„Ich wollte Kindern mehr Lust auf Oper machen“
Dienstag, 22. Februar 2011 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Matthias Baus
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Das sagt der 1979 in Japan geborene Tomo Sugao über sein Regiedebüt Das Kind und der Zauberspuk.
Die lyrische Phantasie in zwei Teilen von Maurice Ravel mit Texten der französischen Schriftstellerin Sidonie-Gabrielle Claudine Colette wurde 1925 in Monte Carlo uraufgeführt. Ins Deutsche hat den Text Elke Heidenreich übersetzt. Für die Kinderoper Köln arbeitete Tomo Sugao seit einem Jahr an dem Stück, die Proben haben 4 Wochen gedauert, und am Dienstag fand die Premiere im Alten Pfandhaus statt.
Die Geschichte ist auch nach 86 Jahren aktuell: Ein kleiner Junge hat trotz der Ermahnung seiner Mutter seine Hausaufgaben nicht gemacht. Die Mutter schimpft mit ihm und sperrt ihn in sein Zimmer ein. Das Kind ist namenlos und wird lediglich als das dumme Kind, das böse Kind, der Dummkopf oder Faulpelz benannt. Diese Charakteristika gibt der Junge auch direkt wieder: Das frustrierte Kind wird destruktiv, zerstört Möbel, quält Tiere und zerreißt die Tapete. Da geschieht etwas Merkwürdiges: Aus der Tapete kommen lebendig gewordene Möbelstücke, Spielsachen, Tiere und der Mathelehrer auf den Jungen zu. Sie wollen sich an ihm rächen und beängstigen ihn. Dies spiegelt sich auch in der Musik wider, die phasenweise sehr laut und durcheinander ist. Nach einer langen Wachtraum-Phase, in der das Kind von den Tieren und Spielsachen malträtiert wird, tritt jedoch ein Moment der Entwicklung ein. Der Junge verbindet einem verletzten Eichhörnchen die Pfote und empfindet Mitleid mit ihm. Alle Tiere sind glücklich und singen: Das Kind ist gut.
Nach der Premiere spreche ich mit dem Dramaturgen Lars Gebhardt, dem Regisseur Tomo Sugao und einigen der Gäste aus dem Publikum. Für viele der Kinder war es der erste Besuch der Oper, und einige von ihnen waren extra aus Kerpen angereist. Die Erzieherinnen der Vorschulkinder finden das Stück, obwohl für Kinder ab 5 Jahren empfohlen, schwer verständlich für sie. Die Problematik kennen die Kindergartenkinder noch nicht und haben auch viele der abstrakt dargestellten Tiere nicht wieder erkannt. Phasenweise hatten sie Angst vor den surrealen Erscheinungen, die dem Publikum manchmal sehr nahe gekommen sind. Eine anschließende Rezeptionshilfe werden die Erzieherinnen mit den 5-jährigen in Form von Gesprächen und Erklärungen durchziehen. Dazu sagt Lars Gebhardt: Für die 5-Jährigen ist es bestimmt schwierig. Aber eine gewisse Form von Überforderung finde ich nicht schlimm. Die Kinder müssen nicht alles verstehen, es muss auch nicht alles erklärt werden. Es kann auch etwas offen bleiben. Die Geschichte ist ja auch für Erwachsene schwer verständlich.
Die Schüler der 3. Klasse, also die 9-Jährigen, fanden das Stück durchweg toll. Sie wissen, dass Hausaufgaben manchmal doof und lästig sein können. Manchmal haben sie sich zwar ein bisschen erschreckt und sich die Ohren zugehalten, aber das war überhaupt nicht schlimm, sagen sie. Auch sie sind manchmal frustriert und wollen böse sein und lieben es, mit allem zu experimentieren.
Der 6-jährige Leo ist etwas fassungslos: Warum hat der Junge denn die Möbel zerstört und die Tiere geärgert? Die können doch gar nichts dafür! Er hätte mit seiner Mutter sprechen sollen! Gut, die Botschaft des Stücks ist transportiert worden. Das Problem des kleinen Jungen kann Leo, der seine Hausaufgaben gerne macht, nicht so ganz nachvollziehen. Vielleicht wäre es beim nächsten Projekt des kinderlosen Sugao und des kinderlosen Gebhardt hilfreich, einen pädagogischen Coach an der Seite zu haben, der ihnen an mancher Stelle Tipps geben könnte.
Tomo Sugao ist mit seinem Regiedebüt in Deutschland zufrieden: Ich wollte, dass die Kinder eine schöne Erfahrung machen. Ich wollte, dass sie Lust auf mehr Oper bekommen.
Weitere Vorstellungen:
24. und 25. Februar
01., 02., 14., 15., 16. und 17. März
Weitere Informationen über Das Kind und der Zauberspuk hier.
Kinderoper im „Alten Pfandhaus“ in der Kölner Südstadt
Kartäuserwall 20
50678 Köln
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