FH-Sanierung als Musterbeispiel für Deutschland? Positionen im Streit ums IWZ
Donnerstag, 16. Juni 2011 | Text: Doro Hohengarten | Bild: Meine Südstadt
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Gutachten sind nicht alles – es gibt auch andere Argumente, die in die Entscheidung einfließen müssen, ob, wie und wo das Ingenieurwissenschaftliche Zentrum der Fachhochschule neu gebaut oder saniert wird. In Deutz luden Grüne und SPD am Abend vor der Präsentation des Gutachtens zur Infoveranstaltung um die Entwicklung der Fachhochschule in Köln. „Meine Südstadt“ liefert einen Überblick über die Standpunkte und Argumente der Teilnehmer.
Prof. Joachim Metzner, Präsident der Fachhochschule Köln. Er spricht sich gegen eine Sanierung des IWZ in Deutz aus, da diese zu massiven Einschränkungen im laufenden und künftigen Lehrbetrieb führen würde. Bei den im Gutachten beschriebenen Szenarien mit einer Bauzeit von mindestens 15 Jahren leide die Qualität des Lehrbetrieb und die spätere Nachfrage nach Studienplätzen. Ein Neubau sei mit circa acht Jahren Bauzeit schneller und genau so teuer. „Wir haben die einmalige Chance, in Bayenthal eine Freifläche dafür zu haben“, sagt Metzner und spricht von Synergieeffekten, wenn die FH dort hin zöge. Vor allem die neuen Hybridstudiengänge könnten davon profitieren, wenn das IWZ in die Nähe der Geisteswissenschaftlichen Teile der FH am Ubierring zöge: So gebe es inzwischen starke Überschneidungen zwischen Designern und Informatikern, zwischen Sprachen- und Wirtschaftsstudiengängen, man könne gemeinsam Einrichtungen und Lehrkräfte nutzen.
Prof. Michael Erlhoff, Gründungsdekan der Köln International School of Design (KISD), die zur FH gehört und ihren Sitz am Ubierring hat. Für Erlhoff ist die Idee eines „Campus“ (ob in Deutz oder in Bayenthal) ein Euphemismus – sie stamme aus dem britisch-elitären Feudalismus, wie sie in den USA und in China gepflegt werde. „Der Campus ist eine Ausgliederung aus der urbanen Sozialität“, kritisiert Erlhoff, ähnlich wie die „gated communities“. Er glaube auch nicht an Synergie-Effekte – dass beim Neubau des IWZ in Bayenthal zum Beispiel technische Einrichtungen von angehenden Ingenieuren und KISD-Designern gemeinsam genutzt werden würden. Erlhoff positioniert sich tendenziell gegen einen Umzug: „Sanierung ist auch ein Weg“.
Dr. Ulrich S. Soénius, Geschäftsführer der Industrie und Handelskammer Köln, aus deren Einzugsgebiet rund 80 Prozent der 8.000 FH-Studenten stammen. „Fachkräftemangel und Ingenieure sind unsere Themen“, sagt Soénius und macht sich für eine Verlagerung der FH nach Bayenthal stark. Die bringe für den Standort Köln und für Studierende einen attraktiven Mehrwert: Ein Wissenschaftsgürtel von der Uni zu einem neuen IWZ im Süden zeuge von einer klaren Gewichtung für das Thema Bildung in Köln. Ähnlich beschreibt dies ja auch der städtebauliche Masterplan von Albert Spehr. Den hat der Verein der Unternehmer für die Region Köln der Stadt spendiert. (Sowohl in diesem Verband als auch in der IHK ist Soénius Kollege des Bauunternehmers Paul Bauwens-Adenauer (derzeit IHK-Präsident), der in den Kauf der Flächen für einen eventuellen Neubau in Bayenthal involviert war).
Dieter Prinz, emeritierter FH-Professor für Architektur und Stadtplanung und Mitglied in der Gruppe „Die attraktive Stadtgestaltung“ im Bürgerbeteiligungsprozess Leitbild 2020. Prinz, der als junger Professor in den 70er Jahren seine Lehrtätigkeit am damals noch neuen IWZ aufnahm, bedauert, wie einfach sich die FH-Leitung heute vom IWZ-Bau trennen will. Die Idee von damals, Bildung als hoch geschätztes Gut mit einem entsprechenden Bau in der Stadt zu verankern, sei zwar in der Praxis gescheitert, deshalb sei das IWZ heute so isoliert vom Rest der Stadt. Das liege aber auch daran, weil Stadt und FH nie eine gemeinsame, ganzheitliche Lösung gesucht hätten. „Die Integrationsaufgabe wurde bislang nicht angegangen und gelöst“. Prinz fordert, die FH solle mit der vorhandenen Fachkompetenz eine Vorreiterrolle für Deutschland spielen: „Wie wäre es, wenn das Bestehende aufgegriffen und intelligent weiterentwickelt würde? Wenn die FH Köln eine Strategie entwickeln würde, wie man mit solchen Bauten, die es im ganzen Land gibt, zukunftsweisend umgehen könnte?“
Barbara Moritz, Fraktionsführerin der Grünen im Rat der Stadt Köln und Mitglied im Stadtentwicklungsausschuss: „Bei uns gibt es noch keine klare Meinung in Form eines Beschlusses“. Allerdings gibt es aus ihrer Sicht triftige Gründe dafür, dass die FH rechtsrheinisch bleibt: Stadtentwicklerisch habe Deutz die FH mehr nötig als die Bayenthal, so Moritz. Allerdings sei es sehr wichtig, für den Standort Deutz eine stadtentwicklerische Perspektive zu entwickeln, die 50 Jahre Bestand habe. Für Bayenthal stellt sich Moritz eine gemischte Bebauung vor, „mit Uni, Büros und Wohnen“.
Susana dos Santos-Hermann, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Köln. Es gibt bei der Kölner SPD zwar einen internen Antrag auf die Festlegung auf den FH-Standort Deutz, aber noch keinen Beschluss, denn eine genaue Prüfung sei noch nicht möglich gewesen. SPD-Oberbürgermeister Jürgen Roters hat sich jedenfalls immer noch nicht klar von seiner ursprünglichen Aussage distanziert, dass ein Neubau in Bayenthal wünschenswert sei. Für die SPD, so dos Santos-Hermann, sei ein Wissenschaftsgürtel rechtsrheinisch genau so denkbar wie linksrheinisch – mit dem IWZ der Fachhochschule, dem Berufskolleg (11.500 SchülerInnen) sowie dem Odysseum als populärwissenschaftlicher Einrichtung.
Helmut Raabe, Leiter des Georg-Simon-Ohm-Berufskollegs, einer der an die FH angrenzenden Schulen, an denen 11.500 SchülerInnen unterrichtet werden. Die Synergiemöglichkeiten zwischen den Berufskollegs und der Fachhochschule in Deutz seien bislang noch nicht voll ausgeschöpft, findet Raabe. Dies gelte zum Beispiel für Räume wie die Mensa.
Mehr darüber erfahrt Ihr unter:
„Sanierung nein, Neubau ja: Wie die FH-Leitung das neuste Gutachten interpretiert“
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