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Das macht süchtig!

Freitag, 16. März 2012 | Text: Wassily Nemitz | Bild: Karsten Schöne

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Radreisen hatte Herbert Born schon einige hinter sich – doch so lange war er noch nie unterwegs: In elf Monaten fuhr der 66-jährige Südstädter von Köln nach Singapur. Anfang März ist er zurückgekehrt – „Meine Südstadt“-Redakteur Wassily Nemitz sprach mit Ihm nach 330 Tagen, 155 Rad-Etappen, 13.800 Kilometern und 124.000 Höhenmetern.

Meine Südstadt: Sie sind vor einer guten Woche von Ihrer 11-monatigen Fahrradtour nach Singapur zurückgekehrt – haben Sie sich schon wieder eingelebt?
Herbert Born: Nicht so wirklich, weil man kaum Zeit hat, sich bewusst und in Ruhe wieder einzugewöhnen! Es fallen eben zunächst einfach viele Sachen an, ich muss das Auto wieder anmelden, die Post sichten und so weiter und so fort. Das wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Selbst bei meiner Tour zum Nordkap, die nur drei Monate dauerte, nahm die Wiedereingewöhnung einen Monat in Anspruch.

Was für ein Gefühl war es, nach elf Monaten Leben in eher rustikalem Umfeld mit einem komfortablen Flugzeug wieder nach Köln zu fliegen?
Das war natürlich ein starker Kontrast. Dennoch habe ich auch auf der Reise selbst viele solcher Wechsel erlebt. Insbesondere in Städten musste ich häufig im Hotel statt im Zelt übernachten, und das tut zwischendurch auch gut. Ich habe sogar in einem guten italienischen Restaurant in Hanoi dreimal hintereinander gegessen und die europäische Küche genossen (lacht)

Wie haben die Menschen unterwegs auf Sie reagiert?
Das war natürlich ganz unterschiedlich. In Deutschland, Polen und der Ukraine bin ich nicht sonderlich beachtet worden, mir hat vielleicht mal jemand zugewinkt – aber das war es auch schon. Später änderte sich das rapide: Ab Georgien und besonders Aserbaidschan kamen die Leute direkt auf mich zu, fragten mich aus und luden mich ein. Am häufigsten wurde ich gefragt, wie alt ich sei, wo ich herkäme und wie teuer das Fahrrad gewesen sei.
Ablehnende Haltungen nach dem Motto „Der spinnt“ habe ich nirgendwo erlebt. Vielmehr war es manchmal des Guten zu viel – ich kam kaum weiter, weil mich immer wieder Menschen einladen wollten. Besonders gut in Erinnerung bleiben mir dabei die Menschen im Iran – ganz anders, als es in den Medien manchmal vermittelt wird, wurde ich dort unglaublich freundlich empfangen.

 

Auf dem Pamir Highway, 2011./Foto: Herbert Born

Vor Ihrer Abfahrt haben Sie in einem Interview mit der „Kölner Südstadt-Zeitung“ gesagt, das Pamir-Gebirge sei nicht nur der geographische Gipfel Ihrer Reise – war das wirklich so?
In jedem Fall! Es war dort zum einen landschaftlich sehr außergewöhnlich und eindrucksvoll, zum anderen war es auch bei weitem die anstrengendste Strecke meiner Tour. So etwas Strapaziöses habe ich in meinem bisherigen Radler-Leben noch nicht erlebt. Das hat mich mitunter an meinem Vorhaben zweifeln lassen, und ich habe mich gefragt: „Warum quäle ich mich eigentlich so?“ Andererseits habe ich manches mal angesichts der überwältigenden Schönheit der Natur mit der Fassung ringen müssen – eine Straße, die bis an den Horizont reicht, die Weite der Ebenen, eingerahmt von den mächtigen Gipfel der 7.000er, das Licht strahlt kontrastreich – faszinierend!

Gab es Momente, in denen Sie drauf und dran waren, aufzugeben?
Das soll nicht auftragend klingen  – aber ich habe, während ich die Steppe Aserbaidschans durchquerte, einen sehr, sehr guten Freund verloren. Eigentlich wollte ich zur Beerdigung nach Deutschland zurückkommen, was sich in logistischer Hinsicht aber als äußerst schwierig erwies. So beschloss ich, die Reise von nun an meinem Freund zu widmen. Und so habe ich immer, wenn ich deprimiert war oder nahe daran war aufzugeben, gedacht: Du hast ihm diese Reise gewidmet, also fährst du weiter!

Dachten Sie das auch noch, als Sie sich nach einem Unfall den Daumen gebrochen haben und sechs Wochen pausieren mussten?
Die äußeren Umstände waren natürlich ungünstig – das Fahrrad kaputt, der Daumen gebrochen, und ich stand mitten in der Wüste. Aber ich habe nur überlegt, wie, und nicht ob es weitergehen kann. Und es ging weiter. Letzten Endes waren die sechs Wochen Pause auch gar nicht schlecht – denn so konnte ich doch Tibet besuchen, was zuvor nicht möglich gewesen war, weil mich die chinesische Regierung nicht individuell mit dem Fahrrad einreisen lassen wollte. Ich fuhr dorthin also mit dem Zug, eine sehr eindrucksvolle Reise.

Ich selbst bin immer unzufrieden, wenn ich Teilstrecken einer Route nicht mit dem Fahrrad zurücklege, sondern ein paar Kilometer mit dem Bus fahre – geht Ihnen das auch so?
Nein, eigentlich nicht. Es ist ein paar mal vorgekommen, dass ich zwischendurch aufgelesen wurde. In der Situation selbst war das aber immer auch notwendig oder zumindest hochwillkommen – das erste Mal bin ich in der Ukraine mit einem Van mitgenommen worden. Es regnete heftig, ich hatte Gegenwind, und weit und breit war keine Möglichkeit erkennbar, mein Zelt aufzustellen. Da ist der Willen, trotzdem weiterzufahren, recht gering. (lacht) Später, in China, musste ich allein aus praktischen Gründen den Bus zwischendurch nehmen. Wenn ich mein 30-Tage-Visum verlängern wollte, war das nur in größeren Städten mit entsprechend autorisierten Behörden möglich. Um dort fristgerecht anzukommen, blieb manchmal nichts anderes als der Bus. Ich hatte deswegen nie ein schlechtes Gewissen. Und ich habe unterwegs auch keinen einzigen Radfahrer getroffen, der nicht zumindest ein Stück irgendwo mitgefahren ist.

Was haben Sie unterwegs am meisten vermisst?
Meine Partnerin…

…sie hat Sie immerhin unterwegs besucht, oder?
Richtig, auf zwei Teilabschnitten hat sie mich einige Tage beziehungsweise Wochen auf dem Rad begleitet und zusätzlich noch drei Mal unterwegs besucht. Natürlich  gab es zwischendurch auch Momente, in denen ich Heimweh hatte und nach Hause wollte zu meiner Familie, meinen Freunden. Das habe ich aber gut in den Griff bekommen.
Zwischendurch habe ich mir schon mal besseres Essen gewünscht – es kam vor, dass ich in ein Dorf hineinkam, es dort auch einen kleinen Laden gab, darin aber nichts Essbares angeboten wurde. Wenn ich Glück hatte, gab’s wenigstens ein paar Kekse oder so. Fast habe ich mich einige Tage nur von Snicker-Riegeln ernährt… (lacht)

Wie haben Sie das lange Alleinsein ausgehalten?
Mir war vorher bewusst, worauf ich mich einlasse. Der Beweggrund für meine erste Rad-Reise war, dass ich wissen wollte, wie es ist, allein zu sein. Aber auch dieses Mal habe ich unterwegs so viele Menschen getroffen, dass ich eigentlich selten allein war. Ich kommuniziere halt sehr gerne, quatsche die Leute an – da haben die wenige Möglichkeiten zu entfliehen… (lacht)
Auf ungefähr der Hälfte der Reise wurde ich von anderen Radlern begleitet – gerade in Zentralasien sind relativ viele unterwegs. Aber bis an die iranisch-turkmenische Grenze bin ich komplett allein geradelt, danach die überwiegende Zeit mit Partnern.

Takla Makan Wu?ste, China, 2011./ Foto: Herbert Born.

 

Waren Sie mit Ihrem  Equipment zufrieden?
Teils, teils. Zelt und die übrige Campingausrüstung, Packtaschen und Gepäckträger waren sehr gut – wirklich unverwüstlich, so wie ich in der Regel das Beste vom Besten gekauft habe, um Pannen vorzubeugen. Wie z. B. meinen ‚Laghman’ – auf dieses zentralasiatische Nudelgericht habe ich mein ‚idworx’ Trekking-Rad getauft -, der war mir ein besonders zuverlässiger Begleiter!  Unterwegs habe ich allerdings so manche andere Fahrer getroffen, die aus Budgetgründen günstigeres Equipment dabei hatten und entsprechend Probleme bekamen. Mein GPS allerdings war nicht besonders robust, da hätte ich mehr erwartet. In den letzten Tagen hat es einfach seinen Geist aufgegeben.

Werden Sie wieder auf Tour gehen?
Was ich sicherlich, zumindest in absehbarer Zeit, nicht mehr machen werde, ist eine derart lange Tour. Das geht alleine aus familiären Gründen nicht.
Aber schon lange bevor ich in Singapur angekommen bin, hatte ich ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, einfach weiterzureisen. Eine solche Tour ist nämlich nicht nur eine andere Art zu reisen, sondern auch eine andere Art zu leben. Jeden Tag etwas Neues, etwas Aufregendes, etwas Spannendes – das macht süchtig!
Kürzere Touren werde ich aber ganz sicher wieder machen – Pläne habe ich viele!
 

Text: Wassily Nemitz

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