Edelweißpiraten-Erinnerung im Volksgarten
Mittwoch, 5. Mai 2021 | Text: Judith Levold | Bild: Judith Levold/NS Dokumentationszentrum Köln
Geschätzte Lesezeit: eine Minute
Im Volksgarten in der Südstadt wird künftig der Edelweißpiraten gedacht. Das hat die Bezirksvertretung Innenstadt in ihrer jüngsten Sitzung ohne Gegenstimme beschlossen.
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Kartäuserkirche – Evangelische Gemeinde KölnUm an die so genannten „unangepassten“ Jugendlichen zu erinnern, die neben ihrer Naturverbundenheit vor allem während der NS-Zeit das freiheitliches Denken, auch in ihrem Liedgut und beim gemeinsamen Singen hochhielten, werden zwei Gedenk-Stelen aus Stahl aufgestellt. Die Kosten von 3000€ dafür kommen aus Mitteln der Stadtverschönerung aus dem Bezirk Innenstadt.
NS-Dokumentationszentrum beteiligt
Text, Grafik und Bilder für die Info-Tafeln an den Gedenk-Stelen konzipierten MitarbeiterInnen des NS-Dokumentationszentrums, das auch die Kosten von 2500€ dafür übernimmt. Vielen dürfte unbekannt sein, dass sich die Edelweißpiraten im Volksgarten regelmäßig in großen Gruppen trafen und einige von ihnen sogar genau dort, am Eifelplatz, 1942 verhaftet und anschließend in der Gestapo-Zentrale EL-DE-Haus verhört und misshandelt wurden. Im Folgenden ein Auszug aus dem Infotext:
Volksgarten war Treffpunkt der Jugendlichen
Während der gesamten NS-Zeit war der Volksgarten mit seinem »Rosengarten« der wohl wichtigste Treffpunkt für unangepasste Jugendliche in Köln. Hier trafen sie sich unter der Woche, während die Wochenenden für Fahrten und Wanderungen ins Umland reserviert waren. Im Laufe der Jahre bildeten sich immer neue »Volksgarten- gruppen«, während sich andere durch Einberufungen zum Reichsarbeitsdienst und zur Wehrmacht auflösten.
Die aktivste dieser Gruppen fand sich in den Jahren 1941/42 zusammen, als sich im Volksgarten oft bis zu 200 Edelweißpirat*innen trafen, um hier abseits von Kriegsalltag und Drill selbstbestimmt die ihnen verbliebene Freizeit zu verbringen. Dieser innerstädtische Ort entsprach in besonderer Weise dem Lebensgefühl der unangepassten Jugendlichen. Hier konnten sie ihre Naturverbundenheit leben und ihre Lieder singen, womit sie ihren Drang nach Unabhängigkeit zum Ausdruck brachten. Damit standen sie in hartem Kontrast zum NS-Regime und provozierten insbesondere die Hitlerjugend, die Großveranstaltungen und vormilitärische Erziehung propagierte.
(…)
Die Gruppen der Unangepassten lehnten Gleichförmigkeit ebenso ab wie jede Form von Ausgrenzung. Entsprechend »bunt« setzten sie sich zusammen: Karl »Schicko« Gilles aus Bickendorf etwa war ein typischer »Fahrtenjunge« ohne weitergehende politische Ansprüche. Gertrud »Mucki« Kühlem (spätere Koch) hingegen, die zeitweise sein »Fahrtenmädchen« war, betätigte sich auch im Widerstand, ohne dass das ihre Freundschaft beeinträchtigte. Wolfgang Ritzer kam aus Deutz in den Volksgarten, die »schwarze Käthe« Thelen stieß aus Nippes dazu und Harry Schwabe aus Longerich. Sie alle und die übrigen Edelweißpirat*innen waren ausgeprägte Individuen, bildeten jedoch eine ungezwungene und zugleich verschworene Gemeinschaft. Als solche wurden sie von Hitlerjugend und Gestapo verfolgt. (…)
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Kommentare
Schöne Aktion auf Initiative der Bezirksvertretung Innenstadt! Es ist aber falsch, den historischen Begriff »Edelweißpiraten« zu gendern und auf der Stele »Edelweißpirat*innen« zu schreiben. Man schreibt ja auch nicht »Römer*innenpark« oder »Hohenzoller*innen«! Mucki Koch, zu deren Lieblingsorten der Rosengarten gehörte und, die selbst Freundinnen als »guten Kamerad« lobte, würde das sicher nicht durchgehen lassen.
Endlich. Es ist schön peinlich wie lange die Stadtverwaltung sich dafür Zeit gelassen hat.
Ein Denkmal für die Edelweißpiraten hätte schon vor Jahrzehnten aufgestellt werden müssen.