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Südstadt

Die autonome Bananenrepublik

Mittwoch, 5. Mai 2010 | Text: Stephan Martin Meyer | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Im letzten Herbst war sie einfach da. Am Tag zuvor war die Fläche in der Mitte des Kreisverkehrs auf der Bonner Straße Ecke Teutoburger Straße noch trostlos leer. Doch über Nacht hatte sich eine Bananenstaude dorthin verirrt. Trotzig streckte sie ihre Arme in die Höhe und wartete auf die Sonne. Aber es war ja schon Herbst. Deutscher Herbst. Da war nicht mehr viel mit Sonne. Da kam nur noch die Kälte. Und die Einsamkeit des Winters.

 

Eine ausgesetzte Banane
Wo kam sie her? Wo lebte sie vorher? Sie war ein halbes Jahr zuvor auf einem Balkon eingezogen, hatte aber schnell die ihr zugewiesenen Areale verlassen. Sie war zu groß geworden. Sie musste weg. Der Besitzer, der hier unerkannt bleiben möchte, trug die Pflanze auf Befehl der Freundin aus dem Haus und schenkte ihr die Freiheit. Mitten auf dem Kreisverkehr.

 

Die Entführung
Bis Weihnachten stand Nana, wie die Bananenstaude mittlerweile getauft wurde, bei Wind und Wetter auf der Bonner Straße. Am 23. Dezember verschwand sie urplötzlich. Zurück blieb ein tiefes schwarzes Loch, das von ihrer Abwesenheit zeugte. Kahl und kalt war der Platz nun wieder. Enttäuschung machte sich breit, vor allem bei ihrem ehemaligen Besitzer, war er doch mittlerweile zum Präsidenten der autonomen Bananenrepublik ausgerufen worden. Er verankerte also ein Schild mit der Aufschrift „Banane“ auf dem Platz. Als Ersatz für seine Nationalpflanze. Und setzte ein Kopfgeld auf den Entführer aus, ihm seine Banane zurück zu bekommen.

 

Erster Kontakt
Die Reaktion kam prompt. In Form einer E-Mail an den Präsidenten.

Von: puzygalore
An: president
Betreff: Banane

Hello Mr. President,
erst mal Respekt vor der Kreisverkehr-Aktion. Ich hatte mir schon im November Sorgen um die Banane gemacht, aber wer rechnet denn schon mit einem so kalten Winter. Mir ist im Januar 2009 auch mal eine Banane bei -17° verreckt.
Ich habe die Pflanze also fotografiert und einem Bananenbesitzer gezeigt. Seine Antwort: Ab minus 15-17 Grad und wenn ich die Eisklumpen rausschauen sehe, ist es allerhöchste Zeit.

Ich überlege, ob ich sie nicht bald zurückpflanze, habe sie aber gerade umgetopft (im Rewe gibts Riesentöpfe für 2,99), mal schauen, wie sie das verkraftet.
Exotische Pflanzen liegen mir sehr am Herzen, mach dir also keine Sorgen… Hier mein kleines Pflanzenalbum.
puzygalore

Nana ging es also gut. Und sogar Fotos waren dabei. Das ließ zumindest Gutes erahnen.

Von: president
An: puzygalore
Betreff: Banane

Nun mein Freund
dann will ich das Kopfgeld, das ich auf dich ausgesetzt habe, schnell zurück nehmen. Ich freue mich natürlich zu hören, dass es der Banane gut geht. Ein Prost dem Retter und auf all die die mit einem Lächeln an der Banane vorbei gehen.
Präsident der Bananenrepublik

Immerhin gab es einen ersten Kontakt zum Entführer. Aber leider weiß bis heute niemand, wo Nana ist, wer der Entführer ist und wann genau sie zurückkehrt. Doch der Präsident ist sich sicher, dass sie eines Tages wieder dort stehen wird, wo sie zuvor eingepflanzt wurde.

 

Der Kreisverkehr füllt sich
In einer Nacht-und-Nebel-Aktion pflanzten Unbekannte vier Bananenstauden auf  dem Kreisverkehr. In Gedenken an Nana. Nun kommt alle paar Tage eine ältere Dame mit einer Gießkanne vorbei und wässert die Pflanzen. Immer wieder drehen Autofahrer eine Extrarunde, um sich die Bananen genauer anzusehen.  Und der beim Pflegen der Stauden erwischte Präsident wurde sogar von einem Polizisten gefragt, was er denn da mache. „Blumen gießen“ war die offenbar zufriedenstellende Antwort.

 

Und natürlich meldete sich der Unbekannte sofort wieder:

 

Von: puzygalore
An: president
Betreff: Freie Bananenrepublik Köln


Sehr sehr schön, jetzt fehlt nur noch die zentrale Figur, die muss sich vom Umtopfen erholen. Sobald sie wieder einen Schub nach oben macht, bringe ich sie raus. Zur Zeit steckt sie alles in die Wurzeln, dabei will ich sie nicht stören.

puzygalore

 

Zum Zeitvertreib
So wartet seine Majestät in seinem Reich auf die Rückkehr der Königin der Bananen. Zum Zeitvertreib grillt er schon mal auf dem Platz, mäht das Gras rundherum oder stellt seinen Pflanzen einen Maibaum auf. Auch andere beteiligen sich hin und wieder an nächtlichen Schmückaktionen. Und die Rio-Reiser-Coverband Scherbenmeer hat ein einziges Konzert in der Bananenrepublik angekündigt und eifert ihrem großen Vorbild damit nach.

 

Hoffnung auf eine baldige Rückkehr
Die Redaktion von meinesüdstadt.de hat sich in der Zwischenzeit an den Entführer gewandt. Er ist grundsätzlich verhandlungsbereit. Aber er spielt auf Zeit. Noch hat er keine weiteren Bedingungen zu Rückführung der Banane genannt.
Das Hauptziel des Präsidenten ist und bleibt: Das gesamte Areal seiner Republik mit Bananenstauden bepflanzt und natürlich Nana zurückkehren zu sehen.
Wann wird das geschehen?
 

Text: Stephan Martin Meyer

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