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Lükes Liebes Leben

Buddhistische Waschmaschinen – Lükes liebes Leben

Montag, 18. Dezember 2017 | Text: Reinhard Lüke

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Hat irgendwer in den letzen Wochen mal versucht, einen Termin beim Psychiater zu bekommen oder eine Psychologin zu konsultieren? Hat nicht geklappt? Kein Wunder. Die haben vor Weihnachten anderes zu tun. Zum Beispiel Kolumnen für Apotheken-Umschau, Brigitte oder Landlust verfassen. Oder sie bieten ihre professionellen Dienste in Radio und Fernsehen an. Da stehen oder sitzen sie dann und bringen von morgens bis abends die seit Jahrzehnten immer gleichen Plattitüden zum Thema Stressvermeidung unterm Weihnachtsbaum zu Gehör: Dass der Frust oft mit total überzogenen Erwartungen zusammenhängt, drei Gänge zum Menü eventuell auch reichen könnten und man zwischendurch mal einen Spaziergang machen oder wenigstens ordentlich durchlüften soll.

Und meistens folgt dann noch, kurz vor der Werbung, der drastische Rundumschlag gegen den bösen Konsumrausch, gern verbunden mit der Aufforderung, die guten alten Brettspiele hervorzukramen, statt mit der Playstation in den Krieg zu ziehen. Meine Güte, wer braucht solche umwerfend originellen Ratschläge von studierten Psycho-Profis, die dafür ihre Patienten vernachlässigen? Für derart profunde Tipps könnte man doch auch den Pförtner kurz ins Studio bitten. Ich denke, wir daheim machen es in diesem Jahr wie immer. Erst essen wir eine heiße Suppe, dann sagt der Sohn ein Gedicht auf, danach packen wir die Geschenke aus und machen es uns so richtig gemütlich. Und zur Krönung des Tages jagen wir wieder ein Atomkraftwerk in die Luft.

ZEN mit 1200 Umdrehungen

Sucht womöglich noch wer ein originelles Geschenk zum Fest? Wie wär´s mit einer buddhistischen Waschmaschine? Gab es neulich im Teleshopping. Ein Gerät der Firma Bauknecht, das auf den Namen ZEN hörte. War auch auf der Maschine zu lesen. Von der Moderatorin befragt, was es denn damit auf sich habe, antwortete die Abgesandte des Unternehmens: „Zum einen wäscht die Maschine besonders leise. Zum anderen arbeiten da alle Bauteile harmonisch zusammen.“ Echt jetzt? Sollte man das von einem funktionstüchtigen Neugerät nicht erwarten dürfen? Ergo sind wir, außer vielleicht bei der Bahn, überall von ZEN-Maschinen umgeben, wussten es nur noch nicht. Die lächelnde Moderatorin fand die Erklärung jedenfalls total einleuchtend und hatte keine weiteren Fragen.

Die Leere im Inneren

Letztens war ich auf einer Advendtsparty. Wozu mich eine Frau einigermaßen überraschend eingeladen hatte, da ich sie eigentlich nur flüchtig kenne. Und normalerweise sind solche Themenpartys auch nicht so meins. Aber da unsereins als freiberuflicher Ein-Mann-Betrieb ja eher selten in den Genuss von Weihnachtsfeiern kommt, bin ich, bewaffnet mit einer dieser kleinen Aufmerksamkeiten für die Gastgeberin, dann hin. So weihnachtlich war´s dann aber gar nicht. Auch musikalisch nicht. Statt klebriger Christmas-Songs gab es das neudeutsche Gefühligskeitsgedudel von Max Giesinger und Konsorten. Was mir mehr auf den Keks geht als jede Weihnachtsbäckerei. Und eine (erwachsene!) Frau, die unweit von mir stand, erwies bei diesem gänzlich ironiefreien Empfindsamkeits-Pop als überaus textsicher und trällerte jeden Song mit. Und in einer Pause sagte sie dann zu einer Dame neben ihr: „Ich könnte ohne Musik nicht sein. Ich erlebe sie total intensiv und sie berührt mein Inneres.“

Hatte sie das jetzt wirklich so gesagt? Hatte sie. Wortwörtlich. Wobei klar war, dass sie mit ihrem Inneren nicht das Trommelfell meinte. Womöglich ist mir bei diesen Sentenzen der Kinnladen runtergefallen und ich habe ziemlich blöd ausgesehen. Jedenfalls bin ich immer komplett konsterniert, wenn ich im wahren Leben auf Menschen treffe, die exakt so reden wie Schauspieler in Seifenopern oder Figuren in Pilcher-Romanen. Die betreffende Frau arbeitet übrigens als Grundschullehrerin. War da nicht letztens wieder so eine Studie, nach der 25% der Kinder nach Abschluss des vierten Schuljahres nicht anständig lesen und sprechen können. Liegt vielleicht doch nicht nur an deren exzessiver Handy-Nutzung.

Parkplatz-Gärten

Während ich mich hier schreibend in die vorweihnachtliche Besinnlichkeit einzugrooven versuche, lärmt im Hinterhof des Nachbarhauses wieder der Facility Manager. Der Mann mit kühnem Schnauzbart fährt jeden Samstag mit seinem Firmenwagen vor. Und seit Anfang September packt er regelmäßig seinen motorisierten Puster aus und jagt damit nach ein paar Blättern. Viele sind´s nicht, denn in dem Hof steht gar kein Baum. Macht ihm aber nix. Wenn man sich schonmal so eine Maschine zugelegt hat, will man sie auch benutzten. Besen sind doch was für Hausmeister.

Letztens hab´ ich einen Kollegen von ihm in der Dreikönigenstraße bei der Arbeit gesehen. Der pustete vor einem Haus das Laub vom Bürgersteig auf die Fahrbahn. Hatte man ihn etwa dafür eigens angeheuert? Aber vermutlich hat das Haus noch einen Hinterhof, in dem es auch noch allerlei zu pusten gab. Sein Auto wies ihn schließlich als Mitarbeiter einer Firma für Landschafts- und Gartenbau aus. Über diese Branche mache ich mir schon seit Jahrzehnten keine Illusionen mehr. Als ich seinerzeit im ersten oder zweiten Semester einen Ferienjob suchte, dachte ich mir: Ach, draußen an der frischen Sommerluft ein paar Bäume oder Blümchen pflanzen, das könnte doch ganz nett sein. Und was haben wir gemacht? Vier Wochen lang den Parkplatz für ein neues Möbelhaus gepflastert. Landschaft ist ein weites Feld.

Zusammen brechen

Auf dieser Seite steht ja vieles, aber hin und wieder muss ich doch mal auf der Homepage unseres Heimatblattes nachschauen, was sich in Köln außerhalb der Südstadt so getan hat. Am 7. Dezember gab´s auf KStA.de diese erschütternde Nachricht: „Björn Heuser bei einem Konzert in Bergisch Gladbach zusammen gebrochen“. Liebe Kollegen, sag ich jetzt mal anmaßend, natürlich kann man auch zusammen brechen. Wie wir hier im Viertel nicht erst seit dem 11.11. wissen, ist das kein schöner Anblick, doch es geht. Aber sowas würde der beliebte Stimmungssänger auf einer Bühne doch nie tun. Außerdem bräuchte er dazu mindestens einen Partner.

Machen wir´s kurz: Auch nach der letzten Rechtschreibreform ist die Zusammenschreibung zusammengesetzter Verben bisweilen durchaus noch sinnvoll. Ein vielversprechender Politiker ist noch immer etwas anderes als ein viel versprechender. Auch die derzeit ohnehin gebeutelte Bahn wird mit dem Stadtanzeiger in jüngster Zeit nicht immer glücklich gewesen sein. Nach dem Zugunglück bei Meerbusch prangte neben einem halbseitigen Bericht mit unschönen Fotos eine Anzeige der DB: „Ganz entspannt mit der Bahn in den Winterurlaub!“ Kann man besser machen.

Text: Reinhard Lüke

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