Das Wesen des Menschen: Künstlerporträts von Michael Dannenmann im Foyer des Deutschlandfunks
Sonntag, 5. September 2010 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: Jörg Christian Schillmöller
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Freundlich, skeptisch, selbstbewusst und ein bisschen zerknautscht: Ein großartiges Porträt von Museumsdirektor Kasper König ist das. Stefan Koldehoff spricht so, wie man ihn aus den Sendungen des Deutschlandfunks kennt: ruhig, mit freundlicher Tiefe und unprätentiösem Interesse. Gestern hielt der Kulturredakteur des Deutschlandfunks die einführende Rede, um die Ausstellung über den Porträtfotografen Michael Dannenmann zu eröffnen. Begleitet wurde der Nachmittag von der Pianistin Yin Chiang aus Taiwan mit melancholischen Miniaturen von Philip Glass, Federico Mompou und Eric Satie. Die Eröffnung gehörte zur Kunstmeile Süd, die seit 2007 vom Rheinauhafen über Schönhauser und Brühler Straße bis zum Hochhaus des Deutschlandfunks am Raderberggürtel führt. Das Ziel: den Kölner Süden als kulturellen Ort stärker ins Bewusstsein der Menschen rücken.
Das schafft die Ausstellung von Michael Dannenmanns Fotografien ganz ohne Zweifel. Seine Künstlerporträts erzählen Lebensgeschichten, so wie die von Jörg Immendorff: Zwei Bilder hängen im Foyer des Deutschlandfunks nebeneinander. Ein frühes, das den Maler als kraftvollen Schöpfer im T-Shirt und mit einem Arm voller Kartoffeln zeigt. Und ein spätes, kurz vor seinem Tod. Ich habe bestimmt 40 Porträts von Immendorff gemacht, sagt Michael Dannenmann im Gespräch mit meinesuedstadt.de. Man spürt immer, wie weit man gehen kann. Für das letzte Porträt von Immendorff ist er noch einmal kurz aus dem Rollstuhl aufgestanden. Wenig später starb der Künstler an der Nervenkrankheit ALS.
Michael Dannenmann ist Jahrgang 1959 und nach den Worten von Stefan Koldehoff einer der angesehensten Porträtfotografen Europas. Dannenmann arbeitet für Magazine wie Vogue, Elle, Stern und das Zeit-Magazin. Seine Bilder wurden zum Beispiel im Deutschen Historischen Museum in Berlin ausgestellt. Mich fasziniert diese Mischung aus Planung und Spontaneität, hinter deren Geheimnis ich noch nicht gekommen bin, sagt Stefan Koldehoff. Dannenmann selbst ist es wichtig, auf den Langzeit-Aspekt in seinem Werk hinzuweisen. Oft begleitet er Menschen über Jahre: Da sieht man die Veränderungen. Ich mag es, mich in eine Person hineinzuarbeiten.
Seine Bilder sind im Foyer des Deutschlandfunks bis Ende Dezember immer von 9 bis 17 Uhr zu sehen, und sie zeigen vor allem eines: Gesichter. Die meisten in Schwarz-Weiß, eingefasst von einem dunklen Rahmen, einige in Farbe. Kasper König – Direktor des Museums Ludwig – hängt dort, ebenso Günther Uecker, Markus Lüpertz und Sigmar Polke. Oder Vivienne Westwood und Isabella Rossellini. All diese Porträts sind keine Reportage-Fotos, die den Arbeitsprozess der Künstler dokumentieren, findet Stefan Koldehoff. Diese Bilder zeigen das Wesen der Menschen. Und das ist die große Kunst: im Bruchteil einer Sekunde das Wesentliche einzufangen.
Bild oben: „Jörg Immendorf“ von Michael Dannemann
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