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Südstadt

Duschen mit Helene

Sonntag, 26. Mai 2013 | Text: Reinhard Lüke | Bild: Egon Steiner / CC-BY-SA

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

London hat ausgecallt. Endlich. War ja nicht mehr auszuhalten, mit welcher Penetranz es Radio- und Fernseh-Redakteure in den letzten Tagen wahnsinnig originell fanden, ihre Vorfreude auf das teutonische Finale gänzlich sinnfrei mit Joe Strummers Gassenhauer aus dem Jahre 1979 akustisch zu garnieren. Dabei hätte es doch wirklich Alternativen gegeben: Sinatras „A Foggy Day in London Town“, Joe Jacksons „Down to London“, Pet Shop Boys´ „London“ (oder den gleichnamigen Song von The Smiths´) und von mir aus auch Coldplays „Cemetries of London“. Nicht zu vergessen Ralph McTells Hit aus den frühen 70ern, „Streets of London“, der es, wie mir das allwissende Netz sagt, später sogar auf „Kuschelrock 2003“ geschafft hat. Irre! Kerzen und Räucherstäbchen an, CD rein und dann wohliges Abkuscheln zu einem Song über Bettler und Obdachlose. Aber selbst schuld, der Herr McTell. Wenn man die Klage gegen das Elend der Welt in einen eingängigen Ohrwurm packt, landet man eben auf „Kuschelrock“. „Blowin´ in the Wind“ war sicher auch schon drauf. Und mit „London Calling“ verhält es sich eben nicht anders. Wer im Text allerlei apokalyptische Gefahren für die Menschheit heraufziehen sieht und musikalisch daraus eine Hymne mit Mitgröl-Potential macht, wird zum Fußball-Helden.

Kuscheln mit Obdachlosen

Aber womöglich hat uns die Dauerbeschallung mit dem „Clash“-Klassiker ja auch der BVB eingebrockt. Vor dem Dortmunder Stadion hatten sie nämlich ein schwarz-gelbes Transparent mit „London Calling“ aufgehängt. Sowas rächt sich meistens. Diesmal in Gestalt von Helene Fischer. Am Samstag hab´ ich einer Randnotiz unserer Heimatzeitung entnommen, dass die Schlagertante angekündigt hatte, als BVB-Fan für die Dortmunder Kicker in London zu singen. Ganz gleich, wie das Spiel ausginge. Wann genau und wo, ging aus der Meldung nicht hervor. Bei der After-Spiel-Party oder womöglich doch gleich in der Umkleide? Unter der Dusche gar? Ich stelle mir das hart vor. Erst verlierst du ein Champions-League-Finale und dann singt auch noch Helene Fischer für dich. Mehr Strafe geht nicht. Denke ich mir jedenfalls. Vielleicht haben sie die Blondine aber auch wie die Gallier ihren Troubadix nach den ersten Tönen geknebelt und an den nächsten Laternenpfahl gebunden. Andererseits: Wer weiß schon, welche Musi unsere Fußballer in ihren monströsen Kopfhören spazieren tragen, die sie immer so lässig um die Hälse hängen haben? Schließlich hatte Übungsleiter Klinsi bei der WM 2006 doch allen Ernstes versucht, seine Buben in der Kabine mit der „Dieser Weg“-Schnulze unseres Esoterik-Barden Xavier Naidoo zu Höchstleistungen zu pushen. Hat nicht so richtig funktioniert.

Golfen im Trude

Für den Einzelhandel ist´s ja auch nicht gut gelaufen, das Wochenende. Überall gab es am Samstag Grillutensilien zu heftigst reduzierten Preisen. Logisch, da hatten sie völlig vernünftig kalkuliert, ans große Endspiel Ende Mai gedacht und beizeiten tonnenweise Grillgut geordert. Kohle en masse, Würstchen und diese Plastikbeutel mit, in undefinierbaren Matsch eingelegten, Tierteilen. „Mariniert“ nennen die sowas. Doch mit all den erhofften Draußen-Partys zum rollenden Leder wurde es nix. Viel zu kalt. Blieb das Zeugs halt in den Läden liegen. Trotz des Preisnachlasses. Glühwein wäre vermutlich gegangen wie nix. Kann man nichts machen. Solche Fehleinschätzungen passieren. Selbst Profis. Obwohl ich mich bisweilen doch wundere, was Discounter inzwischen so alles unter die Leute zu bringen versuchen. Bei Aldi gab´s schon Reitstiefel und die dazugehörigen Gerten (das passende Hottehü dazu womöglich im Online-Shop) sowie komplette Golfausrüstungen. Nicht nur in ausgewählten Filialen in Hahnwald und Marienburg, sondern in der ganzen Südhälfte der Republik. Verstehe ich irgendwie nicht. Ist Golfen jetzt Volkssport? Kann nicht sein. Zumindest sind mir bisher weder im Trude-Herr-Park noch im Volksgarten Bälle dieser Art um die Ohren geflogen. Was sie in der Filiale in der Severinstraße seit Wochen allerdings überhaupt nicht loswerden, sind Kameras mit eingebautem Bewegungsmelder. So Apparate, die jedes Mal ein Foto schießen, sobald ihnen irgendeine Action vor die Linse gerät. Auch nachts. Bislang kannte ich diese Dinger nur aus dem Fernsehen. Von irgendwelchen Tierforschern, die diese Kameras schonmal in der Eifel an Bäume schnallen, immer in der Hoffnung, dass da mal ein Luchs oder ein Problembär vorbeischlurfen möge. Schön und gut. Aber wozu in aller Welt braucht ein Innenstadtbewohner sowas? Nun gut, ich wüsste manchmal auch gern, woher unser Stubentiger mit Freigang nächtens immer all die Mäuse anschleppt, die er netterweise als Geschenk vor der Terrassentür ablegt. Aber dazu müsste ich ihm so eine Kamera schon auf den Rücken schnallen. Was er defintiv nicht mögen würde. Aber vielleicht hilft so eine Kamera ja bei der Identifizierung von Einbrechern. Falls sie so nett sind, an dem Apparat vorbei zu schleichen.    

Köln klaut

Ich bin unlängst auch mal wieder bestohlen worden. Von der Stadt Köln. Da biege ich dienstags frohgemut ums Eck, will in mein Auto steigen, da ist es nicht mehr da. Stattdessen steht da auf dem Parkplatz hinter der Severinskirche, wo ich es am Samstag Nachmittag abgestellt hatte, eine überdimensionierte Frittenbude mit der Aufschrift „Catering“. Nö, ne?! Ich bin ja im Prinzip sehr dafür, dass in Köln permanent irgendwas gedreht wird, freue mich jedes Mal wie Bolle, wenn ich den Dom im Fernsehen sehe und falls es die Südstadt mit all ihrem Liebreiz irgendwann zur Oscar-Verleihung schaffen sollte, wäre niemand stolzer als ich. Aber wenn ich dafür genötigt werde, täglich nachzuschauen, ob mein rechtmäßig abgestelltes Vehikel mit gültigem Anwohnerausweis nicht plötzlich im absoluten Halteverbot steht, weil die Stadt in ihren Geldnöten mal wieder beschlossen hat, einen öffentlichen Parkplatz kurzfristig als Gewerbefläche zu verhökern, hört der (Film-) Spaß doch irgendwie auf. Vor allem, wenn die eminent fleißigen Mitarbeiter des Ordnungsamtes es nichtmal für nötig halten, kurz anzurufen, um einen auf die veränderte Sachlage hinzuweisen oder nicht bereit sind, den Gewaltmarsch von 90 Metern auf sich zu nehmen, um an der Haustür zu klingeln. „Die klingeln aber eigentlich immer“, sagte die freundliche Dame vom Amt am Telefon, die mir netterweise einen Tipp gab, wo ich mein Gefährt gegen Bares abholen könne. Da sei ich wohl nicht daheim gewesen, sagt sie dann noch. Hallo!? Ich war zum fraglichen Zeitpunkt der Abschlepperei sowas von daheim. Nicht nur ich. Frau, Sohn und Katze waren auch da. Da hat nichts gebimmelt. Weder Telefon noch Türklingel. Was ich dem Amtsschimmel nur noch beweisen muss. Vielleicht sollte ich doch mal über so eine Überwachungskamera nachdenken. Bei Aldi müsste es noch welche geben.
 

Text: Reinhard Lüke

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