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Kultur Sport

Diese „Nahbarkeit“ ist deutschlandweit einmalig

Freitag, 4. Dezember 2015 | Text: Stefan Rahmann | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

„Fortuna“: Bernhard Küchler und Valentin Scholz haben einen Dokumentarfilm über den Kölner Südstadt Club gedreht und dabei tief in die Seele des Vereins geblickt. Am Sonntagvormittag läuft der 90-Minuten-Film im Odeon Kino. „Meine Südstadt“ hat mit ihnen gesprochen.

Meine Südstadt: Wie kommt man auf die Idee, einen 90-Minuten-Film ausgerechnet über Fortuna Köln zu drehen?
Bernhard Küchler: 90 Minuten waren gar nicht geplant. Wir haben uns im Dezember 2014 kennengelernt. Schnell stand fest, dass wir zusammen einen Sportdokumentationsfilm machen wollten. Dann haben wir das unglaubliche Rückspiel der Fortuna in der Relegation gegen FC Bayern München II mitbekommen. Danach sind die aufgestiegen. Da haben wir beschlossen, die Fortuna zu fragen, ob wir das erste Drittligajahr begleiten dürfen.

Valentin Scholz: Das hatte natürlich auch ganz praktische Gründe. Wir haben den Film ja nur mit eigenem Geld gedreht. Bei höherklassigen Vereinen muss man für Bilder zahlen. Bei der Fortuna durften wir umsonst Szenen zum Beispiel bei Freundschaftsspielen aufnehmen.

Wie hat die Fortuna auf Eure Anfrage reagiert?
Bernhard Küchler: Zunächst verhalten, aber dann hat man uns machen lassen. Mit Geschäftsführer Michael Schwetje, Präsident Klaus Ulonska und Trainer Uwe Koschinat hatten wir ein zugkräftiges Trio auf unserer Seite, das uns den Einstieg sehr erleichtert hat.

Valentin Scholz: Und dann waren wir 2014 beim ersten Drittligaspiel mit der Kamera im Südstadion. Gegen die zweite Mannschaft von Mainz.

Und von da an lief es?
Bernhard Küchler: Wir haben sofort ein gutes Verhältnis zum Wolfsrudel aufbauen können. Das war in der Mannschaft ein innerer Zirkel, der harte Kern der Aufstiegsmannschaft. Wir waren nah dran, aber die Kabine zum Beispiel blieb tabu.

Valentin Scholz: Wir sind während der Dreharbeiten zu Fortuna-Fans geworden. Das ist eine wunderbare Fußball-Insel hier in der Südstadt. Dieses Verhältnis zwischen Professionalität und Nahbarkeit ist unter Profi-Vereinen deutschlandweit einmalig.

Und dann starb Klaus Ulonska.

Bernhard Küchler: Ja, das hat nicht nur den Verein, sondern auch unseren Film verändert. Wir hätten die Saison chronologisch erzählen können. Nach dem Tod von Klaus Ulonska haben wir uns für eine emotionale Dramaturgie entschieden und uns sehr auf die handelnden Personen im Verein konzentriert.

Valentin Scholz: Es war und ist sehr eindrucksvoll, wie Helge Ulonska dem Verein nach dem Tod ihres Mannes verbunden geblieben ist. Schwetje sagt immer, die macht hier 34 Prozent der Arbeit, die früher Klaus geleistet hat. Und für den Verein ist es ein Glücksfall, dass der charismatische Trainer als Identifikationsfigur dient. Deshalb war der Tod Ulonskas für den Verein nicht so dramatisch wie damals der Tod von Jean Löring.

 

Wie schätzt Ihr die aktuelle Situation der Fortuna ein?
Valentin Scholz: Der Anspruch von Schwetje ist ja, dass der Tabellenplatz immer besser sein muss als der, den man in der Etat-Rangliste der Liga einnimmt. Das scheint gerade zu passen. Trainer Uwe Koschinat sagt, dass jede Saison eine Gratwanderung ist. Spielt die Mannschaft eine durchschnittliche Saison, würde sie absteigen. Sie muss immer überdurchschnittlich spielen.

Wie lange habt Ihr an dem Film gearbeitet?
Wir hatten 50 Drehtermine. Dazu kommen 20 Tage im Filmschnitt. Dabei hat uns Friederike Dörffler entscheidend unterstützt. Geld verdienen wir mit dem Film nicht. Wir verhandeln gerade mit einem Verleiher. Vielleicht läuft eine gekürzte Fassung irgendwann mal im WDR. Wir werden vor Weihnachten noch eine DVD herausbringen. Die kostet dann 10 Euro.

Welcher Verein hat sich Euch denn als Kinder ausgesucht?
Bernhard Küchler: Ich stamme aus dem Münsterland, mein Verein ist St. Pauli.

Valentin Scholz: Ich bin als Bonner lange Zeit zum FC gegangen. Aber mich nervt die Wilde Horde, die sich einbildet, ihr gehöre das Stadion. Nach den Vorfällen beim letzten FC-Abstieg, als aus dem Stehplatzblock diese riesige schwarze Wolke aufstieg, hatte ich genug. Ich bin jetzt bei den Ultras des Bonner SC.

Und Freitagabend zur Fortuna gegen Osnabrück?
Valentin Scholz: Ich bin da. Endlich mal den Schiedsrichter beschimpfen, ohne ständig eine Kamera halten zu müssen.

Bernd Küchler: Ich gehe auch hin. Ich kann sagen, dass ich über die Arbeit mit der Fortuna in dieser Stadt sehr heimisch geworden bin. Das fiel mir vorher deutlich schwerer.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

 

Bernhard Küchler (27) hat in Bonn und Köln Kulturwissenschaften, Germanistik und Philosophie studiert. Zurzeit arbeitet er als freier Journalist in Köln.

Valentin Scholz  (29) hat lange in der Schweiz und Kanada gelebt. Nach dem Studium der Geschichte und der Wirtschaft in Bonn startete er eine Karriere als Filmemacher und Medienproduzent in Bonn und Köln.

„Fortuna: Der Film“ Läuft am Sonntag ab 11.30 Uhr im Odeon. Der Eintritt kostet 7,50 Euro.
 

Text: Stefan Rahmann

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