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Gesellschaft

„Du dumme Kuh!“ „He da unten! Grill aus!“ „RUUUUHEEEEE!!!!!“ Schlichten statt Richten – Schiedsamt in der Südstadt

Sonntag, 20. Juni 2010 | Text: Kathrin Rindfleisch | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Ja ja, lieben wir sie nicht alle, unsere Nachbarn?! Und wir Südstädter ganz besonders: Dicht an dicht leben wir mit ihnen, wenn´s denn sein muss, auch nur durch eine Art Pappwand von einander getrennt. Balkone mit Ausblick, Flure mit individuell-kreativen Deko-Unglaublichkeiten, Klavier um vier – morgens, Fernsehen, aber bitte, dass das ganze Haus hört, wer Millionär wird…
Schöne Viertel haben eben ihren Preis: wenig Fläche, eng bebaut und die charmanten Altbauten können über das Wort „Dämmung“ zwischen Fischgrätparkett und hübsch-verstuckten Zimmerdecken auch nur müde lächeln. Bei so viel Nähe passiert es dann halt: der Nachbar nervt! Zuerst ist es nur das Telefon, das man durch die Wand hört – nachts! Dann verschieben sich die nächtlichen Aktivitäten immer mehr Richtung Fernsehen und die Dauerwerbesendung beginnt allmählich, den wohlverdienten Schlaf zu rauben. Einem netten Versuch mit persönlichem Gespräch folgt das schon leicht genervte Klopfen gegen die Zimmerwand und steigert sich in ein Unwohlsein in den eigenen vier Wänden inklusive Hass auf den vermeidlichen Verursacher jenseits der Schlafzimmerwand.
Aber was tun?! Ausziehen? Miese Idee, in einem Viertel, in dem es zum guten Ton gehört, für die Dauer der Wohnungssuche den Job zu kündigen, um sich dann im kommenden halben Jahr voll und ganz der Suche nach der perfekten Wohnung widmen zu können…und müssen! Aus Wut über die Umstände – denn dafür, dass der Nachbar einen anderen Tagesrhythmus hat, kann man ja eigentlich schlecht wütend auf ihn sein – krank werden? Ganz schlechte Idee!

Die Lösung nerviger Nachbarschaftsstreits

Zum Glück gibt es eine Lösung! Darf ich vorstellen, unsere Frau in der Südstadt: Schiedsfrau Susanne Flimm! Als Person, die zuhört, in der Lage ist, sich in andere Menschen hinein zu versetzen und die nötige Distanz mitbringt, kann sie etwas besonders gut: den Streit anderer Leute schlichten! Und dabei ist sie weder Richter noch Henker, sondern sie macht das, wozu vor Gericht keine Zeit ist, sie hört zu! Und fragt nach. Gibt damit den jeweiligen Streitpositionen Raum, sich zu erklären und zu verstehen. Denn es ist im seltensten Fall Boshaftigkeit, die hinter einem Nachbarschaftsstreit steckt. Die nächtliche Fernsehbeschallung ist einfach die Konsequenz, die die neue Schichtarbeit mit sich bringt. Da will nur jemand runter kommen – und nicht seinen Nachbarn quälen! Das kommt auf den Tisch. In aller Ruhe und entspannter Atmosphäre. Im Zimmer der Privatwohnung der Schlichterin. Und im Gespräch bringen die Parteien die jeweilige Lösung gleich mit auf den Tisch. In diesem Fall sind´s Kopfhörer. Denkbar einfach. Aber so ist es meistens, wenn man mal in Ruhe drüber spricht. Und in Ruhe und ohne Forderungen und Druck von Außen kommt dann auch die über die Lippen, die, das weiß Susanne Flimm ganz genau, viel wichtiger ist, als jede Entschädigung: die Entschuldigung. Für das an den Kopf geworfene Wort, den Klopfterror, die Unterstellung. Sich zu entschuldigen setzt etwas sehr Wichtiges und für beide Parteien Lohnendes voraus: Eigenverantwortliches Handeln. So kann der Ausgang des Verfahrens – anders als bei Gericht – mitbestimmt werden. Der Abschluss eines Vergleichs ist aber auch harte Arbeit. Umso mehr ist ein Vergleich, in dem sich beide Seiten wiederfinden, eine zukunftsgewandte tragfähige Vereinbarung, die es wert ist, den Streit mit Rücksicht auf die bisherige gute Nachbarschaft zu vergessen.

Ein Ehrenamt mit Geschichte
Im gemeinsamen Gespräch mit Susanne Flimm und Ilse Stibbe, Bezirksvorsitzende des Bundes dt. Schiedsmänner und Frauen (BSD), erfahre ich viel über Nachbarschaftstreitigkeiten und eine in Arbeit erstickende Justitia. Über ein Ehrenamt, dass die Steuerzahler entlastet und einer Erfolgsquote von über 50%. Darüber, dass es das Schiedsamt schon seit über 180 Jahren gibt und das nur noch die Alten davon wissen. Und frage mich, warum eigentlich?! Warum wissen so wenige Bürger, dass einem im Fall eines Streites jemand hilft, der sich auskennt. Ganz unbürokratisch, schnell und mit ca. 35 EUR nach Ende des erfolgreichen, durch Vergleich abgeschlossenen Verfahrens, wirklich günstig. Dass man keine Rechtschutzversicherung braucht, oder einen guten Anwalt, um was zu bewirken, zu gewinnen. An Wohnqualität und guter Nachbarschaft.

Das soll sich ändern! Unbedingt! Und deshalb gibt es unter diesen Links Infos rund um die außergerichtliche Streitschlichtung, ein Ehrenamt, das wirkt – nachhaltig: www.schiedsamt.de oder unter www.streitschlichtung.nrw.de. Unter www.justiz.nrw.de findet man die jeweilig beauftragte Schiedsperson seines Bezirkes, für die Südstadt ist das eben Susanne Flimm.
 

 

Kommentare:

 

„…Herzlichen Dank für den, wie ich finde, erfrischenden und ansprechenden Artikel. Ich bin sicher, dass diejenigen, die ihn neugierig lesen auch bis zum Ende lesen werden, wo es weiterführende Hinweise zum Schiedsamt gibt…
…Wir möchten uns bei Ihnen und Herrn Dirk Gebhardt nochmals für die geschenkte Zeit und Ihr Interesse bedanken. Sie haben mit Ihrem Engagement bereits einen wertvollen Beitrag zur Unterstützung des Schiedsamts beigetragen.“

Susanne Flim

Text: Kathrin Rindfleisch

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