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Kultur

Ein Hauch von New York in der Südstadt

Dienstag, 19. Januar 2016 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Wenn sie die winzige Bühne in der „Torburg“ einnimmt, die ersten Klänge angestimmt werden und sich ihre Stimme erhebt, dann weht ein Hauch von New York durch die Südstadt – und das Publikum ist fasziniert. Die Rede ist von der afro-amerikanischen Sängerin Wrecia Ford. Einmal im Monat rockt sie die „Torburg“. Wir waren dabei.?

Um mit Wrecia Ford einen Termin zu machen, habe ich Hülya und Martin Wolf angerufen. Ich sagte, dass ich gerne ein Interview mit Wrecia Ford führen wolle. Charmant sagt Hülya: „Ja, mit Riescha!“. So wird der Name nämlich ausgesprochen: R – langes i – sch – und ein a. Nicht wie ich es formuliert hatte! Ooops! „Es gibt nur ein Problem,“ sagt Hülya „Sie spricht nur Englisch“. Das ist für uns aber natürlich gar kein Problem! Wir verabreden uns für das nächste Konzert und ich lerne Wrecia kennen, als sie sich gerade für ihren Auftritt vorbereitet. Es ist noch eine Stunde hin bis zum Beginn des Konzerts. Alle Bandmitglieder sind mit dem Aufbau der Instrumente, Technik oder sich selbst beschäftigt. 

 

„Unser Programm heute ist anders als sonst. Ein paar Kollegen mussten kurz vor dem Konzert aufgrund von Krankheit und Unfällen absagen. Die Frage war also: absagen oder improvisieren?“ erzählt Wrecia. Die resolute Sängerin hat sich für das Improvisieren entschieden. Sie ist eben professionell. Die Kollegen und Freunde Claudine, Sonja und Akanni sind spontan eingesprungen. Sie haben gesagt, wenn du uns brauchst, sind wir da. Claudine, Sonja und Acony studieren noch schnell ein paar Takte ein. Ralf (Mundharmonika) feilt an der Technik, Dirk stellt sein Schlagzeug ein. Thilo zupft an seiner Gitarre und Michael spielt ein bisschen an der Orgel herum.

?Dann geht es los. Wrecia hat sich umgezogen. In ihrem kurzen, schwarzen Samtkleid mit weißer Rüschenbluse, schwarzem Jäckchen und kniehohen, schwarzen Stiefeln ist sie eine imposante Erscheinung. Ihre Stimme ist gewaltig, facettenreich und voller Energie. Über zwei Flachbildschirme wird ihr Auftritt in den hinteren und vorderen Bereich der Torburg übertragen, denn der Zuschauerraum ist rappelvoll. Gleich beim ersten Song bewegen sich alle im Takt mit. Sie beginnt mit einem Gospel: „Gospel heißt ‚Gute Nachricht’,“ klärt Wercia uns auf und bittet alle zunächst, ihren Nachbar zur rechten zu begrüßen. Kleines Ice-breaking.??

Beim dritten Song der gebürtigen New Yorkerin kocht die Torburg. Ein älteres Paar sitzt an einem Tisch in der Ecke. Es sind Stammkunden in der Torburg. Sie wussten nicht, dass es heute Abend ein Konzert gibt, sind aber begeistert von der Musik und trommeln im Takt auf den Tisch. Ralf hat ein Solo auf der Mundharmonika und tritt hervor. Auf der winzigen Tanzfläche legt er eine Tanzeinlage hin. Bei dem Song „Down by the river side“ ist das Publikum gefragt. Wrecia heizt ihr Publikum an und das singt mit.

In der Torburg, dem etwas größeren Wohnzimmer, herrscht eine familiäre Atmosphäre. Die Bühne ist zwar klein, aber auf den Brettern stehen wechselnde internationale Künstler, die die Kneipe in einen Musik-Club verwandeln. Wrecia kreiert mit ihrer Stimme unterschiedliche Stimmungen. Bei „Mary Did You Know“ ist der Gänsehaut-Effekt perfekt. Wrecia bittet spontan ihre Backgroundsänger, zu ihr zu kommen. Sie stehen nun direkt vor der Bühne. Wrecia singt mit ihnen. Sie singen verschiedene Soli – es ist sehr emotional. Der Kontakt zu ihrem Publikum ist Wrecia sehr wichtig.

Die Backgroundsängerinnen Claudine und Sonja.

 

Ende der 90er Jahre ist die Sängerin nach Deutschland gekommen. Köln ist die Home-Base der auf internationalen Bühnen auftretenden Sängerin und Songwriterin. „Wisst ihr, Liebe kostet nichts. Ein Lächeln oder eine Geste können das Leben eines Menschen verändern“. Wrecia spricht über Nächstenliebe und teilt auf berührende Art ihre lebensbejahende Einstellung mit. Ihre schwarzen Locken wippen bei jedem Wort energisch. Bei „Halleluja, my son“ knistert es förmlich in der Torburg. Man spürt die tiefen Gefühle in Wrecias Stimme. Wrecia meint jedes Wort ernst. Sie ist authentisch. Sie erzählt aus ihrem Leben. Mit fünf Jahren hat sie angefangen zu singen. Als sie sieben war, hatte sie einen bedeutungsvollen Auftritt in einer Gospelkirche. Über ihren ersten Soloauftritt berichtet sie in der Torburg so: „Ich habe das Lied ‚Didn’t It Rain’  über Noahs Arche gesungen. Ich habe geweint und ganz leise gesungen. Dann habe ich plötzlich immer lauter gesungen. Es war als ob ich dieses Lied lebte, als ob ich in dem Lied drin wäre. Ich habe vergessen, dass ich in der Kirche stand vor so vielen Menschen.“. Dies war wohl der Anfang ihrer Karriere.?

Wrecia sagt, die Musik habe sie gefunden. Sie hat sich vieles selber beigebracht und auch mit unterschiedlichen Mentoren gearbeitet. ‚On-The-Job-Training’ nennt sie das. Ein Jahr lang hat sie mit einer Opern-Sängerin gearbeitet, sie hat ihre eigenen Bands gegründet und viele Konzerte in den unterschiedlichen Clubs in New York gegeben. Lange hat sie im legendären „China Club“ gesungen. Sie hat bei vielen Plattenproduktionen mitgewirkt, ihre eigenen Platten aufgenommen und ist schon durch die ganze Welt getourt. „Egal, was ich singe. An Ende wird Soul daraus,“ lacht Wrecia. „Ich singe Covers, aber ich bin keine Cover-Sängerin. Ich komponiere auch eigene Lieder. Wenn ich ein Cover singe, dann habe ich dieses Lied ausgesucht, weil ich eine Beziehung dazu habe. Und weil es einfach sehr viele gute Lieder da draußen gibt. Wenn ich selber komponiere, dann sitze ich manchmal viele Stunden an einem Lied und manchmal nur 10 Minuten.“ beschreibt Wrecia ihr Repertoire. Aktuell arbeitet sie an einer neuen Platte und nimmt gerade die ersten sechs Lieder auf.

?Seit einem Jahr tritt sie regelmäßig in der Torburg auf. Sie lädt zur „Soul Night“ ein. Diese Konzerte bedeuten ihr  viel: „Die Torburg ist einfach großartig. Ich liebe sie. Und Hülya und Martin sind toll. Die Leute kommen, um  Musik zu hören.“??

 

Das nächste Konzert von Wrecia Ford gibt es am 28. Januar 2016 um 20:30 Uhr in der Torburg, Kartäuserwall 1, 50678 Köln.

 

?Mehr im Netz?

www.aldorado-records.com/themessage/

Text: Aslı Güleryüz

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