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Kultur

„Ich wollte keine romantische Komödie drehen“

Mittwoch, 12. November 2014 | Text: Reinhard Lüke | Bild: Francesca Magistro

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Regisseur Florian Mischa Böder über seinen Film „Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss“, der ab heute im Odeon zu sehen ist.

Koralnik hat einen gestählten Körper, ein fettes Auto und eine gestylte Wohnung, aber keinen Vornamen. Braucht er in seinem Job auch nicht. In Situationen, in denen er jemandem das „Du“ anbieten könnte, kommt er beruflich ohnehin nicht. Koralnik ist Auftragskiller in Diensten der EU und hält sich penibel an die Auflagen seines Vorgesetzten, die ihm jegliche soziale Kontakte untersagen. Der Mann mit Schnauzbart und stechendem Blick ist allzeit bereit, bei Anruf Mord.

Doch Koralnik wartet seit acht Jahren vergebens auf diesen Anruf. Bislang hat er für die EU noch nicht einen einzigen Schuss abgegeben. Und dann fährt ihm eines Tages auf einem Parkplatz die blonde Rosa in seinen Wagen und besteht darauf, sich mit einer Flasche Wein bei ihm zu entschuldigen. Und ausgerechnet in dem Moment, als das Duo in der Küche des Killers die Flasche entkorken will, klingelt das Telefon. „Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss“ mit Benno Fürmann und Mavie Hörbiger ist ein tragikomischer Film über eine Berufsgruppe, die im Kino weit häufiger vertreten ist als im wahren Leben. Der Film feierte in der vergangenen Woche seine Vorab-Premiere im Odeon. Tags drauf sprach Reinhard Lüke mit dem Kölner Regisseur und Koautor Florian Mischa Böder.

Meine Südstadt: Was ist so faszinierend an Auftragskillern?
Es geht um Leben und Tod und oft ist auch noch so etwas wie Liebe im Spiel. Womit man die drei Themen beisammen hat, um die sich im Kino letztlich alles dreht. Hinzu kommt für mich die gigantische Fallhöhe dieser Killerfiguren, die in offizieller, aber streng geheimer Mission unterwegs sind. Das umfasst einerseits schicke Wohnungen, geile Autos und ungemein attraktive Frauen, andererseits aber auch ein mäßig abenteuerliches Undercover-Leben in großer Einsamkeit.

Voller allem, wenn man gut bezahlt wird, aber seit Jahren keinen Auftrag hatte…
Genau. Koralnik ist ja als geheimer EU-Mitarbeiter ein Auftragskiller mit Beamtenstatus, dessen Job quasi eine reine Kopfgeburt ist. Ob er überhaupt jemals gebraucht wird, steht völlig in den Sternen.

Gibt es Indizien, dass die EU wirklich Killer beschäftigt?
Nein, dafür habe ich keinerlei Anhaltspunkte. Ich habe mich mit der Geschichte immer als Fiction-Stoff beschäftigt und diesbezüglich auch keine großen Recherchen angestellt. Aber wenn einen solch ein Thema über Jahre umtreibt, hält man irgendwann auch im wahren Leben selbst die abstrusesten Dinge für denkbar. Würde die Geschichte in den USA spielen, wäre aber vermutlich jeder Zuschauer überzeugt, dass sie einen realen Hintergrund hätte. Dass sowas in Europa hingegen undenkbar ist, macht für mich aber auch den Reiz des Films aus.

Wann ist dir dieses Bild der abgrundtiefen Einsamkeit eingefallen, wo der traurige Held auf einem Parkplatz regelmäßig in seinem Auto einen Burger verputzt, während er einen Straßenkehrer beobachtet, der mit einem Greifer stoisch Müll in sein Wägelchen zu bugsieren versucht?
Das weiß ich jetzt gar nicht mehr. Das Problem bei solch einem Film ist ja immer, dass man vor dem Dreh tausend Bilder im Kopf hat, sich aber dann von den meisten irgendwann verabschieden muss. Letztlich fand ich dann aber diese Parkplatz-Einstellung sehr treffend, um die Tristesse im Leben meines Killers anschaulich zu machen. Am Ende fällt so eine Entscheidung aber immer erst im Schneideraum, wo man sich von einer Vielzahl gedrehter Szenen verabschieden muss. Ein durchaus schmerzlicher, aber unausweichlicher Prozess.

Der Film beginnt ja wie eine Tragödie um die Einsamkeit eines arbeitslosen Killers, entwickelt dann aber Züge einer Tragikomödie und macht schließlich sogar vor turbulenten Slapstick-Einlagen nicht halt. Wie gehst du mit dem Einwand um, dass er in keine Schublade passt?
Völlig entspannt. Ich nehme solch eine Kritik eher als Kompliment, da ich auch nie vorhatte, einen klassischen Genre-Film zu drehen. Mein Ehrgeiz war, einen Film zu machen, der am Ende exakt so aussieht, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Und das ist mir in diesem Fall gelungen. Ich kann jedenfalls damit bestens leben. Für mich ist dieser Film eine runde Sache. Wenn Zuschauer und Kritiker das womöglich anders sehen, muss ich das akzeptieren, aber es ändert nichts an meiner Einstellung zum Film.

Die Beziehung zwischen Koralnik und seiner Zufallsbekanntschaft Rosa bleibt auch bis zum Schluss seltsam rätselhaft. Von Liebe auf den ersten Blick kann da nun wirklich nicht die Rede sein.
Schon kar. Aber ich wollte aus dem Stoff auf keinen Fall eine romantische Komödie machen, in der sich durch die große Liebe schließlich alles in Wohlgefallen auflöst. Was ihn an ihr anfangs fasziniert, ist ja weniger die konkrete Person, sondern in erster Linie der Umstand, dass sich eine reale Person in sein sozial bis dahin komplett abgeschottetes Leben drängt. Für ihn ist sie in erster Linie die Erfahrung, dass er nach Jahren der totalen Abschottung mit einem anderen Menschen kommunizieren kann. Erotik spielt dabei allenfalls eine untergeordnete Rolle.
 

Vielen Dank für das Gespräch.

Text: Reinhard Lüke

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