Gleiches Geld für alles – Köln baut die Finanzierung der Kindertagespflege um
Donnerstag, 24. Oktober 2013 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: Soliz
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Das Thema „Kinderbetreuung für unter Dreijährige“ ist der Dauer-Aufreger des Jahres 2013. Seit August gilt inzwischen der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz – und als wären damit nicht schon ausreichend Änderungen verbunden, gibt es nun zum 1. November noch eine Neuerung: Die Finanzierung für die Kindertagespflege – der Alternative zur Kita – wird umgebaut. Zugegeben: In diesem Artikel werden Sie auf viele Zahlen stoßen. Aber es sind aufschlussreiche Zahlen. Und es sind gute Nachrichten dabei.
Bislang galt Folgendes: Die in der so genannten Kindertagespflege beschäftigten Tagesmütter oder Tagesväter bekamen von der Stadt Köln einen Zuschuss von 3,50 Euro pro Kind pro Stunde. Darüber hinaus erhoben sie selbst einen eigenen Beitrag von den Eltern – der lag zum Beispiel bei noch einmal 3,50 Euro, mitunter aber auch deutlich höher.
Damit ist nach dem Willen der Stadt jetzt Schluss. Der Kölner Stadtrat hat in seiner Sitzung vom 1. Oktober eine Neuregelung verabschiedet, die zum November in Kraft tritt. Kurzum: Alle Eltern zahlen künftig den gleichen Betrag, den Elternbeitrag. Ganz gleich, ob ihr Kind in eine Kita geht oder zu einer Tagesmutter. Für einkommensschwächere Familien ergibt sich daraus ein Vorteil: Finden Sie keinen Platz in der Kita, können sie nun auch auf eine Tagespflege zurückgreifen, denn die Kosten bleiben gleich.
In der Antwort des Dezernates für Bildung, Jugend und Sport auf eine Anfrage von „Meine Südstadt“ klingt das so: „Mit dieser Regelung erhofft sich die Verwaltung, dass die Betreuungsform Tagespflege besonders auch für Eltern attraktiver wird, die sich die bisher üblichen privaten Zuzahlungen nicht leisten konnten.“
Die Finanzierung hinter der neuen Regelung sieht so aus: Die Tageseltern erhalten von der Stadt mehr Geld. Ihr Entgelt steigt von 3,50 Euro auf 5 Euro (bzw. 5,50 Euro, wenn sie die Kinder in angemieteten Räumen betreuen). Betreute eine Tagespflegeperson im Durchschnitt 4-5 Kinder, so ergäbe sich daraus ein maximaler Stundenlohn von 27,50 Euro Brutto. Das kostet die öffentlichen Kassen im kommenden Jahr 7,1 Millionen Euro.
Im Gegenzug müssen sich die Tagesmütter und -väter ausdrücklich dazu verpflichten, dass sie keinen Zusatzbetrag mehr von den Eltern verlangen (ausgenommen für die Verpflegung der Kleinen und besondere pädagogische Angebote, wie z.B. mit Extrakosten verbundene Ausflüge). Wer das nicht unterschreibt, der bleibt im alten System und bekommt keine neuen Kinder mehr vermittelt.
Hintergrund des Sachverhaltes ist ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Münster aus dem Monat August. Darin wurde laut Beschlussvorlage des Rates – Zitat: „bestätigt, dass es sich bei der frühkindlichen Förderung in einer Kindertagesstätte und bei einer Tagesmutter um gleichwertige Betreuungsformen handelt.“
Das ist das Schlüsselwort: Gleichwertigkeit. Die sah die Stadt bisher nicht: Sie argumentiert in der Beschlussvorlage für den Rat, die Eltern hätten die Kindertagespflege wegen der oftmals höheren Kosten eben nicht als gleichwertig zu den staatlichen Kitas angesehen. Auch darum, so die Beschlussvorlage, seien mehr als 700 Plätze in der privaten Tagespflege im laufenden Jahr unbesetzt geblieben.
Das Münsteraner Gerichtsurteil bedeutet de facto für die Stadt Köln: Wir decken den geforderten gesetzlichen Bedarf in der U-3-Betreuung fortan auch über Tagesmütter und -väter ab und nicht nur über Kitas. Aus Sicht der Stadt soll das höhere Entgelt für die Tageseltern ein Anreiz sein und dafür sorgen, dass neue Plätze entstehen, am liebsten noch einmal 700 Stück bis Ende 2014.
Problematisch ist die Frage, ob der Satz von 5 bzw. 5,50 Euro pro Stunde und Kind ausreicht: Die Tagesmütter und -väter, die bislang zum Beispiel mit 7 Euro die Stunde kalkuliert haben, müssen jetzt mit zwei Euro weniger auskommen. Für viele – und wohl vor allem jene mit angemieteten Räumen – könnte das bedeuten: Sie müssen die Stundenzahl erhöhen, um ihre Kosten abdecken zu können.
Allerdings sieht die Stadt noch Möglichkeiten für die Tageseltern, Gelder zu beantragen. Das geht aus dem Schreiben des Dezernates an „Meine Südstadt“ hervor: „Nach wie vor ist es möglich, Investitionszuschüsse für Umbauten und Neueinrichtung zu beantragen, so dass eine vergleichbare Ausstattung von Räumen gegenüber den Tagesstätten durchaus möglich erscheint.“
Noch ein Wort zur kölschen Betreuungsquote. Insgesamt gab es kölnweit zum Start des Kindergartenjahres im September rund 10.600 Plätze für die U-3-Betreuung. Das ist eine Quote von 36 Prozent. Davon entfallen gut 8.000 Plätze auf die Kitas und gut 2.600 auf die Tagesmütter und -väter. Beim Land angemeldet hatte die Stadt mehr als 11.900 Plätze (Quote = 40 Prozent) – aber wegen Problemen bei Mietverträgen, beim Umbau von Immobilien etc. wird diese Zahl wohl erst im Laufe des Kindergartenjahres erreicht.
Wie sehen nun die Tageseltern in Köln und in der Südstadt die Neuerungen zum 1. November? Lesen Sie dazu mehr im Interview mit Roger Hagel, der in der Lothringer Straße eine Tagespflege betreibt und den Neuregelungen zwiespältig gegenübersteht.
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