Das Familien-Sommerloch: stopfe es wer kann!
Samstag, 7. August 2010 | Text: Kathrin Rindfleisch
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Sommer ist schön. Die Sonne scheint, es ist warm, man kann baden gehen und es gibt Eis. Jeden Tag. Sommer ist blöd. Man schwitzt, der ganze Zucker im Eis schadet den Zähnen und stärkt das Rabenmutter-Gewissen und Paul ist in Urlaub. 10 Tage. Quasi ewig.
Sommer ist schön. Die Sonne scheint, es ist warm, man kann baden gehen und es gibt Eis. Jeden Tag. Sommer ist blöd. Man schwitzt, der ganze Zucker im Eis schadet den Zähnen und stärkt das Rabenmutter-Gewissen und Paul ist in Urlaub. 10 Tage. Quasi ewig.
Dass mit Paul alles besser, schöner und so viel spannender ist, detailliert und regelmäßig tue ich das kund. Dass er neben der Weltbesste-Smilla-Unterhalter auch der Unsere-Kinderbetreuung-ist-gesichert-Garant ist, wird dann klar, wenn er mal nicht da ist. Im Sommer eben. Familien, die ´nen Paul haben, aber keine Großeltern in der Nähe, sind an dieser Stelle verdonnert: zu Zwangsurlaub oder Kinder-Überlandverschickung in Gruppen. Wir haben Glück. Wir packen einen Koffer, zählen auf, was man bei Opa und Oma tolles machen kann und wünschen viel Spaß in den Ferien.
Und dann: Sommerloch. Kein forderndes „Mama, ich will aufstehen. Sofort!“ am Morgen, kein undankbares „Das schmeckt mir nicht!“ nach stundenlanger Kochorgie, weder ein vehementes „Nein!! Alleine machen!“ noch ein nerviges „Plieplatz gehen!“, geschweige denn ein allabendliches „Ich bin nicht müde!“. Fünf Tage all das nicht. Fünf Tage Ruhe, Zeit zu Zweit, Zeit für sich… viel zu viel Zeit zu vermissen! Das Küsschen am Morgen, das Spielzeug-Chaos im Wohnzimmer, die täglichen Schmuseeinheiten, die kleine grüne Zahnbürste im Bad – wo das tägliche Zähneputzen doch sonst oft so eine Qual ist – die Gute-Nacht-Geschichte am Abend. Und wir?! Reden nur davon, wie sehr sie uns fehlt, dass fünf Tage auch echt lang sind und wie sehr wir uns freuen, wieder komplett zu sein. Na spitze! Und prompt setzt es Vorwürfe und enttäuschte Mienen, gar von nicht genutzter Paarzeit ist die Rede und von zu viel Arbeit und zu wenig Leidenschaft. Na danke kinderlose Sommerzeit!
Am Ende wollen wir beide nur eines: das Sommerloch wieder stopfen! Und so geht´s ab auf´s Land, zu Opa und Oma, Smilla abholen! Dass die in den fünf Tagen ihr Sommerhoch erlebten, ist schön und ihnen auch von Herzen zu gönnen, dass sie uns unser Loch in täglichen Telefonreports über Kuschelstunden und neu erworbenen Schaukel-Schwung-Fähigkeiten immer weiter aufrissen, sei hier nur am Rande erwähnt… Dass Smilla und Oma Rita am Abholtag im Partnerlook die Tür aufmachten, ist hingegen nicht ohne leicht hysterischen Unterton zu berichten. Grünes Leinenkleid und dunkle Wollfilzblume als Schmuckanstecker, plötzlich kommen mir meine vor fünf Tagen so lapidar daher gesagten Kaffeesatz-Weisheiten wieder in den Sinn und mir wird abwechselnd heiß und kalt: „Ich finde das echt interessant: wenn Smilla bei Euch war, sieht sie mehr aus wie ihr, wenn sie bei den Rindfleischs war, hat sie diesen Rindfleisch-Ausdruck.“ Und während ich versuche, die Vorstellung zu verdrängen, nach der meine Eltern Smilla zu ihrem Ebenbild formen um sie dann als festen Bestandteil ihres Haushaltes zu integrieren, lacht mein Vater merkwürdig weltbeherrschend: „Du hattest recht, et sieht nach den Tagen wirklich aus wie wir…!“ WAAAHHHH!!! Fünf Tage mein Kind abgegeben und die Unterwanderung ist im vollen Gange!
Die Übernahme, selbstredend in keinster Weise feindlich motiviert, sondern einfach mit der Oma-Opa-Fleisch-und-Blut-Gesetzmäßigkeit zu erklären, konnte dann dank dringendem Ortswechselwunsch des kleinen Feriengast-Königs vereitelt werden. „Elsaßstrasse fahren!“ Diese zwei Worte gehen runter wie Öl: dem Mutterherz, dessen Kind sich auf zu Hause freut und dem Südstädterherz, weil Südstadt Heimat ist. Ganz bewusst und tief verankert. Und das schon mit knapp drei Jahren!
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