„Herbst“: Epische Bilde, große Traurigkeit
Samstag, 15. Mai 2010 | Text: Gastbeitrag | Bild: Filmfabrik
Geschätzte Lesezeit: eine Minute
Sonbahar ist türkisch und bedeutet Herbst. Und die Jahreszeit findet in diesem Film ihren Ausdruck in schier unablässigem Regen, der auf die atemberaubende Landschaft herabfällt. Herbst bedeutet auch den Übergang in eine andere Jahreszeit und den Rückzug von außen nach innen.
Zur Geschichte: Ein politisch Inhaftierter wird nach zehn Jahren Gefängnis und Isolationshaft in die Freiheit entlassen. Er kehrt noch als junger Mann gebrochen und krank in sein Heimatdorf zurück. Fortan lebt er bei seiner alten Mutter. Die Begegnungen mit anderen Menschen sind rar und wortkarg. Überhaupt verzichtet der Film überwiegend auf Dialoge. Epische Landschaftsaufnahmen, begleitet von Gesang und Musik, bestimmen die Handlung. Der Film macht wenig Hoffnung auf ein besseres Leben und ist doch von erdrückender Schönheit der umgebenden Natur.
Eine kleine Hoffnung keimt auf, als der Protagonist auf eine russische Prostituierte trifft. Doch auch diese Begegnung lässt keine wirkliche Nähe zu und ist zum Scheitern verurteilt. Der junge Mann, der durch die Isolationshaft seelisch- und körperlichen Schaden genommen hat, findet keine Worte, um sich anderen zu erklären. Nur ein kleiner Junge, dem er in der ländlichen Abgeschiedenheit Nachhilfeunterricht in Mathematik gibt, lässt eine Vermutung auf ein früheres und glücklicheres Leben als Forscher und Wissenschaftler zu.
Sonbahar ist ein schwermütiger Film, der den Betrachter die Ausweglosigkeit menschlicher Schicksale erleben lässt und zugleich die Schönheit und Reinheit der Natur aufzeigt. Wie eine Katharsis reinigt der andauernde Regen die menschliche Seele und lässt sie ergeben zurück.
Der Film läuft derzeit im Odeon-Kino auf der Severinstraße.
Katrin Braun
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