„Das ist wie im Lotto gewinnen – nur noch schöner!“
Montag, 2. Dezember 2013 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Dirk Gebhardt
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
freut sich die Theaterpädagogin und Regisseurin Friderike Wilkens-von-Hein. Dazu hat sie auch allen Grund: Ihr Forumtheater Inszene hat gerade den hoch dotierten Hidden Movers Award 2013 gewonnen.
Meine Südstadt hat bereits im März 2011 über das damals relativ neue Projekt Selbstbewusst auf dem Weg zum Arbeitsplatz des Forumtheaters Inszene e.V., Ruppichteroth berichtet. Mit ihrem interaktiven Theaterworkshop zur Förderung von benachteiligten Jugendlichen der 8. und 9. Klasse war Wilkens-von-Hein schon vier Mal bei uns in der Südstadt, an der Berufsschule Ulrepforte.
Meine Südstadt: Was ist das für ein Preis, den Sie gerade gewonnen haben?
Friderike Wilkens-von-Hein: Die Deloitte-Stiftung fördert Bildung und Wissenschaft. 2013 haben sie zum vierten Mal den Hidden Movers Award vergeben. Perspektiven für Morgen ist das Motto und im Fokus steht vor allem der Bereich Übergang von der Schule in den Beruf. Wir waren ein Projekt von mehr als hundert Projekten aus zwölf Bundesländern, die sich beworben haben. Ich bin auf die Stiftung aufmerksam gemacht worden. Wir hatten damals eine Praktikantin und die hat sich sehr selbstständig um die Unterlagen gekümmert, die benötigt wurden. Das war Ostern dieses Jahres. Als dann der Anruf der Stiftung kürzlich kam, konnte ich es gar nicht glauben! Wir hatten die Bewerbung nicht mehr im Kopf und als sie die Summe des Preisgeldes von 30.000 Euro nannten, konnte ich es gar nicht ernst nehmen! Ich musste später noch mal anrufen, um mich zu vergewissern. So muss es sein, wenn man im Lotto gewonnen hat nur noch schöner! Denn wir hatten ja selber etwas dafür getan. Unsere Arbeit wurde wertgeschätzt.
Wie wurde das Projekt bislang finanziert?
F. W.-v.-H.: Wir wurden von der Rhein-Energie-Stiftung Jugend, Beruf und Wissenschaft gefördert. Das Projekt wurde innerhalb der Stadtgrenzen Kölns gefördert. Es gab auch schon Schulen außerhalb Kölns, die uns angesprochen haben und Interesse an unserem Projekt gezeigt haben. Wir konnten leider nicht an diese Schulen, da wir dort nicht gefördert wurden. Jetzt ist die Förderung der Rhein-Energie-Stiftung ausgelaufen.
Wie wollen Sie das Preisgeld nutzen?
F. W.-v-H.: Wir wollen jetzt gerne auch außerhalb Kölns aktiv werden. Dieses Preisgeld können wir dafür nutzen. Wir wollen aber nicht gleich alles ausgeben. Es wäre schön, wenn wir Zusatzförderungen von Schulen oder kommunalen Stiftungen und dergleichen bekommen könnten. So könnten die Gelder länger angewandt werden. Die Schullandschaft verändert sich derzeit sehr. Wir wollen auch gerne an Gesamtschulen spielen.
Melanie Kleinsorg, Friederike Wilckens-von-Hein und Marianne Repschläger von Forumtheater inszene e.V. bei der Preisverleihung./ Bild: Hidden Movers Award
Hat sich an dem Projekt etwas verändert seit es im Oktober 2010 begonnen hat?
F. W.-v.-H.: Nach wie vor gehen wir in die 8. und 9. Klassen von Hauptschulen und Berufsschulen. Oft auch in Internationale Förderklassen, wie es sie an der Berufsschule Ulrepforte gibt. Außerdem waren wir zum Beispiel schon in Nippes, Weiden und Porz. Am ersten Tag des dreitägigen Workshops spielen wir das Theaterstück was tun?, in dem konkrete Probleme der Jugendlichen thematisiert werden. In den interaktiven Workshops lernen die Jugendlichen, ein Ziel für sich selbst zu finden. Wir ermutigen sie, sich mit schwierigen Situationen auf dem Weg zu einem Praktikumsplatz oder einem Ausbildungsplatz auseinanderzusetzen. Sie lernen viel über Kommunikation. Wir trainieren beispielsweise, wie das erste Telefonat zur Kontaktaufnahme mit einem Betrieb ablaufen kann. Ein Ausblick ist es, jetzt ein Patenprogramm anzuschließen. Wir wollen Paten für das Projekt finden. Also, erwachsene Menschen, die von Außen kommen und helfen können. Sie sollten sich um die Jugendlichen kümmern, wenn wir nicht mehr da sind. Sie sollten sie begleiten wollen bei ihrer Suche nach einem Praktikums- oder Ausbildungsplatz. Wir haben neben neben Schauspielern auch Sozialpädagogen im Team. Mit ihnen sollen die Paten sich gerne austauschen und auch auftauchende Probleme besprechen.
Außerdem wollen wir gerne die Betriebe einbeziehen. Wir hätten gerne Kontakt zu Betrieben und möchten ihnen unsere Workshops anbieten. Wir würden die Workshops auch mit Azubis machen. Mit Beginn einer Ausbildung ist die Hürde nämlich noch nicht genommen. Es können noch so viele Dinge schief gehen. So oft gibt es noch Missverständnisse zwischen den Ausbildern und den Azubis. Das Projekt ist noch ausbaufähig.
Gibt es positive Rückmeldungen von Schülern oder Lehrern?
F. W.-v-H.: Zwei Monate nach dem Workshop kommen wir an die Schulen zurück und erkundigen uns, wie es den Schülern auf der Suche nach einem Praktikumsplatz ergangen ist. Wir fragen, was das Projekt mit ihnen gemacht hat. Inzwischen haben wir schon mit mehreren Hundert Schülern gearbeitet. Die Meisten haben einen Praktikumsplatz bekommen. Gerade das Telefontraining motiviert sie sehr. Was mit Hindernissen verbunden ist, schiebt man ja gerne vor sich her. Aber das Telefontraining gibt den Jugendlichen einen Kick. Viele rufen dann am gleichen Nachmittag noch in einem Betrieb an und fragen nach einem Praktikumsplatz. An der Berufsschule Ulrepforte waren wir schon vier Mal. Anne Mehler ist dort Lehrerin und hat uns geschrieben, dass das Projekt vor allem für sprachlich schwächere Jugendliche eine Möglichkeit bietet, sich nicht nur kognitiv sondern auch emotional mit den Aspekten Berufswahl, Zukunftsplanung, Umgang mit Misserfolgen und Absagen oder Erweiterung eigener Handlungsalternativen zu beschäftigen. Sie schrieb, dass die Erfahrungen aus dem Workshop nachhaltiger wirkten. In den vergangenen Jahren haben sich die Schüler positiv über die Praktikumssuche geäußert und sagten, dass ihnen die Erfahrungen aus dem Workshop geholfen haben, sich zu präsentieren. Besonders erfreulich war die Rückmeldung, dass alle Schüler selbstständig einen Praktikumsplatz gefunden haben, obwohl einige erhebliche sprachliche Probleme hatten.
Vielen Dank für das Gespräch.
Mehr im Netz:
www.forumtheater-inszene.de
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