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Bürgerbeteiligung Parkstadt Süd Kultur

Don’t tell me – show me

Mittwoch, 20. Januar 2016 | Text: Nora Koldehoff | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“, lautete die oft zitierte pampige Antwort von Helmut Schmidt auf die Frage nach seinem Selbstverständnis als Politiker. Dabei hatte er durchaus Ideen, Wunschbilder und Vorstellungen davon, wie ein Zusammenleben aussehen sollte oder könnte, hierzulande und auch global.
Ganz so weit greift das lokale Projekt „Parkstadt Süd“ zwar nicht, aber für die immerhin 115 Hektar umfassende Stadtentwicklungsfläche sind Visionen und Konzepte gefragt, die seit einem Dreivierteljahr von einer regen Bürgerbeteiligung begleitet werden.

Künstlerinnen und Künstler des KAT 18 haben diese Aufforderung zur Partizipation zum Anlass genommen, sich mit der Kölner Stadtbebauung auseinanderzusetzen. Im Rahmen des Design-Festivals PASSAGEN zeigt das Kunsthaus in der Ausstellung „X-SÜD STADTVISIONEN“ Bilder und Zeichnungen von Straßen und Häusern im Kölner Süden auf Papier und Porzellan. Dafür sind die Künstler mit Skizzenbüchern und Fotoapparaten losgezogen, haben jene Objekte festgehalten, die ihnen besonders ins Auge sprangen, ob nun positiv oder negativ, und dann künstlerisch verarbeitet.
Unterschiedliche Häuser-Zeichnungen der verschiedenen Künstler auf Geschirr als Stadt-Landschaft aufgebaut bilden in ihrer Zusammenstellung das Herz der Ausstellung. Ein Wandbild, das das Leben als Künstler in der Parkstadt Süd zum Thema hat, stellt zu den farbig ausgearbeiteten Hausdarstellungen von Nicole Baginski auf Papier einen wunderbaren Kontrast dar.

Die kreativen Köpfe wollen es aber nicht allein bei einer künstlerischen Auseinandersetzung belassen. Sie möchten Stadtwohnraum gern mitgestalten: Schön soll er sein, inklusiv und auch bezahlbar.
Am vergangenen Montag (18.01.2016) lud deshalb das Künstler-Kollektiv X-SÜD in Kooperation mit dem Verein KUBIST e.V. – Kunst und Begegnung in der Stadt –  zum Auftakt der Ausstellung zu einem Abend ein, an dem Gestalter aus Kunst, Design, Architektur und Theater ebenso teilnahmen, wie Vertreter der Stadt aus Baudezernat und  Kulturamt.

 


Ausstellungsraum im KAT18

Zu Beginn des Rahmenprogramms erzählte der Architekt Jan Liesegang von Projekten, die er als Mitglied des Kollektivs „Raumlabor Berlin“ gemeinsam mit seinen Kollegen geplant und zum Teil bereits realisiert hat. Voraussetzungen waren dabei etwa ein nicht aufgegangenes Stadtteilkonzept in Turin, das zu einer Ghettoisierung von Einwanderern geführt hatte, oder aber die Umgestaltungsprozesse im ehemaligen Werft- und Hafengebiet in Göteborg. Während im ersten Fall hauptsächlich mit Workshops gemeinsam mit den dort lebenden Menschen gearbeitet wurde, und aus dem Zwischennutzungsobjekt schließlich etwas Bleibendes entstand, rief im zweiten Beispiel vor allem die Herangehensweise der schwedischen Stadtplaner Verwunderung hervor. Denn der dort geplante Jubiläumspark, der 2021 eröffnet werden soll, erfährt durch die bereits jetzt umgesetzten Entwürfe von Raumlabor Berlin – einer nicht kommerziellen Sauna mit Allmende-Bad – einen Anfangsbaustein, dessen Konzept allem Anschein nach aufgeht: Auf Wochen sind die Saunier-Termine im Online-System bereits ausgebucht. Die Berliner Stadtplaner setzten auf das Motto „Don’t tell me, show me“, und nachdem eine Jury den Entwurf des Kollektivs ausgesucht hatte, wurde das Projekt auch schon in die Tat umgesetzt. Weitere Projektbausteine und Programme in dem Gebiet sollen folgen.

Wie lange es  dort denn mit den Baugenehmigungen gedauert habe, wollte an der Stelle Bärbel Langer, Künstlerin im KAT 18 wissen, einen Punkt aufgreifend, der hierzulande manchen Frust bereitet. Die genannte Zeit – zwei Monate – hätte zwar in ihren Augen noch kürzer sein müssen, rief jedoch in der Runde anerkennendes Raunen hervor – so kann es also auch laufen.

 


Klaus Heuser, Vositzender KuBiSt e.V. (li., Baudezernent Franz Josef Höing (re.)

Baudezernent Franz-Josef Höing referierte den aktuellen Status Quo des Projektes Parkstadt Süd, lobte wiederholt die Bürgerbeteiligung und bat die Vertreter der Bürgerinitiativen darum, auch in Zukunft dranzubleiben. Verschiedenen späteren Redebeiträgen war anzumerken, dass dieser Prozess von denen, die sich darin engagieren, noch immer als an vielen Stellen als intransparent wahrgenommen wird. Höing stellte allerdings auch offen klar, dass er Ideen und Anregungen von Initiativen und Bürgern ernst nehmen möchte, sie aber keinesfalls als Städteplaner oder Entwicklungsexperten für das neu entstehende Gebiet sieht.
Auch die in Liesegangs Vortrag vorgestellte Idee, irgendwo schonmal mit dem Umsetzen von Ideen anzufangen und das Gebiet sich nach und nach entwickeln zu lassen, konnte er nicht viel abgewinnen: Köln sehe ja schon jetzt an viel Stellen so collagenartig wie ein Flickenteppich aus.
Der verlängerte Grüngürtel aber, das scheint bereits in Stein gemeißelt, ist bei allen Planungen als unumstößlich „gesetzt“. Ein Punkt, der nicht von allen als ausschließlich positiv bewertet wird, denn die nicht kommerzielle Grünfläche lässt erahnen, dass, um aihn zu refinanzieren, der entstehende Wohnraum teuer verkauft werden muss – was sich wiederum in den Mietpreisen niederschlagen werde.
Offen blieb dadurch die Frage, wieviel Freiraum für Partizipation letztlich bleiben wird, wenn so viele unterschiedliche Interessen gegeneinander abgewogen werden müssen.  

 

Im Anschluss daran meldete sich erneut Bärbel Langer zu Wort und stellte klar, dass man nicht immerzu nur warten wolle – anfangen möchte sie.
Wo das tatsächlich auch funktionieren könnte, das klang in der Diskussion immer wieder an, sind mögliche Zwischennutzungsprojekte. Zwar wollte Höing nicht dazu aufrufen, illegal eine Halle zu besetzen, doch in der Tat besteht hier noch eine Grauzone, die auch schon zeitnah genutzt werden könnte und sollte. Auch wenn von Seiten der Stadt bislang nichts in diese Richtung geplant ist, scheint es Signale zu geben, dass man entsprechenden Projekten auch keine Steine in den Weg legen würde.
Barbara Förster vom Kölner Kulturamt bekräftigte, dass sie keinen Widerspruch zwischen konzeptionell gedachter Stadtplanung und inklusiven Ideenentwicklungen zur Zwischennutzung sieht.

So bleibt zwischen den Zeilen als Wahrnehmung die Botschaft: die Grauzone zu nutzen. Don’t tell – show.

Text: Nora Koldehoff

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