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Kultur

„Ich brauche Kontraste“ – Interview mit Jessica Schwarz

Mittwoch, 9. Februar 2011 | Text: Reinhard Lüke | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

In ihrem neuen Film, „Das Lied in mir“ spielt Jessica Schwarz unter der Regie von Florian Cossen mit großer Intensität die junge Deutsche Maria, der praktisch von heute auf morgen ihre Identität abhanden kommt. Auf dem Weg zu einem Schwimmwettkampf in Argentinien erfährt sie durch einen Zufall, dass ihre vermeintlichen Eltern gar nicht ihre leiblichen sind, sondern sie als Kleinkind aus Argentinien quasi entführt haben, nachdem Marias eigentliche Eltern während der Wirren der Militärdiktatur verschleppt wurden. Ein kleiner, gänzlich unpathetischer und unbedingt sehenswerter Film über eine Frau, der plötzlich der Boden unter den Füßen weggezogen wird und die sich daraufhin auf die schmerzhafte Suche nach ihren Wurzeln macht.

Das Gespräch mit Jessica Schwarz fand am letzten Montag vor der Premiere des Films im Odeon statt, wo „Das Lied in mir“ ab heute (10.02.2011) zu sehen ist.

Meine Südstadt: In „Das Lied in mir“ kraulen Sie als Leistungsschwimmerin Maria verblüffend souverän durchs Wasser. Lernt man so was im Schauspiel-Training?
Jessica Schwarz: Ich war in meiner Jugend selbst mal Leistungsschwimmerin. Was Florian Cossen, Autor und Regisseur des Films, witzigerweise überhaupt nicht wusste, als er mir die Rolle angeboten hat. Ich war zwar damals mehr auf Brust- und Rückenschwimmen spezialisiert, aber Wasser ist eindeutig mein Element. Schon als Kind war ich eines dieser Mädchen mit lila Lippen, weil ich nie aus dem Wasser wollte und zum Entsetzen meiner Eltern in so ziemlich in jeden Teich gesprungen bin, den ich erreichen konnte.

Brauchten Sie für den Film also kein Schwimm-Training zu absolvieren?
Doch, natürlich. Zweieinhalb Monate lang habe ich unter Anleitung eines Trainers der u.a. auch Olympiasiegerin Britta Steffen betreut hat, mit Stoppuhr, Videoanalysen und allem Drum und Dran in Berlin an meinem Kraulstil gearbeitet.

Und am Ende sind Sie dann nur knapp über der Olympia-Norm geblieben…
Schön wär´s. Aber gegen die 16-, 17jährigen Mädchen, die da manchmal auch trainiert haben, hätte ich in meinem Alter absolut keine Chance. Selbst wenn ich das Rauchen aufgeben würde nicht.

Was bedeutet denn der Umstand, dass Maria Schwimmerin ist, für den Film?
Ich denke, das Schwimmen spielt in der Charakterisierung der Figur eine große Rolle. Im Wasser ist man ja weitgehend mit sich und der Welt allein und bewegt sich in einer Art Blase. Wenn die emotional aufgewühlte Maria zwischendurch in Buenos Aires ins Becken springt, bildet das Wasser einen idealen Rückzugsraum für sie. Hinzu kommt, dass die meisten Leistungsschwimmer auch sonst eher Einzelgänger sind. Was im Film gut zur leicht misanthropischen Art der Figur passt.

Den historischen Hintergrund der Geschichte liefert ja die argentinische Militärdiktatur. Was wussten Sie über diese Zeit, bevor Sie das Drehbuch in die Hand bekamen?
Ehrlich gesagt, nicht allzu viel. Ich hatte einmal etwas über die Frauen gelesen, die da noch immer regelmäßig auf die Straße gehen und Aufklärung über Schicksal ihrer Männer oder Kinder verlangen, die während der Militärdiktatur verschwunden sind. Aber ob das nun in Argentinien oder vielleicht doch eher in Chile war, hätte ich kaum sagen können.

Haben Sie dann im Rahmen der Vorbereitung auf den Dreh dicke Bücher zur Geschichte Argentiniens gewälzt?
Nein. Das hatte mir Florian Cossen sogar streng verboten.

Warum das?
Er wollte, dass ich wie Maria mehr oder minder ahnungslos mit dem Land konfrontiert werde, in dem die Zeit der Militärdiktatur in den Köpfen der Bewohner noch immer eine große Rolle spielt. Ich glaube, diese unvoreingenommene Herangehensweise hat mir sehr geholfen, die Rolle glaubwürdig spielen zu können.

Als Maria erfährt, dass ihre deutschen Eltern gar nicht ihre leiblichen sind, bricht für sie eine Welt zusammen. Können Sie den Schock nachvollziehen?
Absolut. Dahinter verbirgt sich ein echtes Drama. Nicht nur für Maria, sondern auch für ihren Vater. Was die Situation eines solchen Kindes angeht, kann ich nur sagen: Ich habe es versucht. Aber zu sagen, ich könnte das wirklich nachempfinden, wäre anmaßend. Allerdings erinnere mich an eine Phase meiner Pubertät, in der ich überzeugt war, ein Adoptivkind zu sein, weil alle in meiner Familie so anders waren als ich und mich keiner verstand. Ich habe meine Eltern sogar mal mit dem Verdacht konfrontiert, der aber letztlich völlig unbegründet war.

Am Ende des Films versöhnt sich Maria zwar nicht mit ihrem Adoptivvater, beschließt aber doch, ihn nicht anzuzeigen, obwohl er sie seinerzeit ihren leiblichen Eltern quasi geraubt hat. Eine nachvollziehbare Haltung?
Unbedingt. In den meisten Fällen, in denen Kinder erst spät von ihrer Adoption erfahren, suchen sie zwar den Kontakt zu ihren leiblichen Eltern, wollen aber die Beziehung zu ihrer Adoptiv-Familie ebenso beibehalten.

Der Film arbeitet viel mit Dialogen, spielt nach Art eines Kammerspiels vorwiegend in geschlossenen Räumen und ist fast ein Zwei-Personenstück. Haben Sie sich bewusst für diese eher kleine Produktion eines Regie-Debutanten entschieden, nachdem Sie mit ihrer vorherigen Arbeit in „Romy“ doch sehr im Licht der Öffentlichkeit standen?
Zumindest habe ich diesen Kontrast sehr genossen. „Romy“ war im Dezember letzten Jahres abgedreht und Ende Januar bin ich dann schon für „Das Lied in mir“ nach Buenos Aires geflogen. Es tat gut, mit einem kleinen Team in einem Land zu arbeiten, wo sich kein Journalist für mich und den Film interessierte. Bei „Romy“ und auch davor den „Buddenbrooks“ stand ja die Produktion praktisch die ganze Zeit unter Dauerbeobachtung. Ich habe nichts gegen mit großem Aufwand gedrehte Filme, aber ich brauche zwischendurch unbedingt die Atmosphäre eines kleineren Teams.

Sie haben es geschafft, mit ihren Rollen weder in einer Genre- noch in einer Charakterschublade zu landen. Wie macht man das?
Es macht mir einfach Spaß, verschiedene Charaktere zu spielen und nach einem Drama habe ich dann unheimlich Lust auf eine Komödie. Aber es gehört natürlich auch etwas Glück dazu, gute Drehbücher zu bekommen und mit den richtigen Regisseuren zusammenarbeiten zu können.

Sie haben schon mit einer Vielzahl namhafter Regisseure wie Tom Tykwer, Heinrich Breloer oder Dominik Graf gedreht. Gibt es einen Lieblings-Regisseur?
Eigentlich bin ich Fan von allen Regisseuren, mit denen ich zu tun hatte…

Eine Karriere fördernde Antwort…
Klar. Aber mit Torsten C. Fischer, mit dem ich „Der Liebeswunsch“ und auch „Romy“ gemacht habe, arbeite ich schon wahnsinnig gern.

Der Verlauf ihrer Karriere ist ja durchaus nicht alltäglich. Sie waren BRAVO-Girl, Model und VIVA-Moderatorin, haben aber nie eine klassische Schauspielausbildung gemacht. Geraten Sie bei der Arbeit manchmal in Situationen, in denen Sie diesen Background vermissen?
Ich weiß nicht, ob ich auf einer Theaterbühne stehen könnte. Beim Filmen habe ich da eigentlich keine Probleme. Wenn ich doch mal eine Szene habe, die mir Kopfzerbrechen bereitet, arbeite ich mit einem  Schauspiel-Coach, der mir hilft, schwierige Figuren zu `knacken´. Vielleicht wäre es da manchmal gut, auf das Handwerkszeug einer klassischen Ausbildung zurückgreifen zu können. Andererseits glaube ich aber auch, dass mich dieses Laientum davor bewahrt, in routinierte Automatismen zu verfallen.

Jessica Schwarz, geboren im hessischen Michelstadt, gehört zu den profiliertesten deutschen Schauspielerinnen. Die 33jährige, die 1993 als BRAVO-Girl erstmals öffentlich in Erscheinung trat, arbeitete als Model und war Moderatorin bei VIVA, bevor sie sich der Schauspielerei zuwandte. In den vergangenen elf Jahren war Jessica Schwartz in mehr als zwanzig Kino- und Fernsehproduktionen zu sehen und wurde dafür mehrfach ausgezeichnet.  So spielte sie u.a. in „Die Freunde der Freunde“, „Verschwende deine Jugend“, „Kammerflimmern“, „Das Parfum“, „Der rote Kakadu“ und „Buddenbrooks“. Zuletzt verkörperte sie Romy Schneider in dem Fernseh-Biopic „Romy“.

Mehr zum Kinoprogramm im Odeon von 10. bis 16.Februar erfahren Sie hier.

Text: Reinhard Lüke

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