Experimente. Leben. – Ein Besuch an der Kunsthochschule für Medien Köln, KHM
Freitag, 4. Juli 2014 | Text: Gastbeitrag | Bild: Tamara Soliz
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Um Experimente soll es gehen an diesem Abend genau genommen um solche, die erfolgreich waren. Die Kunsthochschule für Medien Köln kurz KHM am Filzengraben hat zum Feiern geladen. Das Motto Unentwegt unterwegs vom/zum Experimentieren. Der Anlass: Seit zehn Jahren gibt es die Reihe Best of KHM Movies, in der Absolventen ihre ersten langen Spielfilme zeigen, die nach dem Studium an der KHM entstanden sind.
Große Anstrengungen gehören nicht dazu, einem solchen Projekt sei es im Kino oder im Fernsehen zu begegnen. Die Dokumentation Tour du Faso von Regisseur Wilm Huygen über das größte Radrennen Afrikas läuft am kommenden Mittwoch (9. Juli) in der Filmpalette. Der Debütfilm Die Besucherin von Lola Randl war 2008 auf der Berlinale zu sehen. Und den Moderator Ralph Caspers kennen nicht nur diejenigen, die Kinder im mausfähigen Alter haben: Inzwischen moderiert er auch Fernsehshows am Samstagabend und so allerlei, bei dem es darum geht, in den Bauch gefragte Löcher möglichst durch Ausprobieren wieder zu stopfen.
Film-Still aus „Tour du faso“ von Wilm Huygen
Experimente dieser Art sind an diesem Abend allerdings nicht gefragt, wie der Rektor der KHM, Hans Ulrich Reck, eingangs erklärt. Es gehe vielmehr darum, im Alltäglichen das Besondere aufzuspüren und dort als Künstler einzugreifen, gleichsam testend zu erforschen. Kein Kitsch, sondern Kunst. Die auf der Bühne sitzen, haben es geschafft. Randl und Caspers, dazu der Produzent Jörg Siepmann, der Videokünstler Mischa Leinkauf und die Autorin und Filmemacherin Ruth Olshan.
Fast alle haben im Berufsleben das weitergeführt, was sich die KHM auf die Fahnen geschrieben hat: den interdisziplinären Ansatz. Will heißen: Nicht Regisseur oder Produzent, sondern Regisseur und Produzent, Cutter, Kameramann, vielleicht auch Animationskünstler und Drehbuchautor. Wie alltagstauglich das ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Olshan meint, irgendwann müsse man sich entscheiden, für ein Talent, für das, womit man sein Geld verdient. Siepmann erklärt, er werde erst dann so richtig kreativ, wenn er sich mit mehreren Dingen beschäftigen könne. Auch Randl findet es angenehm, wenn man als Filmemacher in was reinrutschen kann.
Eine Entdeckungsreise durch das nächtliche Berlin, bei der durch den sonderbaren Umgang mit öffentlichem Raum Bekanntes zu Unbekanntem wird. / Bild: Mischa Leinkauf
Überhaupt: Lauter Reinrutscher hier, stellt Leinkauf, der Videokünstler, irgendwann fest. Er selbst zählt sich auch dazu und erzählt, irgendwann hätten er und sein Projektpartner Matthias Wermke einfach mal die Kamera mitgenommen auf ihre Streifzüge durch die Stadt und eine Warnweste. Die nämlich besitze neben ihrer Tauglichkeit als Teil der Installation eine weitere, wichtige Eigenschaft: Man kommt fast überall durch. So sind unter anderem die Filmszenen mit der Schaukel entstanden: unter Brücken, in U-Bahn-Schächten und sogar neben dem Fernsehturm in Berlin. Den beiden Künstlern geht es dabei um den Versuch, Stadträume anders zu nutzen.
Auch etwas anderes wird an diesem Abend deutlich: Die KHM bleibt für viele ihrer Absolventen ein Anlaufpunkt – nicht nur, wenn gefeiert und weiter an den Netzwerken geknüpft werden kann (viele werden aus diesem Grund an der Theke später alkoholfrei ordern). Randl zum Beispiel hat sich für ihre aktuelle Serie Landschwärmer über die Sehnsüchte von Städtern unter anderem einen Protagonisten von der KHM vor die Kamera geholt, und auch Siepmann erklärt, er habe oft mit Studierenden und Absolventen der Hochschule zusammengearbeitet.
Nicht immer hat dies ausschließlich ideelle Gründe. Das Geld fließt meist projektbezogen und damit nicht immer so, wie man es braucht. Leinkauf arbeitet nebenher als Kameramann oder Cutter und auch die Autorin und Regisseurin Olshan kommt immer wieder auf das Thema zurück. Miete muss gezahlt, Lebensunterhalt bestritten werden. Wissendes Nicken. Und dennoch: Das Experimentieren geht weiter. Die Videokünstler jedenfalls sind bereits wieder unterwegs, um ein Projekt umzusetzen, das lange geplant, aber keineswegs gesichert ist. In New York. Mit Warnweste. Und Kamera.
Kathrin Baumhöfer wohnt in der Südstadt, hat aber immer noch einen Koffer in Berlin, wo sie mehrere Jahre gelebt und gearbeitet hat. Studium der Medizinischen Biologie in Amsterdam, mittlerweile beim Hörfunk, und schon immer mit einem Faible für das geschriebene und gesprochene Wort.
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