Gemeinsam für den Fußballtraum
Mittwoch, 28. Juni 2023 | Text: Bettina Brucker | Bild: Fabian Stürtz / Bettina Brucker
Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten
Als Fortuna 1948 gegründet wird, ist Fußball reiner Männersport. 2003 kommt die Frauenfußballabteilung dazu. Und 20 Jahre später? Immer noch müssen die Frauen bei Fortuna um Anerkennung und Gleichberechtigung kämpfen. Und dafür machen sie gerade ordentlich Wirbel.
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Meine Südstadtpartner
fbs – evangelische FamilienbildungsstätteArtikel im Kölner Stadt-Anzeiger, in der taz, ein Auftritt bei Carolin Kebekus: Die Fortuna-Frauen sind aktuell in den Medien präsent. Sie wollen es sich nicht länger gefallen lassen, dass die Gleichberechtigung bei Fortuna hinterherhinkt. Sie wollen bessere Trainingsbedingungen und mehr Aufmerksamkeit. Denn mit viel Engagement kümmern sie sich um Sponsoren, Ausstattung und Trainingsgehälter selbst. Doch anders, als die viertklassigen Männer in ihrem Verein können die drittklassigen Frauen vom Fußballspiel nicht leben.
Eine Spielerin gibt Auskunft
In der Südstadt treffe ich Theresa Garsztecki. Die Mittelfeldspielerin war bis vor einem Jahr Spielführerin der 1. Frauenmannschaft. Für die 28-Jährige wird Fußball allmählich zur Nebensache. Als stellvertretende Geschäftsführerin bleibt ihr nicht mehr so viel Zeit für den Sport. Und eine Profikarriere war leider nie eine ernsthafte Option. Warum? Sie erklärt uns, welche Benachteiligungen Mädchen und Frauen im Fußball allgemein und auch bei Fortuna erfahren und was sich ändern müsste.
Südstadion! Männersache?
Da ist zu nächst einmal das Südstadion. Es ist die Spiel- und Trainingsstätte des Vereins. Naja, sagen wir es mal genauer: der Jungen- und Männermannschaften. Denn von den Frauen darf nur die 1. Mannschaft und das auch nur einmal pro Woche auf dem Kunstrasenplatz trainieren. Alle anderen Trainingseinheiten absolvieren die Spielerinnen auf der Bezirkssportanlage in Bocklemünd. Ein riesiger zeitlicher Aufwand, vor allem für die rund 50 % der Spielerinnen der 1. Mannschaft, die in Zollstock oder in der Südstadt wohnen.
Ohne Jugend geht‘s nicht
Die U17-Mädchen überlegen gerade, ob sie wegen der unfairen und schlechten Trainingsbedingungen geschlossenen zu einem anderen Verein wechseln sollen, obwohl ihr Herz für Fortuna schlägt. Denn im Winter ist der Ascheplatz gesperrt und das bedeutet für sie: kein Training. Fatal für die jungen Spielerinnen, die sich zu Leistungsträgerinnen entwickeln wollen.
Keine U17 mehr bei Fortuna? Das hätte schwere Konsequenzen für die 1. Frauenmannschaft, die gerade zum zweiten Mal in Folge den Pokal der Regionalliga West gewonnen und die Saison 2022/2023 mit einem sechsten Platz in der 3. Liga beendet hat. Sie müsste dann nämlich absteigen. Denn ohne Jugendarbeit keine Regionalliga. „Wenn die U17 weggeht, wird das Frauenteam wahrscheinlich auseinanderfallen“, prophezeit Theresa. Doch sie hat auch Verständnis für die Mädels, denn sie weiß aus eigener Erfahrung: Ohne regelmäßiges Training unter guten Bedingungen, kann eine junge Spielerin nicht ihr volles Potential entwickeln. Sie selbst war als Jugendspielerin in der Auswahl, zwei Jahre beim FC und sogar nach Amerika haben sie ihre sportlichen Ambitionen und ihr Können gebracht.
Der Traum vom Profi
Auf die Frage, welche sportlichen Träume sie als Mädchen hatte, lacht Theresa. Sie erzählt, dass sie 2000 bei Fortuna mit Fußballspielen begonnen hat und zwar bei den Jungs. Damals habe sie nicht realisiert, dass es einen Unterschied zwischen fußballspielenden Jungen und Mädchen gibt. Ihr Traum sei es gewesen, im Stadion vor vielen Zuschauer*innen zu spielen. Und als Berufswunsch stand fest: „Den ganzen Tag Fußball spielen.“ Doch mit dem Abitur in der Tasche wurde ihr immer bewusster, dass sie nicht die Zeit haben würde, jeden Tag Fußball zu spielen. Ganz einfach deshalb nicht, weil sie Geld verdienen muss. Und das geht für Frauen mit Fußball (fast) nicht.
Die Vision: Gleichberechtigung
Dann wollen wir wissen, welche Vision Theresa für den Frauenfußball und Fortuna hat. Sie holt aus und berichtet, dass die Stadt Köln vor einiger Zeit zugeben habe, bei Fortuna etwas verschlafen zu haben. Doch auch „der Verein sollte aufwachen und erkennen, welches Potential in Frauen und im Frauenfußball steckt. Der Vorstand sollte uns gleichberechtigt unterstützen.“ Und Theresa hat eine klare Vision: „In zehn Jahren sollten die Frauen wie die Männer vom Fußball leben können. Und das kann gerade in Köln möglich sein. Denn hier gibt es Fortuna, den FC und die Spoho (Sporthochschule, Anm. d. Red.), an der aktuell acht Fortuna-Spielerinnen studieren.“
Fortuna hinkt hinterher
Theresas Vision scheint durchaus realistisch. Denn in den vergangenen Jahren hat sich in Sachen Frauenfußball eine Menge getan. „Das spürt man auch als Spielerin“, sagt sie und verweist auf das Finale der Frauen-EM 2022, das sich 17,9 Mio. Zuschauer*innen in Deutschland im Fernsehen angeschaut haben, 4 Mio. mehr als das WM-Finale der Männer in Katar. Doch mit Blick auf die Wirklichkeit räumt sie ein, dass Fortuna bei der Unterstützung der Frauen noch „etwas hinterherhinkt“. Auch wenn seit Kurzem Valentina Adames Leiterin der Frauenabteilung und eine Frau in Führungsposition etwas Neues bei Fortuna ist. Allerdings gibt es dabei einen Haken: Die Frauenabteilung gehört als Teil der Jugendabteilung dem Verein an und nicht der SC Fortuna Spielbetriebs-GmbH.
Wir wollen Lösungen
Das letzte Wort hat Theresa: „Wir tragen Fortuna im Herzen, wollen Lösungen finden. Wir wünschen uns mehr Kooperation und Unterstützung, damit wir alle einen guten Verein haben. Wir Frauen zeigen gerade, was sich alles bewegen lässt. Das wünschen wir uns auch von den Männern im Verein. Denn gemeinsam können wir unsere Reichweite erweitern. Wenn sich alle zusammen für Fortuna einsetzen, wäre das ein Gewinn und die Chancen, bei der Stadt weiterzukommen und neue Sponsoren zu gewinnen, würden sich erhöhen. Und zwar für die Männer und für die Frauen.“
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cambio CarSharingAus der Südstadt …
… mit der Südstadt, für die Südstadt! Gerade hat die 1. Frauenmannschaft von Fortuna Köln einen Imagefilm veröffentlicht. Hier könnt Ihr ihn gucken.
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