Ein Festival für die Jugend
Montag, 2. Mai 2011 | Text: Stephan Martin Meyer | Bild: Dirk Gebhardt
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Die Theaterspiele haben begonnen. Am vergangenen Sonntag wurde Westwind, das Kinder- und Jugendtheatertreffen NRW, feierlich im Comedia Theater eröffnet. Mit musikalischer Untermalung richteten die Redner ihre Grußworte und Wünsche an das im Saal versammelte Publikum. Ute Schäfer, Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen war aus Düsseldorf angereist und forderte in deutlichen Worten mehr Integration im Theaterbereich: Wir brauchen für alle Kinder den Zugang zu Kunst und Kultur. Sie unterstrich die Bemühungen der Landesregierung, die kulturelle Bildung als zentrales Instrument der Integration anzusetzen.
Auch Professor Dr. Wolfgang Schneider, Vorsitzender der ASSITEJ, der internationalen Vereinigung des Theaters für Kinder und Jugendliche, schlug in diese Kerbe. Produktionen und Publikum seien bunt und kulturell durchmischt. Doch das Personal der deutschen Theater sei weiterhin deutlich im Rückstand. Die Förderung des migrantischen Nachwuchses müsse endlich vorangetrieben werden.
Diese Forderungen sind nicht neu. Angesichts der 50 Prozent der Kölner Kinder und Jugendlichen, die aus Familien mit Migrationshintergrund kommen, müssen gute Konzepte entwickelt werden. Die Menschen müssen in den laufenden Kulturbetrieb eingebunden werden. Denn nur so wird eine fundierte Integration nachhaltig erreicht.
Bis Samstag steht das Comedia Theater in der Vondelstraße ganz im Licht des Kinder- und Jugendtheaters. Elf Inszenierungen wurden im Vorfeld von einer Jury ausgewählt und zum Wettbewerb eingeladen. Auf sie warten vom Land NRW zur Verfügung gestellte Preise in einer Gesamthöhe von 10.000 Euro. Darüber hinaus verleiht eine eigene Jury aus Kindern und Jugendlichen die Publikumspreise an ihre Favoriten. Rund um das Festival findet zudem ein buntes Rahmenprogramm statt, das eine Reihe von Diskussionen und Vorträgen, Workshops und Inszenierungsgesprächen zu allen im Wettbewerb vertretenen Stücken bietet.
Zur Eröffnung des Festivals führten die Belgier Koen De Preter und Maria Ibarretxe ihre Tanzperformance While things can change als Deutschlandpremiere auf. Mit viel Humor und zahlreichen Anspielungen auf Filme und Musicals erzählen sie die Geschichte zweier Jugendlicher in den USA, die sich im Strudel hormongesteuerter Annäherung befinden. Sie singen und musizieren, sie sind gelangweilt und begeistert, und vor allem tanzen sie immer wieder umeinander herum. Mit ungewöhnlichen Bewegungen und fast ohne Sprache drücken sie sehr eindrucksvoll das Gefühlsleben junger Menschen aus, die sich noch nicht in den eingefahrenen Schienen erwachsener Beziehungen bewegen.
Die beiden sehr jungen Darsteller geben einen intimen Einblick in ihre Welt. Jede Minute ist ein Vergnügen und ihr Können macht Lust auf mehr. Zugleich strahlt die Inszenierung gespannte Ruhe aus, die sich auch zum Ende nicht in einer großen Eruption löst, sondern die Zuschauer emotional aufgeladen in den Abend verabschiedet. Das Stück ist ein Beweis dafür, dass Theater für Jugendliche auch jenseits der Sprache bestens funktioniert. Mit den Worten einer jugendlichen Zuschauerin klingt das dann so: Es ist schade, dass das Stück schon vorbei ist. Ich hätte denen noch viel länger zusehen können.
So hat Westwind einen phantastischen Auftakt erlebt, der eine spannende Woche erwarten lässt. Theater aus ganz NRW werden Stücke für Kinder und Jugendliche von 2 bis 18 Jahren auf die Bühnen des Comedia Theaters bringen, darunter sind eine ganze Reihe Uraufführungen, mit denen die besondere Relevanz des Theatertreffens zum Ausdruck gebracht wird. Ein hochkarätiges Fachpublikum wird die Schauspieler dabei genau unter die Lupe nehmen und die sechsköpfige Jury sich ein kritisches Bild von der Theaterszene in unserem Land machen.
Besondere Aufmerksamkeit gilt zudem den Jurys aus Kindern und Jugendlichen, die die Publikumspreise vergeben. Neun Kinder und fünf Jugendliche werden sich die für ihr Alter empfohlenen Stücke ansehen, bevor sie die Entscheidung über ihre Lieblingsstücke treffen. Eine anspruchsvolle Aufgabe, die die Schülerinnen und Schüler wohl mit Verantwortung meistern werden.
Leider hat es in die Jurys so gut wie keiner mit Migrationshintergrund geschafft. Dabei leben auch in der Südstadt viele Kinder und Jugendliche, deren Eltern oder Großeltern seinerzeit nach Deutschland eingewandert sind. Da bekommen die Worte von Ute Schäfer und Wolfgang Schneider eine diskussionswürdige Bedeutung. Denn Integration muss durch alle gesellschaftlichen und kulturellen Bereiche gehen.
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