Erinnerungen an Familienreisen
Samstag, 24. September 2011 | Text: Kathrin Rindfleisch
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
– zwischen Fußraumverlust und StadtLandFluss.
Neulich haben wir ein Retrowochenende verlebt. Nicht, dass das angesagt war. Angesagt war eine gemeinsame Fahrt an den Neckar, zum Bruder. Als ich vor Wochen diesem Trip zusagte, freute ich mich auf zwei Tage mit meinen Eltern, meiner Schwester, dem so oft viel zu weit entfernten Bruder und seiner Freundin und natürlich Smilla.
– zwischen Fußraumverlust und StadtLandFluss.
Neulich haben wir ein Retrowochenende verlebt. Nicht, dass das angesagt war. Angesagt war eine gemeinsame Fahrt an den Neckar, zum Bruder. Als ich vor Wochen diesem Trip zusagte, freute ich mich auf zwei Tage mit meinen Eltern, meiner Schwester, dem so oft viel zu weit entfernten Bruder und seiner Freundin und natürlich Smilla.
Ein Wochenende, das sind zwei Nächte, eine Fahrt in die Weinberge samt Weinfestbesuch, ein Tag Picknick im Park und wieder zurück. Das Wetter hatte laut Vorhersage nur Gutes vor, die Plan B-Garderobe konnte also getrost zu Hause gelassen werden. Warum um Alles in der Welt, fragte ich mich, war das Auto dann bis oben hin bepackt, mein Vater jetzt schon nervös und meine Mutter schon wieder in diesem gereizt lauten „Ach-Toni“-Modus. Ich quetsch mich auf den Rücksitz zwischen schmalem Kind in breitem Sitz und Schwester (in deren Zusammenhang ich mich hüte, Adjektive wie breit oder schmal zu verwenden), hebe meine Beine an (weil der komplett zugestellte Fußraum mich dazu zwingt), mein Vater hält vom Beifahrersitz aus die erste Flasche Wasser nach hinten, noch bevor der Motor gestartet ist und unwillkürlich fühl ich mich wie vierzehn. Eine fünfköpfige Familie im japanischen Mittelklassewagen, da hatte selbst die Sonntagsfahrt zur Kaffee-und-Kuchen-Tante etwas von Drei-Wochen-Rimini-für-Selbstversorger. Zu den Urlaubsreisen nach Spanien (Italien war einfach nicht weit genug weg) glich der japanisch geräumige Toyota (oder woher kommt nochmal der Begriff „Bonsai“?) einem Umzugswagen kühner Auswanderer – alles muss mit, wer weiß, was es dort gibt, dort, am anderen Ende der Welt.
Zehn Stunden hochgezogene Knie, eingequetschte Beckenknochen und kurzzeitige Versorgungsengpässe zwischen dem Fahrerraum und dem Rücksitz aufgrund zugebauter Mittelkonsole, sind mir also durchaus vertraute Umstände, mit dem heutigen Abstand allerdings bleibt mir die Notwendigkeit einer Oberbettenausstattung wie die eines Mittelklassehotels in der Eifel oder auch die Mitnahme einer echten Rheinischen Schinkenwurst, fraglich. Am Zielort angekommen, löst sich angesichts des überaus ansehnlichen Oberbettenarsenals meines Bruders die Frage auch nicht auf, mein erster Griff zur Schinkenwurst am Frühstückstisch allerdings macht zweite Frage überflüssig.
Aber zurück zur Rückbank. Enge, der Mund voll Süßem und die Frage „Wann sind wir daa?“ lassen seit jeher eine leicht bis mittelschwer gereizte Stimmung auf so engem Raum schwer vermeiden, helfen konnten da immer nur Eines: Autofahrspiele! Ach, da lacht mein Retroherz, von Nummernschilderraten über Ichsehewaswasdunichtsiehst, bis hin zu TiernamenratenmitdemletztenBuchstaben. Das Alles musikalisch untermalt von Udo Jürgens und schlagartig vergesse ich schmerzende Knie und schmale Schwester neben mir. Aber, was ist das? Schwester (grad 24) zückt iPhone, Tochter (fast 4) ist begeistert und Mutter (fast 34) empört. Aber worüber eigentlich genau? Über die noch-spielende Schwester? Die schon-spielende Tochter? Oder am Ende über die selbst ewig Gestrige, die ein langatmiges IchpackemeinenKoffer einem kurzweiligen Computerspiel vorzieht.
Und so sitzen sie vereint, eingequetscht auf der Rückbank: Tochter, Mutter, Schwester. Malen ohne Stifte bunte Bilder auf dem iPhone, suchen per Touchscreen Farben aus und raten „HundKatzeMaus“, was da gerade gezeichnet wird. Eine Retrotour, sag ich doch: die Montagsmaler haben schon vor zwanzig Jahren auf Bildschirmen gekritzelt und im Hintergrund versucht`s Udo wie eh und je „einfach geradeaus: Bitte bleib doch zum Frühstück!“ Am Ende erreichen so das Ziel bevor die Beine taub sind, mit „Montagsmalern“
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