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Südstadt

DJane im Kloster-Innenhof

Dienstag, 21. September 2021 | Text: Bettina Brucker | Bild: privat/Jens Bußmann

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Die zarte Person hinter dem Mischpult schließt für einen Moment die Augen. Trotz der großen Kopfhörer wirkt sie fast scheu. Auf einmal schweift ihr Blick beobachtend durch die Runde. Ein leichter Glanz huscht über ihr Gesicht, sie beginnt zu wippen. Die Bewegung setzt sich durch den ganzen Körper fort und wird zu einem energischen Federn. Jetzt hat DJane S’bin den Rhythmus für genau diesen Moment gefunden.

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„Musik ist mein Beweggrund“, sagt Sabine Nurtsch. Und dieses Motto gilt seit ihrer Kindheit. Im Elternhaus wird viel Musik gemacht. Sie tanzt darauf. Später macht sie eine Ausbildung zur Tanzpädagogin. Sie tritt bei Shows, Messen und im Theater auf. Einige Jahre gibt sie Kurse und macht Schulprojekte. Inzwischen arbeitet sie als Choreografin, initiiert Kunstprojekte und legt als DJane bei Veranstaltungen und privaten Feiern auf. Und sie entwickelt sich kreativ immer weiter. Corona hat dabei manches beschleunigt.

Inspiration und Herausforderung: Das Heimat-Veedel

Sabine Nurtsch ist gebürtige Südstädterin. Großgeworden ist sie allerdings auf dem Land. Außerdem lebte sie zwei Jahre in Berlin. „Kurz nach der Wende. Das war die beste Zeit. Da war Berlin noch schräg und voll kreativer Ideen in Hinterhöfen und Privathäusern.“ 1996 zog sie zurück ins Veedel. An der Südstadt mag sie die Nähe zum Rhein. Sie liebt Wasser. „Ich tanke daraus Energie.“ Und sie mag die kleinen, schön gestalteten Läden, die privat geführten Geschäfte. Mit Freude betrachtet sie Eigeninitiativen, wie z. B. die Pflanzenkübel und Kräuterbeete, die jetzt überall stehen, um ganz unkonventionell aus Parkplätzen Sitzplätze für die Gastronomie zu schaffen. Das Leben in der Südstadt inspiriert sie, fordert sie aber auch immer wieder heraus. Wenn etwa Geschäfte mit Tradition aufgeben müssen, weil die Miete immer höher steigt oder wenn Freunde und Bekannte aus dem gleichen Grund wegziehen. Denn die Begegnungen mit den Leuten aus dem Veedel sind ihr wichtig, dafür nimmt sie sich Zeit. „Da kann das Einkaufen schon einmal etwas länger dauern“, schmunzelt sie.

Demo-Banner von der Alaafparade 2017

2019 stieg die Alaaf-Parade zuletzt – dann kam Corona.

Mit ihrem Verein Alaaf Parade – Tanz für Toleranz setzt sie sich zusammen mit anderen für Respekt und kulturelle Vielfalt ein. Kunst, Kultur und Politik gehören für die Teamplayerin zusammen. „Letztes Jahr musste die Parade vom Chlodwigplatz zum Eierplätzchen wegen Corona leider ausfallen und dieses Jahr fehlt die Power“, erzählt Sabine Nurtsch. „Ich habe so viele Ideen, doch alleine lässt sich nur ein Bruchteil davon verwirklichen. Als Freiberuflerin muss ich auch schauen, wo ich mein Geld verdiene.“

Chillen – wo sonst als im Kloster?

Sie sei ein spiritueller Mensch, sagt sie, fühle sich aber an keine Konfession gebunden. Durch ihre Arbeit als Choreografin lernte sie die Kartäuserkirche kennen. „Als ich das erste Mal in diesem Innenhof stand, hat mich der Ort sofort inspiriert.“ In Pfarrer Mathias Bonhoeffer findet sie ein Unterstützer. Nachdem sie mit dem Format KlosterClubbing erfolgreich ist, stößt ihre Idee, unter freiem Himmel Musik aufzulegen, auf offene Ohren. Unterstützt wird sie am Anfang vom damaligen Vikar, Tim Lahr. Später kommt Pfarrer Martin Gröger dazu. Das erste Mal zwischen historischen Klostermauern lebt sie ihre Leidenschaft für unterschiedliche Musikgenres 2019 aus. Mit ihrer Hintergrundmusik schafft sie eine wunderbare entspannte, lebendige Atmosphäre an diesem magisch wirkenden Ort. Die Leute finden es toll. Dann kommt der erste Lockdown …

Clubbing im Kloster-Innenhof – gechillt und coronagerecht

Doch das KlosterChillin‘ stellt sich als Corona konform heraus. Und so finden 2020 noch sechs weitere Veranstaltungen statt. Die Besucher*innen schätzen das Angebot an diesem schönen Ort, der so viel Ruhe ausstrahlt und einen geschützten Raum darstellt, sehr. 2021 geht es weiter. Und der nächste Termin steht mit dem 30. Oktober auch schon fest. „Vielleicht wird es ja ein KlosterGlühen mit Feuerschale und Glühwein,“ lacht Sabine Nurtsch.

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KlosterChillin‘ ist eine Herzensangelegenheit von Nurtsch. Der Eintritt ist frei. Jeder ist willkommen, ob er nur im Liegestuhl sitzen oder in einer kleinen Gruppe entspannt den Abend verbringen will. Letztlich gestaltet jeder den Abend für sich selbst. Auch Menschen, die mit Kirche nichts am Hut haben, kommen zum Chillen in den Innenhof. „Ich mag es, wenn sich die Kirchenglocken mit meiner Musik mischen und die Besucher*innen überrascht den Blick zum Turm heben. In diesem Moment wird ihnen das Kirchenumfeld bewusst.“

Sabine Nurtsch in ihrem Element – der Musik

„Von Chansons über Reggae bis hin zu Electro … Ich liebe es mit unterschiedlichen Musikrichtungen zu spielen. Am Anfang weiß ich selbst noch nicht, wohin die musikalische Reise gehen wird. Ich wähle jeden Song intuitiv. Manchmal kann es auch spannend sein, einen Bruch zu machen.“ Beim Erzählen kommt Sabine Nurtsch in Fahrt, ihre Augen beginnen zu leuchten. Musik ist für sie ein unglaublicher Schatz und eine spirituelle Quelle, in die sie eintaucht, um sich energetisch aufzuladen. Dies will sie anderen weitergeben. Wenn die Gäste beseelt nach Hause gehen, dann hat sich ihr Wunsch erfüllt.

Klein und fein

Inzwischen sind sie beim KlosterChillin‘ eine eingespielte Truppe. Dazu kommen noch die helfenden Hände des Teams der Kartäuserkirche. Gemeinsam bauen sie die Anlage und die Theke auf- und ab. Ein paar junge Frauen übernehmen den Verkauf. „Manchmal ist auch meine Tochter dabei,“ sagt Sabine Nurtsch mit einem Lächeln. Im Angebot sind Getränke und Brot mit veganem Zwiebelschmalz oder veganer Kräuterbutter. Das KlosterChillin‘ soll wenig Müll produzieren und ohne Plastik auskommen. Umwickelte Marmeladengläser oder eine selbstgebastelte Wimpelkette aus Stoffresten. Alles ist so gewollt und gehört zum Konzept. „Toll, dass die Gemeinde meine Idee aufgegriffen und Liegestühle angeschafft, mit dem Logo der Kartäuserkirche versehen und zudem ein paar einfache Decken besorgt hat. Viel braucht es hier ja nicht. Das Kleine, das Feine. Das ist beim KlosterChillin‘ mein Stil. Denn das alte Gemäuer erzählt selbst Geschichten.“

Kartäuser-Hof: Hier geht vieles

„KlosterChillin‘ ist auch ein Gewinn für die Kirche“, so Nurtsch. Menschen, die sonst den Weg in die Kirche vielleicht nicht finden würden, entdecken den schönen Klosterinnenhof und einige verweilen im Kirchenraum, der die ganze Zeit geöffnet ist.

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Seele baumeln lassen

Auf die Frage, für wen KlosterChillin‘ geeignet sei, kommt die Antwort von Sabine Nurtsch prompt: „Für alle.“ Und dann einen Moment später. „Wer gerne entspannt in einem Innenhof umgeben von alten Mauern sitzt und seine Gedanken schweifen lässt – ob alt oder jung – oder sich in einer guten Atmosphäre und mit toller Hintergrundmusik unterhalten will, die Seele baumeln lassen, den Abend und das Leben genießen, der ist hier auf alle Fälle richtig. Und vielleicht kommt beim Lauschen der Musik ja auch der eine oder andere neue Gedanke. Musik ist ein Beweggrund, nicht nur für mich“, sagt Sabine Nurtsch mit einem Lächeln.

Text: Bettina Brucker

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