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Hyperlokales: „Die Spreu trennt sich vom Weizen“

Montag, 3. Juni 2013 | Text: Christoph Hardt | Bild: Christoph Hardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Während immer neue, bedrohliche Zahlen die Zeitungsbranche nervös machen, sind hyperlokale Online-Angebote in Deutschland wie Pilze aus dem Boden geschossen. „Wir sind näher dran an den Lesern“, jubilieren die Macher – „Ja, an allen beiden“, lachen dagegen die Kritiker. Hat man es nur mit einer Modeerscheinung zu tun, die die Zeitungen aussitzen können, oder droht im Lokaljournalismus ein ernsthafter Kampf um die Leser? Wir haben Expertin Imke Emmerich, Volontärin in der Bundeszentrale für politische Bildung, gefragt, was hyperlokale Plattformen auszeichnet und wie sie nachhaltig Fuß fassen können.

Meine Südstadt: Frau Emmerich, hyperlokale journalistische Plattformen sind im Aufwind, heißt es überall – stimmt das?
Imke Emmerich: Betrachtet man die letzten Jahre, kann man das sagen. Zu uns schwappte die Welle aus den USA herüber, wo diese Form des Journalismus zunächst einen Hype erlebte. Auch, weil es so etwas online vorher noch nicht gegeben hatte. Viele wollten plötzlich damit herumprobieren. Eine Fluktuation sieht man in den USA und auch hier in Deutschland. Es bleiben wohl meist die Macher, die das Hyperlokale von Beginn an als ein professionelles Projekt begriffen haben und unzufrieden waren mit dem lokalen Journalismus vor Ort. Die Spreu trennt sich vom Weizen. Dieser Prozess wird uns bestimmt auch noch in den kommenden Jahren begleiten.

Wie überlebt man als Hyperlokaler die anfängliche Durststrecke?
Ein Patentrezept gibt es nicht, auch schnell wachsende Plattformen sind nicht unbedingt sicher. Das US-Portal Patch.com übernahm die Plattform Outside.In und hat jetzt scheinbar mit den Folgen zu kämpfen. Die Seite hatte aus den Augen verloren, weshalb sie ursprünglich angetreten war: nah am Leser und dabei selbst nicht groß zu sein. Erst langsam kristallisiert sich heraus, was funktioniert und was nicht. Hier gibt es starke regionale Unterschiede: Die Zauberformel für das eine Stadtviertel kann im nächsten schon wieder eine andere sein.

Wird sich Hyperlokal-Journalismus jemals für die Beteiligten rechnen?
Finanziell entwickeln sich diese Modelle immer noch – eine Reise ins Ungewisse. Es ist zwar immer noch nicht ganz klar, wie man mit Hyperlokalem Geld verdient, aber ein Bewusstsein, dass sich bei Online-Einnahmen etwas verändern muss, ist vorhanden. Derzeit muss noch vieles über Werbung laufen. Für die Lokalen ist das aufgrund ihrer begrenzten Zielgruppe noch einmal schwieriger, für die Hyperlokalen erst recht. Dem Supermarkt an der Ecke zu erklären, warum er jetzt auf einem Portal mit ein paar Tausend Lesern werben soll, und nicht, wie all die Jahre vorher, in einer regionalen Tageszeitung, ist unglaubliche Überzeugungsarbeit.

Wie kann in so einem Umfeld noch journalistische Distanz gewahrt bleiben?
Für die meisten ist das kein Problem, denn sie haben ja gerade deshalb ihre Arbeit aufgenommen, weil sie den Mund aufmachen wollen. So schreibt man auch mal über Anzeigenkunden. Beim Partnerseiten-Modell von „Meine Südstadt“ zahlen die Anzeigenkunden einen geringen Betrag im Monat, auf den zur Not verzichtet werden kann – anders also als bei großen Firmen, die direkt Sonderbeilagen oder Doppelseiten zurückziehen, und so empfindlich Druck auf die Redaktionen ausüben könnten. Die „Tegernseer Stimme“ und „16 VOR“ haben dieses Partner-Konzept zum Beispiel ebenfalls. Das zeigt auch, wie die hyperlokale Szene voneinander lernt.

Was haben denn Hyperlokale, was die örtliche Lokalzeitung nicht hat?
Das hängt immer vom jeweiligen Macher, seinem Selbstverständnis und den journalistischen Zielen ab: Da sind zunächst natürlich die Hingabe zum eigenen Viertel, der professionelle Anspruch an die Berichterstattung im ganz Kleinen und Aspekte wie die Präsentation von Inhalten. Viele Hyperlokale, die heute noch Bestand haben, sind nicht zuletzt aus einer gewissen Unzufriedenheit mit dem lokalen Informationsangebot heraus angetreten. Dabei wollten sie immer ein alternatives Angebot sein und hatten nicht den Anspruch, die traditionellen Verlage zu ersetzen.

Also künftig alles heile, heile Gänschen? Koexistenz statt Leserklau?
Die Ellenbogen werden meist nicht ausgefahren, aber man beäugt sich. Bei vielen Hyperlokalen ist es neben der Hingabe zu ihrem Viertel eben auch der Drive, erzählen zu wollen, was ihnen fehlt. In Köln hat offenbar im Kleinteiligen eine Lücke geklafft, sonst würde „Meine Südstadt“ nicht funktionieren, die Leserschaft ist ja da. Zahlen von etwa 3.000 Lesern pro Tag sind für Hyperlokale nicht zu verachten. Das „Heddesheimblog“ hat da zum „Mannheimer Morgen“ schon ein angespannteres Verhältnis. Andererseits kooperieren Hardy Prothman vom „Heddesheimblog“ und die „Main Post“ nun in der Volontärsausbildung.

Greifen Hyperlokale ein Bedürfnis in der Bevölkerung auf, sich auf das Wesentliche zurück zu besinnen?
In Zeiten der Globalisierung gewinnt die Identifikation mit dem Ort, an dem man lebt, sicherlich an Relevanz. Es wird wieder wichtiger, in welchem Kiez man lebt, um nicht mit seiner Umgebung zu fremdeln, um Nähe zu finden. Journalistische Angebote über das Nachbarschaftliche, über die Welt vor der eigenen Haustür, dienen hierbei zunehmend als natürliches Gegengewicht zu der Dauerberieselung mit globalen Nachrichten, die man ohnehin konsumiert.

Haben die großen Verlage hier wieder eine Welle verschlafen, oder hat man schon Kurs auf die hyperlokalen Gefilde genommen?
Anfangs war es vielleicht Versäumnis – auch, weil man nicht gesehen hat, dass Hyperlokales funktionieren kann, und weil man diese Angebote nicht für wichtig genug hielt. Der Erfolg einiger Kleiner hat aber Aufmerksamkeit geweckt, einige Verlage sind präsent. So startete etwa das Hamburger Abendblatt eine eigene Initiative. Die Axel Springer Akademie führt mit der Plattform „Zoom Berlin“ eine hyperlokale Seite in Kooperation mit der Berliner Morgenpost.

Besteht nicht die Gefahr, dass hyperlokale Plattformen sich in ihrem Viertel als Monopolisten breit machen wie die Katze im Vogelbad?
Hyperlokale sind sofort Monopolisten, weil sie wie Pioniere dort ansetzen, wo es vorher nichts Ähnliches gab. Für ein zweites hyperlokales Angebot in genau demselben Stadtteil wird es da eng – einmal Altona.Info und dann noch Altona-Online – das wird nicht funktionieren.

Wie sieht es mit den Öffentlich-Rechtlichen aus? Haben sie den sublokalen Sektor sich selbst überlassen?
Allein schon mit Blick auf die strukturellen Gegebenheiten hinter den öffentlich-rechtlichen Angeboten lässt sich sagen, dass sie es im Hyperlokalen schwer hätten. Hyperlokale Macher zeichnen sich ja gerade dadurch aus, dass sie sehr flexibel und losgelöst von Verlagsstrukturen arbeiten können.

Wohin steuert die Branche insgesamt? Wenn der Trend zur Rückbesinnung geht, sickert hyperlokaler Online-Journalismus dann auch zurück in den Print?
Derartige Überlegungen gibt es, zum Beispiel „16 VOR“ in Trier auch als Printmagazin herauszugeben. Die Gründer sagen aber auch ganz klar: Das soll kein Periodikum sein, eher die Kür. Hauptaugenmerk bleibt klar online. Print wird höchstens als schöne, nicht-tagesaktuelle Ergänzung erwogen. Die „Ruhrbarone“ machen so was schon.

In Ihrer Abschlussarbeit „Hyperlokale Plattformen in Deutschland“ von 2010 haben Sie die Grundzutaten für erfolgreiche Hyperlokale Seiten untersucht – was raten Sie künftigen Hyperlokal-Journalisten?
Zuallererst sollten sie vor Ort leben, um einfach zu wissen, worüber sie schreiben. Verbundenheit mit dem Viertel, Leidenschaft und Identifikation sind unerlässlich, denn für die Anlaufstrecke braucht man Durchhaltevermögen – jahrelang. Niemand sollte also gleich das große Geld erwarten. Gesunde Demut ist angebracht. Auch sollte man sich unbedingt im Vorfeld ein journalistisches Konzept überlegt haben: Will man sehr kritisch sein, ein Bürgervernetzer, oder sich besonders durch Design hervortun? Diese Rollen sind vorher zu wählen. Am Ende entscheidet aber die inhaltliche Qualität, denn wenn es um Texte geht, hat der Leser immer das letzte Wort.

 

Mehr zum Thema:
Masterarbeit von Imke Emmerich zum Thema „Hyperlokale Plattformen in Deutschland“

 

Text: Christoph Hardt

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