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Kolumne

Extrem laut und unglaublich voll: Taxifahren in Südafrika

Sonntag, 7. Oktober 2012 | Text: Wassily Nemitz

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Motor an, Musik an, Gas geben: So läuft es immer ab, wenn ich hier in ein Taxi steige. Sei es die allergrößte Schrottkarre – die Anlage funktioniert immer. Taxifahren: Daheim in Deutschland mache ich das nur, wenn es gar nicht anders geht. Gar nicht anders geht es zweimal im Jahr, höchstens.

Hier in Südafrika ist das Taxi ein Teil des Alltags: „Will you walk or take a taxi?“ – das ist eine der meistgestellten Fragen. Bemerkenswert schon die erste Fahrt vom Flughafen Johannesburg: Ein Toyota-Minibus mit vierzehn Sitzen plus Fahrer und ebenso vielen Lautsprechern plus Subwoofer unter der letzten Sitzreihe. Grundausstattung eben.

Motor an, Musik an, Gas geben: So läuft es immer ab, wenn ich hier in ein Taxi steige. Sei es die allergrößte Schrottkarre – die Anlage funktioniert immer. Taxifahren: Daheim in Deutschland mache ich das nur, wenn es gar nicht anders geht. Gar nicht anders geht es zweimal im Jahr, höchstens.

Hier in Südafrika ist das Taxi ein Teil des Alltags: „Will you walk or take a taxi?“ – das ist eine der meistgestellten Fragen. Bemerkenswert schon die erste Fahrt vom Flughafen Johannesburg: Ein Toyota-Minibus mit vierzehn Sitzen plus Fahrer und ebenso vielen Lautsprechern plus Subwoofer unter der letzten Sitzreihe. Grundausstattung eben.


Es gibt zwei Wege, hier ein Taxi zu nutzen. Möglichkeit 1: An der Hauptstraße warten, bis eins vorbeikommt. Nicht selten ist das weiße Gefährt aber proppenvoll, und der Fahrer rauscht lachend vorbei. Möglichkeit 2: Du rufst einen Fahrer an, den Du kennst. Mit etwas Glück hat er Zeit, ist in der Nähe und kommt vorbei. Das Problem: Willst Du mit weniger Leuten fahren, als theoretisch in das Taxi passen, zahlst Du entweder die Differenz oder musst mehr Kunden finden. Nicht immer einfach. Hat der Fahrer keine Zeit, kennt er jemanden, der jemanden kennt – und der kommt dann vorbei.

Laut Fahrzeugschein sind die meisten Taxis hier bis zu 14 Personen zugelassen. Sind tatsächlich 14 Personen in einem Wagen, dann ist das nach meinen Erfahrungen hier noch angenehm leer. Letzte Woche fuhr ich nach Ohrigstad. Das ist 20 Kilometer entfernt, und dort gibt es ein Postamt. Auf der Rückfahrt nutzte ich ein Taxi. Der Vorteil in Ohrigstad: Dort gibt es ein „Taxi rank“, und nach Kgautšwane fahren regelmäßig Taxen.

Ich ging zum vordersten Wagen und stieg ein – mit drei Paketen aus Deutschland bepackt. Unglücklicherweise war ich der erste und saß in der letzten Reihe am Fenster. Nach und nach stiegen weitere Fahrgäste ein, letzten Endes saßen 19 Personen im Kleinbus. Ich stapelte meine drei Pakete und meine Tasche auf dem Schoß, die Rückenlehne der Vorderreihe presste mir die Beine zusammen. Neben mir saßen drei Männer mit Bierdosen in der Hand und unterhielten sich aufgeregt auf Sepedi. Vor der Abfahrt ging der Fahrer um das Taxi herum und sammelte den Fahrpreis (16 Rand = 1,60 € für knapp 20 Kilometer) durch die Fenster ein. Ich versuchte, mein Porte-Monnaie hervorzukramen und gleichzeitig das Gleichgewicht zu halten.

Dann ging es los; der Fahrer hatte einen eingegipsten Arm und das Taxi war vom Typ „Schrottreif“. Auf dem ersten Stück, wo es noch über eine geteerte Straße geht, gab der Fahrer Vollgas und raste (im Verhältnis zu den üblichen Geschwindigkeiten passt dieses Wort hier) mit 100 Km/h über die Strecke. Zu afrikanischen Rhythmen wurde unter den Fahrgästen weiter diskutiert. Nach ungefähr einem Drittel der Strecke muss man, um hierher zu gelangen, auf eine Staubpiste abbiegen. Jeder Stoß schüttelte meine Pakete durch, die Bierdosen schwappten. In Kgautšwane, der Ort besteht aus mehreren, kleinen Dörfern, selbst halten die Taxifahrer bei Bedarf: Wenn winkende Menschen an der Straße warten – oder jemand aussteigen will. Passiert das, steigt erst die Hälfte der Fahrgäste aus, dann wird das Gepäck hinausbefördert, und dann steigt der Aussteigewillige aus. Der Rest steigt wieder ein, manchmal auch noch jemand, und dann geht es weiter. An der nächsten Aussteigestelle passiert dann das nächste.

Ich machte mir die ganze Fahrt über Gedanken, wie ich am besten meine Pakete und mich sicher aus dem Taxi befördere – doch alle Befürchtungen waren umsonst. Alle halfen mit und wir kamen unbeschädigt nach draußen.

Nicht selten kommt es vor, dass wichtige Teile an den Taxen völlig außer Betrieb sind, die Reifen abgefahren oder die Scheibe vor Rissen strotzt.

Der „Station-Commander“ der örtlichen Polizei-Station erzählte mir einmal, als ich mit ihm im Auto fuhr, dass viele Taxifahrer nicht in die Werkstatt fahren, weil sie so einen Tag Verdienstausfall hätten. Außerdem könnten sich viele die Reparaturen nicht leisten. Würden die Fahrer erwischt, müssten sie 700 Rand (=70 Euro) Strafe zahlen. Das sei ihnen aber lieber, als die weitaus teureren Reparaturen stemmen zu müssen, meinte der Polizist.

Wer nicht mit dem Taxi fährt, kann zweimal am Tag mit einem Bus fahren – der ist etwas billiger, angeblich aber immer zu spät. Feste Haltestellen gibt es nicht, der Bus hält ebenso wie die Taxis bei Bedarf. Vorteil: Die Busse werden von einer großen Firma betrieben, die wenigstens die nötigsten Reparaturen an den Fahrzeugen durchführt.
Letzte Woche versuchte ich meinen Schülern in der siebten Klasse zu erklären, was eine U-Bahn ist. Davon hatten sie noch nie etwas gehört, sie wussten nicht, wie ein solches System funktioniert. Auch als ich älteren Leuten hier erzählte, dass man bei uns regelmäßig im 10-Minuten-Takt mit U-Bahnen durch die Gegend fahren kann, waren sie baff. Wahrscheinlich würde so etwas hier aber nicht funktionieren; die KVB ist gegen die Auffassung hier ein wahrer Pünktlichkeitsgarant.
„That’s african time!“, meinte vor ein paar Tagen Mama Clara zu mir, als ich mich verwundert darüber zeigte, dass ein Journalist, mit dem ich mich hier treffen wollte, ankündigte, er wolle „irgendwann heute“ kommen.

Auf meinem Blog hat es eine Leserin als „Entschleunigung“ bezeichnet, wie langsam hier mache Dinge laufen. Womöglich haben es die Verantwortlichen von KVB und Stadt Köln etwas zu gut gemeint mit der Entschleunigung – dass die Teilinbetriebnahme Süd der neuen U-Bahn nun wohl auf absehbare Zeit nicht kommt, verlangt den Südstädtern nicht unbedingt Entspannung ab.  Manchem Taxifahrer hier würde Entschleunigung in seinem Fahrstil aber sicher nicht schlecht tun. Vielleicht werde ich ja demnächst von Jürgen Roters durch die Gegend gefahren?

Text: Wassily Nemitz

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