„Ich bin im Reinen mit dem Meer.“
Mittwoch, 9. Dezember 2015 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: ©Chad King
Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten
Zum fünften Mal findet von heute an das Surffilmfestival in Köln statt – um 19 Uhr ist Auftaktparty mit DJ und Buchvorstellung im Sabor ‚Ermoso hier in der Südstadt. „Meine Südstadt“ hat den Erfinder des Festivals interviewt – und Christoph Zingelmann hat uns erzählt, dass man als Filmemacher am liebsten mit in den Tunnel will, wenn die Welle bricht.
Für eine halbe Stunde bin ich auch in Köln am Meer. Ich telefoniere mit Christoph in Hamburg, und so wie er erzählt, habe ich sofort vor meinem inneren Auge die vielen Bilder, die er selbst gesehen und erlebt hat. Christoph Zingelmann ist nicht nur Surfer, er ist auch Unternehmer. Seine Agentur heißt Island Collective und ist auf Markenkommunikation spezialisiert. Zielgruppe sind 18- bis 40-Jährige, die in der Stadt wohnen, und deren Themen das Surfen, das Skaten und das Snowboarden sind. Christoph ist aber auch Surfer aus Leidenschaft, und er hat das Surffilmfestival aus der Taufe gehoben.
Meine Südstadt: Christoph, wann warst Du das letzte Mal im Wasser?
Christoph Zingelmann: Am vergangenen Wochenende. Ich war in Lissabon, dort wohnen ein paar Freunde, und ich habe mein Brett dort stehen. Da nutze ich öfter die Möglichkeit, übers Wochenende in die Wellen zu fliehen. Ich war vier Tage lang dort, und wir hatten gutes Wetter und gute Wellen. (Foto links ©Island Collective)
Was ist eine gute Welle?
Sie darf nicht zu klein sein, aber auch nicht zu groß, sonst kannst du den Moment nicht genießen. Und die Welle sollte sauber sein.
Was heißt „sauber“?
Wenn der Wind onshore bläst, also vom Meer in Richtung Land, dann werden die Wellen plattgedrückt, und dann werden sie ein bisschen bumpy (wir überlegen, wie wir das Wort übersetzen. Christoph findet bucklig ok, aber nicht sehr poetisch). Gute Wellen gibt es, wenn der Wind offshore weht, also vom Land zum Wasser. Dann bleibt die Welle länger offen und bricht schön. Wirklich gute Wellen sind von sehr vielen Faktoren abhängig, und jeder definiert das auch noch ein bisschen anders.
Filmst Du selbst?
Ich bin eher der Beobachter. Ich habe Medienwirtschaft und Medienwissenschaften in Hamburg und Berlin studiert und war viel mit Filmteams unterwegs. Ich gucke viele Filme, und als deutscher Surfer verlierst Du Dich gern in Träumereien über die schönen Orte anderswo.
Worauf müssen Filmemacher achten, wenn sie Surfer filmen?
Wenn sie unter Wasser filmen, dann schwimmen sie mit Flossen und Kamera zum Line-up, also dorthin, wo die Surfer auf die Welle warten. Sie positionieren sich aber dichter zum Land hin. Wenn die Welle bricht und einen Tunnel schmeißt (die so genannte Barrel), dann ist es der Hammer, als Filmer drin zu sein. Ganz kurz bevor der Surfer kommt, tauchst Du unter und ziehst die Kamera weg. Viele Filmer sind selbst Surfer. Du musst Dich auskennen mit Strömungen und Wellen. Es ist eine intensive Arbeit.
Filmt ihr auch an Land?
Ja, von der Klippe aus, mit Objektiv, also mit langer Brennweite, oder man geht auf die Totale, damit man auch die Landschaft sehen kann. Es passiert oft eine Viertelstunde gar nichts. Dann ist es doof, wenn Du an Deiner Zigarette ziehst oder mit Deinem Mädchen knutscht, während die Surfer unten die krasseste Welle ihres Lebens erleben.
Wie fing das an mit den Surffilm-Festivals?
Wir haben die Firma seit 2005 und mit kleineren Partys angefangen. 2007 haben wir das erste Surf-Festival in Hamburg gemacht, mit einer kleinen Messe, Ausstellung, Konzerten, Partys und Modenschau. 2010 sind wir mit dem Event auch nach München gezogen. 2011 haben wir zum ersten Mal ein Surffilm-Festival auf die Beine gestellt, und zwar in Köln.
Warum?
Wir haben viele Kölner kennengelernt. Es gibt eine große Surfszene, und der wohl erste Surfclub Deutschlands ist aus Köln. Außerdem bewegt die Sporthochschule eine große Zielgruppe auf unseren Events. Köln passt zur Szene, die Szene zu Köln.
Wie kamt ihr auf das Sabor ‚Ermoso als Location für die Auftakt-Party?
Wir haben die Location online entdeckt. Und mit der Philosophie, mit dem Style konnten wir uns sofort identifizieren. Das passte, und es sind coole Leute. Also haben wir die Gelegenheit genutzt.
Was passiert heute Abend ab 19 Uhr?
Es wird einen DJ geben, und feine Getränke. Es werden viele Netzwerker aus der Surfercommunity kommen. Und wir werden ein Buch vorstellen. Es heißt „Adventura“, und ein guter Freund von mir hat es geschrieben, Konstantin Arnold. Er hat ein Jahr lang eine Weltreise gemacht und eine Menge Bildmaterial mitgebracht. Es ist ein Bild-Text-Band, und der Konstantin ist ein Talent in der Analog-Fotografie. Finanziert hat er diesen Traum über Crowdfunding.
Was war Dein schönstes Erlebnis im Wasser?
Meine Freundin macht sich immer lustig über mich. Immer wenn ich aus dem Wasser komme, ist es entweder die größte, die schönste, die längste oder die beste Welle meines Lebens. Sie sagt dann immer: Jaja, lass mich raten
Gibt es da einen bestimmten Ort?
Viele. Wenn die Sonne unter- oder aufgeht, wenn Dich die Schönheit der Natur umhaut, wenn Du mit zehn Freunden gleichzeitig im Wasser bist. Aber ein konkreter Ort war auf den Philippinen. Da bin ich ohne Erwartung hingeflogen. Es war wie im Paradies. Nette Menschen, eine unglaubliche Natur, gute Wellen.
Wo war das?
Auf einer Insel, deren Namen ich lieber für mich behalte. Es war so, wie Bali vor 30 Jahren gewesen sein muss. Es wäre super, wenn die Insel noch lange ein Geheimtipp bleibt.
„View From a Blue Moon“ / Foto: ©Bainfarm JohnJohnFlorence
Spielt das Thema Umweltschutz bei Surfern eine Rolle?
Das ist ein großes Thema. In Südost-Asien zum Beispiel fehlt es noch am Bewusstsein, wenn es um das Thema Müll geht. Es kann Dir passieren, dass Du rauspaddelst zu Deinem Spot, und dass an Deinem Arm die Verpackung eines Schokoriegels hängenbleibt, oder die Verpackung von Asia-Nudeln. Manchmal auch ein Kondom. Viele Paradiese sind voller Plastik. Da ist viel zu tun, und es gibt mehrere Surforganisationen, die sich kümmern, auch um soziale Aspekte.
Welche?
Zum Beispiel Surfaid. Es gibt auch Petitionen, gegen Plastiktüten auf Bali. In Marokko ist es auch schlimm. Da hängen die Bäume am Wasser voll mit Plastik wie Weihnachtsbäume. Ich selbst achte darauf. Ich nehme meine Jutetasche zum Einkaufen, und es gibt die Aktion „Take two“, also dass man am Strand immer zwei Teile Müll mitnimmt, der rumliegt. Weißt Du, ich habe einfach ein inneres Meereskarmakonto.
Ein was?
Ein Meereskarmakonto. Das klingt nach Klischee, aber ich bin alles andere als esoterisch. Ich achte darauf, was ich tue und wie. Und ich habe mich noch nie ernsthaft verletzt im Wasser oder wurde von Meeresgetier geplagt. Ich bin im Reinen mit dem Meer.
Christoph, vielen Dank für den Einblick in Deine Welt.
Alle Infos zu Programm, Tickets und Terminen auf www.surffilmfestival.de und auf www.facebook.com/Surffilmfestival.
Und hier könnt ihr den Trailer zum Festival sehen.
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