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Bildung & Erziehung Sport Südkids

Die Sterne der Südstadt

Mittwoch, 12. September 2012 | Text: Antje Kosubek | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Auf dem satten Grün der Wiese im Friedenspark flitzen fast jeden Sonntagvormittag Jungen und Mädchen in hellblauen Trikots einem weißen Ball hinterher: Die „Südsterne“. Seit zehn Jahren treffen sich Kinder und Eltern im Friedenspark als Fußball-Freizeitgruppe, die es den jungen Talenten ermöglicht, den Rasensport spielerisch und nicht unter dem Druck eines Vereines zu erleben und erlernen.

Zurzeit sind zwanzig „Südsterne“ im Alter zwischen fünf und zehn Jahren fußballbegeistert. Höhepunkt der Saison ist das alljährliche Sommerfest, zu dem andere Mannschaften eingeladen werden. Dieses Jahr waren es zwei Mannschaften der Grundschule am Zugweg, die im Turnier gegen die „Südsterne“ antraten. „Wir versuchen den Kindern ein Ballgefühl zu vermitteln“ so Olivier Fuchs, einer der Südsterne-Trainer: „Die Kinder sollen nicht nur in einer Traube über das Spielfeld und dem Ball hinterherlaufen, der Mannschaftssport steht bei uns im Vordergrund.“

Sie verdienen viel Respekt, die Väter, die sich freiwillig und ehrenamtlich einsetzen, um den eigenen und vielen anderen Kindern ein sportliches Freizeitangebot zu geben. Derzeit teilen sich vier „Südsterne-Väter“ die Arbeit untereinander auf. Olivier Fuchs: „Das funktioniert sehr gut. Und ich würde mich freuen, wenn wir noch mehr Eltern hätten, die uns unterstützen. Wir hatten immer einen großen Bedarf und viele Anfragen von Kindern, mussten jedoch im letzten Jahr viele ablehnen.“

Wir haben den Urvater der Südsterne getroffen, den Architekten und Südstädter Martin Schneider.
Martin Schneider: Angefangen hatte alles im Oktober 2002, die Fußball WM in Japan und Korea war gerade zu Ende gegangen. Mein damals fünfjähriger Sohn Malte wollte unbedingt Fußball spielen, wir uns aber nicht in die Zwänge eines Vereins geben. Ich dachte eher an Freude und Leidenschaft anstatt Leistungsdruck. Dann kam mir der Gedanke, warum mache ich das eigentlich nicht selbst?
So fand im Oktober 2002 das erstes Treffen im Römerpark statt, damals mit meinem Sohn und drei anderen Jungs. Dazu muss ich sagen, dass mich Fußball als Kind und Jugendlicher immer begleitet hatte. Zu meiner Zeit gab es noch keine Ganztagsschulen, wir spielten jeden Tag nach der Schule Fußball bis es dunkel wurde.

Wie waren die ersten Trainingsstunden, und wie ging es weiter?

Ich hatte zuerst damit begonnen, dass die Kinder ballsicher wurden oder machte Lauf- und Teamspiele. In kurzer Zeit hatten sich unsere Trainingsstunden herumgesprochen und es kamen immer mehr Kinder dazu, aus der Nachbarschaft, aus der Schule und dem Bekanntenkreis.
Wir waren schnell auf fünfzehn Kinder angewachsen und sind aus Platzgründen in den Friedenspark umgezogen. Einige Väter haben mich unterstützt, wie Stefan Maaß, der am Anfang dabei war. Danach kamen später noch Oliver Hall, Karsten Heppner und Volker Schwärzel als Trainer dazu.
Schließlich war der Bedarf riesig, in Spitzenzeiten waren es bis zu 60 Kinder, die alle Fußball spielten. Wir bildeten verschiedenen Altersgruppen, immer zwei Jahrgänge zusammen. Das waren schon  Strukturen, die wir etablieren mussten. Wichtig war aber, dass die Kinder jeden Sonntag kommen konnten und wussten es ist immer jemand da. Wir spielten Fußball bei jedem Wetter, egal ob Hitzewelle, Regen, Matsch oder Schnee – auch in den Ferien und an Feiertagen wurde trainiert.

Die Südsterne haben ja sogar ihr eigenes Trikot!
Ja, dass Trikot ist nicht einfach so irgendein Trikot. Das Logo hatte ich entworfen. Der Name „Südsterne“ kam, weil es damals alles kleine Sternchen waren, unsere Sprösslinge eben. Die Sterne bilden das Sternzeichen des „Kreuz des Südens“ un die Farbe, dieses helblau, hat mir gut gefallen. Außerdem wollte ich keine farbliche Anlehnung an einen Bundesligaverein. Schön war, dass sich jeder seine eigene Nummer aussuchen konnte – dann hatten wir viele Spieler mit der Nummer 10. Aber schließlich war ja auch Spass unser Grundprinzip.

Das war doch sicher nicht immer nur Sonnenschein, jeden Sonntag und rein ehrenamtlich mit so vielen Kinder im Matsch dem Ball hinterherzujagen?
Es war vor allem auch viel Organisation und Logistik. Das Equipment, wie Tore, Hütchen und Bälle, konnte ich zum Glück bei Freunden im Keller lagern. Irgendwann war es so normal, sonntags morgens, wenn alle Welt in der Südstadt noch schläft, aufzustehen, um gegen mittag teilweise völlig verschlammt nach Hause zu kommen. Wir haben oft die erste Stunde trainiert, uns aufgewärmt, etwas  Techniktraining gemacht und die zweite Stunde immer ein „richtiges Spiel“ gespielt. Am Ende hatte ich immer mitgespielt und oft versucht, dass die Spiele möglichst unentschieden endeten, denn gewinnen wollten alle – das war ja klar. Aber wir hatten alle irre Spass, die Kinder haben ordentlich Sauerstoff getankt und sich bewegt. Außerdem hatte ich großen Respekt bei vielen genossen, auch bei den „Großen“. Die Kinder hörten auf mich und nahmen mich ernst.  
Schön waren auch Nebeneffekte, die die Gemeinschaft verbanden. Die Eltern hatten oft am Rand gestanden und zugeguckt, so entstanden Freundschaften, einige gründeten sogar einen Lauftreff, der während der zwei Stunden durch den Park joggte.

An einem Sonntag kamen zwei Frauen vom Ordnungsamt zu uns und fragten nach Anmeldungserlebnis für das öffentliches Grundstück. Ich werde das nicht vergessen, es war am Tag nach einm Spiel der Fußball-WM 2006, Deutschland hatte am Abend zuvor Schweden geschlagen. Ich machte den Damen klar, hier wäre ein Bürgergrundstück und wir sind Bürger, die das nutzen.
Alle Kinder bildeten sofort Kreis um uns und fragten, warum sie nun kein Fußball mehr spielen dürften. Danach hatte sich nie wieder jemand bei uns gemeldet.
Wir waren immer sehr fürsorglich, beispielsweise als der Rasen unter unserem Spiel gelitten hatte, säten wir in Zusammenarbeit mit dem Grünflächenamt neuen Rasen.

 

Die Südsterne beim Sonntagstraining im Friedenspark.

Im Sommer 2010 hast Du aufgehört. Mit einem lachenenden und einem weinenden Auge?
Ja, zum Sommerfest 2010 habe ich aufgehört. Es war so, dass die älteren Spieler, also der Jahrgang 1995 immer mehr Schwierigkeiten hatte, sonntags morgens aufstehen und um zehn Uhr da zu sein. Sie kamen nicht mehr regelmäßig, viele gingen samstagabends auf Partys – was ja auch normal war. Ich war gerne und mit Stolz der Trainer der Südsterne, aber es war von Anfang an klar, dass es irgendwann einmal zu Ende sein würde. So wollte ich mich mit Freude bei einem Sommerfest verabschieden, denn das war ja auch immer ein wichtiger Event, alle wurden eingeladen, Eltern, Geschwister, Freunde – den ganzen Tag lang wurde Fußball gespielt. Die Kinder von den Eltern angefeuert, Spiele gegen andere Manschaften aus anderen Stadtteilen Kölns angepfiffen und sogar Väter gegen Väter, sowie Mütter gegen Mütter gespielt. Ein wichtiger und aufregender Programmpunkt war außerdem die feierliche Übergabe des Trikots, inklusive Stutzen, Hose und Käppi. Ich hätte wahrscheinlich auch noch weitergemacht, wenn mein Sohn auch noch dabei wäre. Die ersten Sonntag ohne die Südsterne waren für mich schon gewöhnungsbedürftig, schließlich war ich acht Jahre lang darauf gepolt.

Gibt es ein besonderes Erlebnis, das Dir in Erinnerung geblieben ist?
Ja! Wir hatte ein Spiel gegen eine Mannschaft aus Ehrenfeld im Blücherpark, als Theresa, das einzige Mädchen in unserer Mannschaft, einen Torschuß aus großer Entferung abgab. Ihr Schuß war so kraftvoll, dass danach das Tor in sich zusammenbrach. Danach hatte sie den Spitznamen: „Theresa, die das Tor zertrümmerte“.
 

Text: Antje Kosubek

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