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Kultur

„Der Geizige“

Sonntag, 11. September 2011 | Text: Roger Lenhard | Bild: Meyer Originals

Geschätzte Lesezeit: eine Minute

Ein Familiengemälde nach Peter Licht. Premiere im Theater Der Keller
Ein letzter Schnappschuss. Gruppenfoto, alle: `Cheese´. Abgang und Ende der Aufführung nach neunzig Minuten kurzweiligem Spiel.
Zurück bleiben Luftschlangen und Luftballons, wie nach einer Party, und gegenständliche Buchstaben, die zu einem WELCOME auf der Bühne angeordnet sind. Willkommen in der poppig verkleideten Sinnlosigkeit einer Lebenswelt, die nur notdürftig von dem Fetisch abstrakten Geldes zusammengehalten wird. Einer hat es, die anderen wollen es. Der, der es hat, will es nicht ausgeben oder weitergeben an diejenigen, die es haben wollen. Woher dieses Geld kommt und wofür es ausgeben werden soll, bleibt im Dunkeln.

Der Künstler und Musiker Peter Licht ( Mini-Hit „Das Sonnendeck“) überführt die 300 Jahre alte Komödie Molières in die Jetztzeit. Herausgekommen ist weniger eine Komödie als eine Farce, weniger Schauspiel als eine Groteske mit Elementen der musikalischen Revue. Nur der Rahmen der familiären Grundkonstellation und das Getrieben sein der Figuren durch Geiz und Gier sind im Ansatz erhalten geblieben.

 

von links: Götz Vogel von Vogelstein, Sarah Härtling, Richard Hucke, Bastian Sesjak, Amely Draeger, Mateusz Dopieralski | ©Meyer Originals

 

Der im Verlauf des Stückes immer wieder als Arschkröte titulierte Papa Harpagon ist ein Geldsack, weder fähig, seinen beiden Kindern mit Liebe zu begegnen noch willens, zumindest sein Geld kompensatorisch fließen zu lassen. Stattdessen sinniert er selbstvergessen über die Reinheit  angehäuften Geldes und wie sich darin sein gelebtes Leben kristallisiert, während Sohn und Tochter, Anhang, Freund und ein weibliches Faktotum ohne Halt und Standpunkt nur Hülle sind ohne eigenes Selbst. Leere Existenzen, deren brüchige Fassaden mühselig aufrecht erhalten werden durch die Hoffnung auf den väterlichen Geldtropf.

Die Tochter wirkt geisterhaft blutleer wie unter dem Einfluss von starken Sedativa während der hyperaktive Sohn in seinem eloquenten, das Deutsche verhackstückenden Comic Sprech, inhaltslose Wortkaskaden wie auf Speed aneinanderreiht. So folgt Monolog auf Monolog. Dialoge scheitern schon im Ansatz, so als Vater und Sohn in einem irrwitzigen Tempo Satzanfänge hin- und herschleudern, ohne dem Anderen die Möglichkeit zu geben auszureden.

Richard Hucke| ©Meyer Originals

 

Das Ganze ist mit Tempo und Rhythmus vorzüglich von der Regisseurin Pia-Maria Gehle in Form gebracht. Die Darsteller des Abschlussjahrganges der SCHULE DES THEATERS und Richard Hucke als Papa Harpagon spielen, als sei das Stück eigens für sie geschrieben. Diese derb komische, bisweilen hysterisch anmutende Darstellung gebrochener Existenzen in ihrem Ablenkungsleben ist wunderbare Ablenkung!

 

Ein Besuch lohnt, auch weil die Erkenntnis bleibt, dass eine Schulter zum Anlehnen, eine Hand, die eine andere hält, und Lippen, die sich küssen, manchmal wichtiger sind als Geld und hohle Worte.

 

Text: Roger Lenhard

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