Ich habe gehamstert
Montag, 25. April 2022 | Text: Reinhard Lüke
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Okay, ich hab´s getan. Ich habe gehamstert. Asche auf mein Haupt. Es kam einfach über mich.
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Meine Südstadtpartner
Lotta wünscht sich was – Köstlichkeiten aus deutschen ManufakturenSchlendere ich letzte Woche durch den Discounter meines Vertrauens auf der Severinstraße und bin gerade in dem Gang, wo die Nudeln lagern, steht sie plötzlich da: Eine Flasche Rapsöl. Eine einzelne im sonst leergefegten Regal. Auch keine überteuerte Sonderzuteilung sondern die Hausmarke zum Normalpreis. Ich halte inne und staune ungläubig. Was ist das hier? Versteckte Kamera oder sowas? Ich blicke mich zaghaft um, aber außer mir scheint niemand von diesem Wunder Notiz zu nehmen. Ich könnte jetzt also womöglich eine Flasche Öl erwerben? Einfach so? Wie früher? Blöderweise weiß ich aber, dass daheim in der Küche noch eine gut halbvolle Flasche von dem Zeugs rumsteht. Da ich kein Frittier-Monster bin, reicht das auch noch für eine Weile. Obwohl. Habe ich nicht letztens irgendwo ein interessantes Rezept gesehen, das nach einem ganzen Liter Flüssigfett verlangte? Oder die Nachbarn zu ner Rievkoche- oder Falafel-Sause einladen? Muzemandeln wären auch eine Idee. Könnte ich dann im Mai zum Karnevalsumzug in Düsseldorf mitnehmen. Aber der ist ja auch abgesagt.
Da stand plötzlich Öl
Irgendwann werde ich mir mit meinem Gegrübel selbst zu bunt und fasse den Entschluss: Du nimmst die Pulle jetzt, gehst zur Kasse, bezahlst, und bist raus. Zu meiner Erleichterung sehe ich dann, dass die Kunden vor mir alle zwei, drei Flaschen Rapsöl aufs Band gepackt haben. Bin ich also nur ein kleiner Hamster. Hat man offenbar kurz vor meinem Besuch das Regal neu bestückt. Die Pasta, für die ich eigentlich in dem Gang im Supermarkt unterwegs war, habe ich bei dem ganzen Öl-Chaos im Kopf natürlich glatt vergessen. Und wenn heute mein Blick in der Küche auf die (ungeöffnete!) Flasche fällt, überkommt mich bisweilen noch immer die grausige Vision, dass womöglich just in diesem Moment irgendwo in der Südstadt hungrige Kinder vor leeren Tellern sitzen, weil Mutti kein Bratfett für die Fischstäbchen bekommen hat. Ich räume das Objekt wohl besser in den Schrank. Ansonsten sorgen sich die Deutschen in Anbetracht des noch immer andauernden Kriegs in der Ukraine nach wie vor um ihre Sicherheit. Es werden nicht nur Lebensmittel gehamstert, sondern in Baumärkten sind sämtliche Generatoren zur Stromerzeugung ausverkauft. Campingkocher sowieso. Und neulich hab ich ein Interview mit einem Bauunternehmer gelesen, der sich auf Schutzbunker in Eigenheimen spezialisiert hat und sich derzeit vor Anfragen nicht retten kann.
Wo bleibt der TÜV?
Eine Nachricht, die eigentlich keine ist. Auf dem Spielplatz An der Eiche hat sich auch in den letzten drei Wochen nichts getan. Noch immer strahlen die neuen Geräte ungenutzt bei bestem Wetter vor sich hin. Nur die Kommentare der Eltern werden zunehmend ungehaltener. „So langsam könnten die aber echt mal…“, „Warum dauert das denn sooo lange?“ oder schlicht: „Das kann doch nicht wahr sein!“. Ist aber wahr. Ab und zu ist mal ein Auto vom städtischen „Spielplatzservice“ vorgefahren, aber die Jungs waren dann ohne auszusteigen auch gleich wieder weg.
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Meine Südstadtpartner
Mahal Antiochia – Soulfood aus dem OrientLetzte Woche tauchte der Kleinlaster der Firma aus Weilerswist auf, deren Mitarbeiter sich vor Monaten beim Start des Bauvorhabens gehörig vermessen hatten und alles wieder abreißen mussten. Sie würden doch jetzt wohl nicht nochmal den Presslufthammer auspacken?! Machten die beiden Männer auch nicht, sondern sie beließen es bei ein paar Handy-Fotos. Um was für wen auch immer zu dokumentieren. Letztlich muss der TÜV Rheinland wohl ran, um die Stabilität der Gerätschaften zu bezeugen. Aber die 20 000 Angestellten des Vereins sind ja weltweit unterwegs und kontrollieren nicht nur Autos und Achterbahnen sondern auch französische Brustimplantate. Da ist so ein Spielplatz in der Kölner Innenstadt in jeder Hinsicht eher Kinderkram. Kann warten. Aber zumindest einen Menschen dürfte diese Hängepartie mit großer Genugtuung betrachten. Jener Unternehmer, der die Absperrgitter verleiht. Schließlich beläuft sich Gesamtlänge dieser beiden Gehege auf rund 150 Meter. Da dürfte täglich einiges an Miete anfallen. Aber für eine Stadt, die 6,3 Millionen für ein Sicherheitskonzept an Karneval raushaut, die an irgendeine private Firma gehen, die wegen der europaweiten Ausschreibung womöglich aus Litauen oder Portugal kommt, für solch eine Stadt dürfte die läppische Zaunmiete kaum ins Gewicht fallen.
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Kommentare
Lieber Lüke,
wenn Dich die Gewissensbisse wegen des „Hamsterns“ quälen, wir nehmen Dein Öl sehr gerne für unseren „Marie Markt“ am 15.05., um den Waffelverkauf zugunsten der Kids erfolgreich betreiben zu können!
Wir verweisen dann auch darauf, dass die Spende des Öls von Dir, einem Autor des Portals „meinesüdstadt“ kommt.
Also: Mo-Fr zwischen 12 und 18 Uhr gerne im Baui vorbeikommen!
Es grüßt Dich
MT