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Verkehr

Drahteseldemonstranten und PS-Polizisten – Eindrücke von der Fahrrad-Sternfahrt

Montag, 20. September 2010 | Text: Wassily Nemitz | Bild: Wassily Nemitz

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Es ist ein eher bescheidenes Grüppchen, das sich an diesem Sonntagmorgen vor dem Fahrradgeschäft Stadtrad versammelt hat. Es ist Sonntag, es ist 11 Uhr und an der Straßenecke Veledastraße / Bonner Straße lässt sich so verhältnismäßig früh kaum ein Passant blicken. Doch der ein oder andere verirrt sich hierher, langsam bildet sich eine Gruppe von vielleicht fünf Fahrradfahrern. Hinter der Scheibe von Stadtrad taucht der Kopf von Inhaber Peter Dedenbach auf, er zeigt in Richtung Werkstatteingang. Die fünf Gestalten, später werden sie ein paar mehr, fahren rein und schmücken ihre Fahrräder mit Luftballons. Dann fahren sie alle zusammen gen Süden.

 

Was ist hier los? Sind die von irgendeiner seltsamen Sekte? Nein! Das sind nur die ersten Teilnehmer für die 3. Kölner Fahrrad-Sternfahrt und unter den vermeintlichen Sekten-Angehörigen sind auch mit Jörg-Christian Schillmöller und Wassily Nemitz zwei Redakteure von „Meine Südstadt“, sowie die beiden Initiatoren des Südstadt-Portals, Andreas Moll und Dirk Gebhardt. Auf den Ballons steht „3.Kölner-Fahrrad-Sternfahrt“. Die eigentlichen Touren beginnen, man ahnt es schon, in den Kölner Außenbezirken und führen dann in die Innenstadt. Doch Stadtrad-Inhaber Peter Dedenbach bietet dieses Jahr zum wiederholten Mal an, zunächst gemeinsam nach Sürth und von dort aus wieder zurück in die Innenstadt zu fahren. „Beim letzten Mal sind wir zu sechst nach Sürth gefahren und waren auf der Rücktour in die Innenstadt auch nicht viel mehr“, erzählt er. Jetzt sind immerhin schon 14 Südstädter auf der Hinfahrt mit dabei und in Sürth angekommen, stoßen noch einmal gut zehn Leute dazu. Mit dabei ist auch ein Radler mit großem pinken Lastenfahrrad – darauf hat er einen riesigen Lautsprecher installiert und mit seinem Handy verbunden. Damit heizt er die Stimmung unter den Radlern an und sie fahren noch enthusiastischer als vorher wieder gen Innenstadt.
 

Begleitet werden sie dabei, weil es sich ja jetzt offiziell um eine Demonstration handelt, von der Polizei. Vorn und hinten fährt je ein Polizist im Schritttempo seltsamerweise auf einem Motorrad. Es soll auch so etwas wie Fahrradpolizisten geben – das wäre meiner Meinung nach bei einer Fahrraddemonstration mehr als angebracht. Allerdings wird diese kleine Eigenartigkeit durch die ausgesprochene Freundlichkeit der Polizisten ausgeglichen, auch wenn sie auf Motorrädern sitzen.
In Rodenkirchen auf dem Maternusplatz und an der Ecke Schönhauser Straße/Bonner Straße werden die Motorräder dann je noch mal kurz abgestellt, denn auch an diesen Stellen stoßen nochmal neue Radfahrer aus Brühl hinzu. Jetzt fahren schon immerhin geschätzte 40 Leute Richtung Rudolfplatz, und am Chlodwigplatz werden es noch einmal ein paar mehr. Dann geht es über die Ringe, wo es unter normalen Verhältnissen kein Radfahrer lange aushalten kann, wenn er nicht daran interessiert ist, seinem Leben ein Ende zu setzen. Inzwischen ziehen die Sternfahrer eine ganze Reihe Autos hinter sich her, die sich jedoch an diesem autofreien Sonntag den Zweirädern unterordnen und warten müssen. Am Rudolfplatz schlussendlich vereinigen sich dann  alle Radfahrerströme und drehen gemeinsam noch eine Runde durch die Kölner Innenstadt. Insgesamt fahren über 600 Radler mit den unterschiedlichsten Rädern über ansonsten von Autos stark frequentierten Straßen und rollen am Ende der Runde auf den Neumarkt, wo schon Informationsstände verschiedener Institutionen, wie dem Verkehrsclub Deutschland oder dem ADFC, aufgebaut sind. Außerdem steht eine etwas provisorisch aussehende Bühne auf dem Platz, auf der dann jemand, der so etwas wie der Hauptorganisator zu sein scheint, leider kaum verständlich mehr Rechte für den Radverkehr fordert. Auch Schirmherrin und Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes (SPD) wendet sich an die Menge. Der Hauptorganisator bittet mehrfach um „Klingel-Applaus“, wie er es nennt. Und den bekommt er auch, lauter als je zuvor bei einer Fahrrad-Sternfahrt: In diesem Jahr sind mit 600 Teilnehmern etwa doppelt so viele Fahrradfahrer erschienen als im letzten Jahr. Und im nächsten? Da sollten nach Möglichkeit 600 Leute sonntagmorgens um 11 vor Stadtrad warten, um mit Peter Dedenbach nach Sürth zu fahren. Und angesichts dieser Zahl darf möglicherweise sogar ein Motorrad-Polizist die Begleitung übernehmen. Also, wer ist dabei, am nächsten autofreien Sonntag?

 

Text: Wassily Nemitz

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