund ihrer Wurzeln, resp. ihres familiären Umfeldes benachteiligt sind, werden sie in der integrativen Grundschule Zwirnerstraße optimal gefördert. Dafür spricht auch die Tatsache, dass von den 46 Schulabgängern 2010 23 Kinder eine Empfehlung für das Gymnasium und 21 eine für die Realschule erhalten haben. Und nach allem, was man von Eltern hört, deren Kinder dort zur Schule gegangen sind, kommen die Zwirnis an weiterführenden Schulen problemlos klar.
Natürlich ist auch die Zwirnerstraße eine Offene Ganztagsschule (OGS), in der die Kinder täglich bis 17 Uhr in festen Gruppen auch bei den Hausaufgaben betreut werden. Die Einrichtung schließt lediglich für drei Wochen in den Sommerferien und zwischen Weihnachten und Neujahr. Zudem werden die Mahlzeiten in der Küche nicht nur aufgewärmt, sondern täglich frisch zubereitet. Und das überwiegend mit Zutaten aus biologisch-dynamischem Anbau!

Ab dem kommenden Schuljahr wird es in der Zwirnerstraße obendrein das musikalische Profil gestärkt. Neben den bereits bestehenden AGs soll dann der Instrumentalunterricht in normalen Musikunterricht Einzug halten. Zudem bietet die Jazz Haus Schule in Zusammenarbeit mit dem Offenen Ganztag zusätzliche AGs an und auch Klaus der Geiger hat zugesagt, regelmäßig mit den Kindern zu musizieren.

Für alle Eltern, die sich demnächst für eine Grundschule in der Südstadt entscheiden müssen, gibt es somit Gründe genug, die Zwirnerstraße und ihr engagiertes Kollegium zumindest einmal persönlich in Augenschein zu nehmen. Reichlich Gelegenheit gibt es dazu schon morgen, Samstag, 2.10.  Ab 10 Uhr sind die Türen bis 11.30 Uhr geöffnet. Im Anschluss findet von 12 bis 13 Uhr eine Informationsveranstaltung statt.

Mehr über die GGS Zwirnerstrasse unter: www.zwirnerstrasse.de

Text: Reinhard Lüke

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