Ist das Krach oder kann das in den Mischer?
Mittwoch, 7. Februar 2018 | Text: Johann Zajaczkowski | Bild: Daniel Gourski
Geschätzte Lesezeit: eine Minute
Da wird eine herumstehende Holztruhe zur Kick Drum, unschuldiges Buschwerk zur Hi-Hat – und ein mit einem leichten Schlag bedachter Fassadenriss erklingt schöner noch als jede Kuhglocke: In dem neuen Track des gebürtigen Südstädters und Multimediakünstlers Daniel Gourski verwandeln sich zahlreiche Alltagsgeräusche—allesamt mit mobilem Aufnahmegerät in der Südstadt eingefangen—auf dem Computer zu einem komplexen Beat.
Die Idee zum analogen Sampling ist Gourski, der musikalisch aus dem elektronischen Bereich kommt und viel mit dem Computer und Synthesizern arbeitet, vor rund zwei Jahren gekommen.
Maßgeblichen Anteil daran hatte, nun ja, ein Kaktus.
Diesen—genauer, dessen Stachel—nämlich begann Gourski wie ein Instrument zu bearbeiten und einen Beat unter die solcherart entstandene Melodie zu legen. Das Ergebnis klingt erstaunlich tonleitergerecht.
„Da merkte ich, dass man aus Geräuschen vernünftige Musik machen kann“, resümiert Gourski. Bei seinem neuesten Werk kam ihm zupass, dass er ganz in der Nähe des Chlodwigplatzes wohnt. „In dem Fall bin ich viel um den Block gezogen und habe immer wieder was gesammelt.“ Schließlich entstehe vieles spontan, erzählt der Musiker weiter – etwa wenn ein LKW rückwärtsfährt und dabei das charakteristische Sicherheitspiepsen erzeugt.
Das Sammeln der akustischen Kleinode für den aktuellen Beat habe ein paar Monate Zeit in Anspruch genommen—natürlich nicht am Stück, sondern an unterschiedlichen Tagen und je nach Lust und Laune. „Theoretisch könnte man die Samples auch an einem Tag sammeln, wenn man konzentriert hinausgeht“, befindet der Musiker. Sein Lieblingssample in dem Stück? „Das Rohr am Rheinauhafen—Wahnsinn, was da für ein Geräusch herauskommt wenn es nachschwingt!“
Für die anschließende Komposition und Produktion habe er dann noch drei, vier Tage gebraucht. Dabei wurden die Sounds nur noch nachbearbeitet und druckvoll gemacht—also alles Analog, wenn man so will, da Gourski keine zusätzlichen digitalen Instrumente verwendet hat.
Die Südstadt habe noch viel mehr Potenzial, befindet Gourski, und überlegt, noch einen richtigen „Südstadt Beat“ zu machen. Die schnell wachsende Fangemeinde wird es ihm danken—und einen großen Vorteil hat die Sache: im Gegensatz zu seinem olfaktorischen Gegenspieler Jean-Baptiste Grenouille aus dem Roman „Das Parfüm“ kommen bei ihm keine jungen Frauen zu Schaden.
Vorauseilende Richtigstellung: Na gut, für das verhallte Bass-Sample musste die Entourage auf die andere Rheinseite aufs alte KHD-Gelände…
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