Fahrradläden: Die Plattenläden von heute
Mittwoch, 19. Juni 2019 | Text: Markus Küll | Bild: Markus Küll
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
So mancheR Radler*in auf Höhe der Severinstraße 38 mag stutzen: „Zwei Fahrradläden in so unmittelbarer Nachbarschaft – macht das Sinn?“ Auf jeden Fall, finden Marcel Jansen von „Radfieber“ und Tobias Schwalbe von „Staub und Teer“ schräg gegenüber. Meine Südstadt hat mit beiden gesprochen und gelernt, warum Fahrradgeschäfte heute das sind, was Schallplattenläden früher einmal waren.
Lifestyle-Produkt Fahrrad
Fahrradläden sind in der Südstadt fast so häufig wie Coffee-Shops. Die beiden neuen Nachbarn auf der Severinstaße, „Radfieber“ und „Staub und Teer“ bieten deswegen ein Angebot, das sich ergänzt. Während sich, wie Tobias erläutert, „Staub und Teer“ auf den „Nischenmarkt der Gravel und Crosscyclo-Bikes“ spezialisiert hat, wird „Radfieber“, anders als im Stammgeschäft im Belgischen Viertel, in der Südstadt ausschließlich reparieren.
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Bambule’s Chilistube – Keine Angst vor SchärfeBeide Läden profitieren vom aktuellen Fahrrad-Boom, wie Marcel Jansen erzählt: „Früher konntest Du mit Deinem 5er BMW Eindruck machen – heute ist es eher das Carbon-Rennrad, das nur 7 Kilo wiegt.“ Tobias ergänzt:“Unsere Kunden sind Fahrrad-Liebhaber, die sich bewusst für die spezielle Sorte Fahrräder interessieren, die wir anbieten. Mit unseren Bikes können sie nicht nur durch die Stadt oder den Wald fahren, sondern auch dem neuen Trend des Bike-Packing folgen.“
Viele der Kunden und der zukünftigen Zielgruppe der beiden wohnen in der Südstadt. Marcel von „Radfieber“ erläutert: „Bei der Analyse unserer Kunden haben wir gemerkt, daß die zweitgrößte Gruppe – nach dem Belgischen Viertel – aus der Südstadt kam. Da war es logisch, hier ein Angebot zu machen, bei dem unsere Kunden mal eben durch die offene Fensterfront an der Severinstraße reinkommen können, um ihr Fahrrad nachsehen oder reparieren zu lassen“.
The Return of inhabergeführten Läden? Ja – plus Social Media
Sowohl Marcel als auch Tobias haben sich bewusst für den Standort in der Severinstraße entschieden, auch wenn der Kunde nicht vor der Haustür parken kann. „Irgendwann ist die Severinstraße sicher eine reine Fahrradstraße“, glaubt Marcel, „da macht es Sinn, dass wir hier sind. Am liebsten wäre mir, wenn es neben uns noch einen Laden für Lastenräder gäbe.“ Beide Geschäfte sind jedoch keine reinen „Südstadt-Gewächse“: der Haupt-Laden von „Radfieber“ ist nach wie vor im Belgischen Viertel und hinter „Staub und Teer“ steht ein großer Online-Shop.
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Mainzer Hof – Traditionskneipe für Jung & AltBei den Neu-Eröffnungen setzen die beiden gezielt auf die neue Nachbarschaft. Beide schwärmen von den netten Begegnungen mit Kunden und Nichtkunden. Gleichzeitig betonen sie aber auch, dass die Nutzung von Online und Social Media ihre Form des lokalen Handels erst möglich mache. Tobias sagt: „Ohne unsere Präsenz auf Instagram gäbe es den Laden hier nicht“. Marcel ergänzt: „Für uns sind die Bewertungen auf Google eine wichtige Quelle, die Kunden aus ganz Deutschland, die in Köln zu Besuch sind, zu uns bringen.“
Worüber Nick Hornby heute schreiben würde
Es ist dieser selbstverständliche Übergang zwischen dem klassischen, kundenorientierten „Händler aus dem Viertel“ und der grenzenlosen Reichweite des Internets, der ein Vorbild für erfolgreiche Neu-Eröffnungen in der Südstadt sein könnte.
Beide sind für ihre Zukunft optimistisch: „Die richtigen Leute kommen in den Laden – offensichtlich haben wir das richtige Produkt“, sagt Tobias von „Staub und Teer“. Marcel, der weder privat noch beruflich ein Auto besitzt, freut sich auf Gespräche und Fachsimpeleien mit seinen Kunden, die seine Fahrrad-Begeisterung teilen. „Eigentlich sind Fahrradläden heute das, was früher Plattenläden waren. Da steht man manchmal eine Stunde mit einem Kunden zusammen und redet, ohne, das der was kauft. Wenn Nick Hornby heute 35 wäre, würde er über Fahrradläden schreiben!“
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