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Politik Wahlen

Hoffnung auf Spitzen-Frau!

Dienstag, 20. Oktober 2015 | Text: Judith Levold | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

So wirkte die Stimmung, die mir am Abend des Wahlsiegs von Henriette Reker, unserer neuen Oberbürgermeisterin und ersten Frau in diesem Amt in Köln, rund um´s  Rathaus entgegenschlug. Viele schienen regelrecht trunken vor Freude und Erleichterung, dass es im ersten Wahlgang geklappt hatte: Gut 52% aller abgegebenen Stimmen bekam die bisherige Sozial- und Umweltdezernentin der Stadt – das Ergebnis indes konnte sie nach dem Attentat auf sie leider nicht mitfeiern. Ein bisschen wie Geburtstagsparty ohne Geburtstagskind also, das Ganze.

„Yeah!“ sagt Martin Dommer, bislang Frau Rekers Referent in Sachen Flüchtlingsfragen, nur, und ballt grinsend die Faust, als ich ihn am Eingang treffe. „Es gibt keine Bändchen mehr!“ wird mir mitgeteilt, und „ohne Bändchen kein Zutritt“, wie die Security ihrem Auftrag entsprechend klarmacht. „Die CDUler haben die Bändchen schon weggeräumt“, witzelt ein GRÜNER hinterm Empfangstresen, an seinem Button erkennbar, und ein anderer witzelt zurück „Siehst Du, es geht schon los!“. Die CDU findet dann aber doch noch einen Karton mit Einlassbändchen, und „Uff!“, ich bekomme natürlich eins…

Marion Heuser, seit 2014 Mitglied der GRÜNEN-Fraktion im Kölner Rat, steht mit Mann und Bekannten vor der Tür, im Gehen begriffen. „Ich bin froh, dass Henriette gewonnen hat.“ stoßseufzt sie, fügt aber gleich hinzu: „Aber wie geht´s jetzt weiter? Das frag ich mich schon, also politisch, da mache ich mir doch auch ein paar Sorgen!“

 

Dasselbe drinnen im Consilium, dem Lokal zwischen Spanischem Bau und historischen Rathaus. Im Innenhof stehen die Menschen in Gruppen zusammen, diskutieren, lachen, trinken, rauchen. Auch Barbara Moritz, bis letztes Jahr Fraktionschefin der GRÜNEN, freut sich über das Ergebnis, sie sei jetzt aber gespannt auf die Verwaltung, wie dort die mit SPD-Parteibuch reagierten, denn das seien nach wie vor „ganz schön viele.“

Kölns SPD-Chef Jochen Ott hatte ja seiner Mitbewerberin zu deren Wahlsieg in einer Ansprache gratuliert und betont, die SPD wolle ihr die Hand reichen zur Zusammenarbeit. Wo die Vorstellungen inhaltlich ähnlich sind, wie etwa beim Thema Wohnungsbau, wäre alles andere ja auch klein und schädlich, denke ich so bei mir, während ich weiter schlendere.

 

Martin Herrndorf, Nachhaltigkeitsforscher und Colabor-Gründer aus Ehrenfeld ist happy. Er sei froh, sagt er, dass „die Kandidatin gewonnen hat, ich im Wahlkampf als kompetent und integer empfunden habe. Und die für eine solide, offene Flüchtlingspolitik in Köln steht.“.  Genau so sieht es Yana Yo, wie Reker parteilos, und für die GRÜNEN in der Bezirksvertretung Innenstadt. Sorgen wegen schwierig zu findender Mehrheiten im Rat, bei derart unterschiedlichen Haltungen der Parteien zu vielen Fragen, macht sie sich nicht „Wir sehen es ja schon in der Bezirksvertretung: da gibt es oft mehr Schnittmengen für uns mit der CDU als mit der SPD.“

Ihr BV-Kollege Claus Vincon pflichtet bei, „Bereits im Wahlkampf hat man das gesehen: eigentlich gab es ein agreement, die Flüchtlinge nicht für den Wahlkampf zu missbrauchen, was die SPD dann aber doch gemacht hat… Wir erwarten keine Wunder, aber Henriette Reker hat fest versprochen, sich schwerpunktmäßig als Verwaltungschefin zu definieren und da auch umzubauen und das Repräsentieren mehr den anderen Bürgermeistern zu überlassen.“ Martin Herrndorf ergänzt „Ja bisher ist es in Köln ja so, dass die Verwaltung Politik macht, und umgekehrt. Das wird bald anders, davon bin ich überzeugt!“

Große Erwartungen sind das, und es wird viel Klugheit und Fingerspitzengefühl erfordern, einen strukturellen Umbauprozess in Gang zu setzen.

Auch Ralf Uerlich (Foto rechts), für die CDU als Fraktionsvorsitzender in der Bezirksvertretung Innenstadt, ist zufrieden mit dem Ergebnis. Das vergleichsweise gute Abschneiden mit mehr als 7% für Bewerber Mark Benecke, der für DIE PARTEI angetreten war, erklärt er sich so: „Die Wahlbeteiligung war relativ niedrig. Und ich habe ja den Wahlkampf beobachtet, den die (DIE PARTEI) gemacht haben, immer auch noch spät abends, auf der Zülpicher Straße und so – die haben sich sehr an junge Leute, an Studierende gewandt, die das vielleicht cool finden und sich mit den anderen Parteien nicht identifizieren können.“

 

Dass er zusammen mit den GRÜNEN, der FDP und weiteren eine gemeinsame Kandidatin unterstützt hat, beschreibt er als bewusste Entscheidung für ein großes Bündnis gegen aus seiner Sicht SPD-geprägte Verwaltung. „Das ist einfach undemokratisch und dagegen wollten alle anderen Demokraten protestieren.“ Dass Henriette Reker nun schnell und vor allem vollständig gesund werde, hoffe er. Wegen schwieriger Mehrheitsverhältnisse sorge er sich dagegen nicht, er baue auf seine Erfahrung in der Bezirksvertretung: „Da arbeiten wir auch mit wechselnden Mehrheiten, wir suchen Mehrheiten in der Sache!“

In der OB-Wahl-Sache ist es so, dass zunächst am heutigen Dienstag, 20.10.15, der Wahlausschuss um 18h das amtliche Endergebnis der Oberbürgermeisterwahl bekannt geben wird. Anschließend wird die Wahlleiterin Gabriele Klug die gewählte Bewerberin gemäß Kommunalwahlgesetz auf dem Wege einer Zustellung über ihre Wahl benachrichtigen. Gibt diese binnen Wochenfrist keine Erklärung ab, gilt die Wahl als angenommen. Ab dann ist die neue Oberbürgermeisterin im Amt. Auch eine Interimszeit ist gesetzlich geregelt durch die Gemeindeordnung. Für Köln bedeutet das, dass nach dem Ausscheiden des bisherigen OB Jürgen Roters (SPD) Stadtdirektor Guido Kahlen Amtsgeschäfte und Verwaltungsführung der Kommune und die anderen Bürgermeister die Aufgaben in Rat und Repräsentation übernehmen.

 

Und politisch? Wird hinter den Kulissen natürlich über mögliche Kooperationen und zu verteilende Posten spekuliert, gesprochen und gemutmaßt…

 

 

Text: Judith Levold

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