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Lükes Liebes Leben

Heilfasten mit Vollpension – Lükes liebes Leben

Montag, 23. Februar 2015 | Text: Reinhard Lüke

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Kaum hat der Nubbel Burnout, ist die letzte Kamelle gelutscht und das finale Karnevals-Kölsch zu Pippi geworden, geht’s wieder los: Das große Entschlacken und Entgiften. Plötzlich entdecken Zeitgenossen aller Altersklassen am Aschermittwoch Substanzen in ihrem Körperinneren, von denen sie meinen, dass sie da nicht hingehören. Also müssen sie raus. Unbedingt und irgendwie. Einfach mal kotzen reicht da längst nicht mehr.

Waren früher allenfalls bekennende Christen nach den Tollen Tagen schwer asketisch unterwegs, hat sich die Fasterei längst zum Bestandsteil der grassierenden Wellness-Kultur gemausert. Kaum einer, der zur Zeit nicht irgendwas fastet. Die Buchhandlungen sind mit entsprechenden Ratgebern zugemüllt, und die Bunten Blätter sowie die einschlägigen Plauderkränzchen im Pantoffelkino sind voll von wohlmeinenden Experten, die wissen, was zu tun ist, um dem plötzlichen, kollektiven Unbehagen an der eigenen Existenz Einhalt zu gebieten. Auch die Wirte sollen schon über Umsatzeinbußen klagen, weil in der Fastenzeit zunehmend mehr Gäste den ganzen Abend lang lustlos an Mineralwasser nippen. So das Klientel Kneipenbesuche bis Ostern nicht gänzlich gestrichen hat. Mit dieser Lesart des deutschen Reinheitsgebots hat vor zehn Jahren auch noch kein Gastronom gerechnet.

Entschlackt erleuchtet
Dabei geht´s ja längst nicht mehr (nur) um den Wunsch, ein paar lästige Pfunde loszuwerden. Von wegen! Die Selbstkasteiung soll auch noch mit Bewusstseinserweiterungen aller Art einhergehen und Zugang zu ungeahnten spirituelle Dimensionen eröffnen. Kurzum: Letztlich scheint es mir bei der ganzen Entschlackerei und Askese darum zu gehen, ein rundum besserer Mensch zu werden.

Wogegen ja nix  zu sagen ist. Aber ich mach‘ da nicht mit. Wenn ich mich das Jahr über vergifte oder in meinem Körper Restmüll sammle, tue ich das in der Regel vorsätzlich, bei vollem Bewusstsein und mit größtem Vergnügen. Und ich glaube definitiv nicht, dass mich eine, wie auch immer geartete, Fasterei kognitiv oder moralisch in neue Sphären katapultieren könnte. Ich sündige nicht, brauche ergo keine Absolution und hab‘ deshalb auch mit dieser neumodischen Form des Ablasshandels nix am Hut.

Doch wie sagt man so schön im Paderborner Land: Wer´s mach… . Der soll es in Gottes (oder wessen auch immer) Namen tun. Gern auch mit Inbrunst. Obwohl. Wenn ich mich in meinem erweiterten Bekanntenkreis so umschaue, befällt mich schon der Verdacht, dass für diese siebenwöchigen Bußrituale vor allem Zeitgenossen besonders empfänglich sind, denen auch für den Rest des Jahres wollüstige Exzesse und Verausgabungen aller Art eher fremd sind. Egal.

Kondom-Fasten?
Einmal bei dem Thema aufs Hörnchen gekommen, hat mich denn doch interessiert, was eigentlich unsere christlichen Kirchen zu dem Wellness-Fasten-Fieber so sagen. Immerhin habe ich doch schon vor Jahren einem Artikel entnommen, dass zumindest die Klöster das total suppi finden, da sich ihnen hier durch All-Inclusive-Angebote völlig neue Einnahmequellen eröffnen. Und ich schwöre Stein und Bein, auch schon mal einen Prospekt studiert zu haben, in dem irgendeine Abtei zu gesalzenen Preisen „Heilfasten mit Vollpension“ anbot. Meditative Verdauung wurde vermutlich gratis verabreicht. Aber diese Klöster müssen heute schließlich auch sehen, wo sie bleiben.

Und was treiben die Amtskirchen? Die Evangelen haben die aktuelle Fastenzeit unter das originelle Motto „7 Wochen ohne“ gestellt. Bevor einschlägig fixierte Mannsbilder protestantischen Glaubens jetzt auf komische Gedanken kommen: Damit ist definitiv nicht gemeint, dass ihr jetzt in  den nächsten knapp zwei Monaten in die einschlägigen Etablissements einfallen sollt und unter Verweis auf das, von euren Vereins-Oberen ausgegebene, Fasten-Motto Sex  ohne Lümmeltüte verlangen sollt. So nicht!

Die offiziöse Lesart des Slogans geht so: „Wir laden Sie ein, aus vollem Herzen zu sagen: ‚Du bist schön!‘ – zum Menschen an Ihrer Seite wie auch dem eigenen Spiegelbild. Und sieben Wochen lang soll gelten: ‚ohne Runtermachen!‘ Halten Sie inne, wenn Sie am eigenen Körper mal wieder Abweichungen von der Traumfigur feststellen, wenn Sie Ihrem Nachwuchs die exotische Frisur verübeln oder dem Nachbarn den Gesang unter der Dusche“.

Ja, wie? Das war´s schon? Bin ich dabei. Der Kopfputz von Junior ist okay, und mein Nachbar singt ohnehin nicht. Angesichts von soviel Entgegenkommen hinsichtlich einer liederlichen Lebensführung habe ich mich noch kurz im evangelischen Online-Fasten-Shop umgesehen. Da gbt´s den Fasten-Kalender in diversen Größen und Preislagen sowie die „Wortlichtkerze: Was ich an dir schätze“ im Doppelpack zu 15,90 Euro. Brenndauer: 40 Stunden.

Endlich Ruhe beim Frühstück
„Wortlichtkerze“? Die Erläuterung im evangelischen O-Ton: „Nach und nach erscheinen die Worte auf der Kerze und zeigen einem wichtigen Menschen, wie sehr Sie ihn schätzen. Die Worte sind nur sichtbar, wenn die Kerze brennt.“ Aha. Und welch salbungsvolle Worte treten da in Erscheinung? „ „Was ich an Dir schätze: Deine Fröhlichkeit am frühen Morgen * Deine Freude an kleinen Aufmerksamkeiten * Deinen Humor in schwierigen Momenten * Deine Fähigkeit, andere zu begeistern * Deine Genauigkeit bei wichtigen Aufgaben * Dein Interesse an anderen Meinungen * Dein Engagement für neue Ideen * Dein Nachhaken, wenn andere schon vergessen * Deine Freundlichkeit im Umgang mit anderen * Deine Stärke, andere zu achten * Deine Gabe, Dinge gleichzeitig zu tun* Deine Ausdauer auf langen Strecken * Deine Entschlossenheit, Ziele zu erreichen * Deinen Mut, Unfertiges anzusprechen * Deine Aufrichtigkeit im Streit * Deine Großzügigkeit bei kleinen Missgeschicken*“

Da ist zwar jetzt wenig von körperlichen Vorzügen und Sex die Rede, aber im Prinzip find‘ ich die Erfindung prima. Zünd‘ ich meiner Liebsten morgens ein Kerzlein an, muss keine nervigen Fragen beantworten, sondern kann in Ruhe meine Zeitung lesen. Angesichts dieses evangelischen Weichspül-Fastens werden aber doch zumindest die Katholen noch was Hardcoremäßiges im Köcher haben. Auch nicht. Die haben das Motto „Bewusster leben statt verzichten“ ausgegeben und fordern schwerst konsumkritisch zu Tauschpartys, CO2-, Auto,- und Plastik-Fasten auf.

Ach, nö. Liebe Kirchenfunktionäre, mich geht’s ja nix an, aber ich habe doch den Eindruck, dass ihr mit eurem Fasten-Lala am Zeitgeist total vorbei schrammt. Der moderne Mensch will zur Fastenzeit nicht eingelullt sondern ordentlich geknechtet werden. Also, besinnt euch auf eure Tradition und holt die Knute raus. Dann klappt’s auch wieder mit den Kircheneintritten.

Text: Reinhard Lüke

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