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Sport

Glückliches 1-0 mit Licht und Schatten – so wie damals.

Montag, 11. Juni 2012 | Text: Roger Lenhard | Bild: Meine Südstadt

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Lange Zeit wurde der deutsche Fußball aufgrund seiner Effizienz bei Europa- und Weltmeisterschaften respektiert, aber kaum bewundert. Abgesehen vom Ramba-Zamba-Fußball der 70er Jahre waren die Faktoren des Erfolgs starke Kerle in der Abwehr und ein nervenstarker Stürmer, von dem nichts zu sehen war bis auf die eine Chance, die dann auch genutzt wurde. So die wenig wohlwollende und falsche Meinung vieler Experten. Das Lob des attraktiven Spiels blieb unseren Nachbarn aus den Niederlanden vorbehalten.

Beginnend mit dem Sommermärchen 2006, der berauschenden WM im eigenen Land, hat sich der Fußball hierzulande rasant verändert und fand seinen vorläufigen Höhepunkt 2010 in Südafrika. Bestaunt wurde ein temporeicher Kombinationsfußball höchster Attraktivität. Die Deutschen spielten niederländisch und die Niederländer deutsch, war vor zwei Jahren zu hören und lesen. Dabei wird übersehen, dass der atemberaubende „Totaalvoetbal“ unseres Nachbarn ein  Offensivfußball ist, der aktiv das Geschehen auf dem Platz dominieren will. Die Deutschen jedoch praktizierten bei den letzten drei Turnieren eine moderne Variante des Konterfußballs. So hatte unsere Ländermannschaft in allen Partien der K.O.-Runde bei der letzten WM weniger Ballbesitz als der Gegner. Das Rezept war reaktiv: Defensiv nichts an Chancen zu lassen, Balleroberung und schnelles Umschalten in die Offensive. Diese Wechsel von der Abwehr in den Angriff mit wenigen Ballkontakten wurde in einer Perfektion vorgetragen, die in der Tat an das versierte Spiel der Niederländer erinnerte. Das Grundkonzept war jedoch ein völlig anderes.

Die zentrale Herausforderung von Joachim Löw und seinem Trainerstab vor der Europameisterschaft war es, den nächsten Entwicklungsschritt zu vollziehen, um auch gegen Mannschaften bestehen zu können, die sich weit zurückfallen lassen, um einerseits nicht ins Messer deutscher Konter zu laufen und andererseits selbst
Konter einzuleiten.

Am Freitag wurde die EM eröffnet mit den Begegnungen der Gruppe A. In einem seltsamen Spiel trennten sich Polen und Griechenland 1:1. Im zweiten Spiel überrannte Russland Tschechien  mit 4:1 und positioniert sich als Turniermitfavorit. Samstag folgte unsere Gruppe, zuerst  Niederlande gegen Dänemark. Zur Einstimmung und um unsere folgenden Gruppengegner kennen zu lernen, schaut man sich natürlich auch dieses Spiel an. Die Holländer spielten wie immer und wollten von Beginn an ihrer Favoritenrolle gerecht werden. Aus ihrer Überlegenheit erwuchsen viele gute Möglichkeiten, die ungenutzt blieben, während die Dänen ähnlich wie die Handballer zwei enge Ketten um ihren Strafraum zogen und auf Kontermöglichkeiten setzen. In der 24. Minute folgte eine gute Chance, die genutzt wurde, und es stand 1:0. Bis zum Ende der Begegnung erspielten sich die Holländer Chance um Chance, ohne jedoch ausgleichen zu können. Das ist Fußball.

 

Endlich Deutschland gegen Portugal. Löw überrascht mit seiner Aufstellung, indem er für die lange verletzten Mertesacker und Klose den Dortmunder Hummels und den Münchener Gomez bringt. Von Beginn an bemühen sich die Deutschen, das Spiel zu kontrollieren, die Portugiesen früh zu attackieren und deren Offensivspiel zu unterbinden. Anders als erwartet stand die Defensive fantastisch. Boateng und noch mehr Hummels spielten eine Riesenpartie. Auch anders als erwartet war unser Angriffsspiel statisch und bewegungsarm. Zwar waren die Portugiesen  hinten gut aufgestellt, doch fehlte unserem Angriffsspiel Esprit und Power. Zu schlecht waren an diesem Tag Schweinsteiger, sonst grandioser Vermittler zwischen Abwehr und Angriff, und die beiden Außenbahnspieler Podolski und Müller. Alles wirkte zäh und schwer. Das Spiel beider Mannschaften war geprägt von der Angst, in Rückstand zu geraten. Die Deutschen hatten mehr Ballbesitz und kontrollierten das Spiel bis zum gegnerischen Strafraum, dann war allerdings kein Durchkommen mehr. Die Portugiesen hatten bis zur Pause nur eine Chance nach einer Standardsituation. Doch Pepe traf nur die Latte – es hätte 1:0 stehen können.
Nach der Pause sahen wir eine leicht verbessert deutsche Mannschaft im Spiel nach vorne. Großchancen blieben jedoch Mangelware. In der 72. Minute kam eine abgefälschte Flanke von Khedira auf Gomez, der großartig zum Führungstreffer einköpfte. Doch mehr Sicherheit war nicht die Folge. Die Deutschen begannen zu schwimmen und Boateng, Hummels und Badstuber retteten in höchster Not.

 

Am Ende war es ein glücklicher Sieg. Der vermeintliche Schwachpunkt Abwehr wusste zu überzeugen. Mittelfeld und Angriff müssen sich in den kommenden Spielen deutlich steigern, damit der Albtraum der Niederländer wahr wird und sie mit einer Niederlage gegen Deutschland das Turnier verlassen müssen – sofern Dänemark nicht gegen Portugal verliert.

So erinnerten beide Spiele an längst vergangene Tage. Die Niederländer spielen begeisternden Fußball und verlieren. Die Deutschen haben starke Kerle hinten und einen nervenstarken Stürmer vorne, der die alles entscheidende Chance zum Siegtreffer nutzt. So gerecht kann Fußball sein.

 

Text: Roger Lenhard

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