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Auf ein Kölsch mit... Kultur

Jazzrock aus dem Kellergewölbe

Mittwoch, 6. Mai 2015 | Text: Jasmin Klein | Bild: Jasmin Klein

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Einige der bekanntesten Musiker der Welt besuchen immer wieder zwei Musik-Freaks in einem Keller in der Südstadt zu Interviews und Musikaufnahmen. Die beiden haben eigentlich gar nicht besonders viel Freizeit: Der eine arbeitet Vollzeit im Software-Support für eine renommierte Computerfirma, der andere ist Producer bei einer Fernseh-Produktionsfirma. Die wenigen freien Momente verbringen sie dennoch als Macher und Protagonisten der in Musikerkreisen bekannten Internet- Serie, dem High Quality Video Podcast ‚Jazzrock TV’. Ich treffe sie in dem Keller, in dem sie sich sonst mit Musikgrößen wie Bernard Fowler (Rolling Stones), Jimmy Haslip (Yellowjackets), Steve Lukather (Toto), Dean Brown (Brecker Brothers) oder Billy Cobham beschäftigen.

Georg Pilger und Ralf Schmitz haben sich vor vielen Jahren über eine Annonce in der Zeitung kennen gelernt. Pilgers Bonner Band ‚Artgap’ suchte einen Keyboarder. Ralf meldete sich, und das ist jetzt fast fünfzehn Jahre her. 2004 löste sich die Band auf, aber die Freundschaft der beiden blieb.

Georg sieht sich als „Fusion- und Westcoast-Freak“, ihn begleitet all die Jahre immer wieder die Musik von Steely Dan, Toto und Chicago. Ralf liebt Chick Corea, kommt also laut eigenem Bekunden eher „aus der Frickler-Ecke“.

Ralf Schmitz: „Meine Familie war musikalisch, es war immer ein Klavier im Haus. Als Kind bekam ich Klavierunterricht, in der Pubertät hörte ich Rockmusik. Tolle Keyboards waren damals zu teuer, also habe ich mir eine Gitarre gekauft und in Bands gespielt. Ende der 80er war ich Mitglied in der Band von Denice Brooks. Der Höhepunkt war, als wir die Coverversion von ‚Purple Rain’ bei Wetten, dass..?! performt haben. Die Band gab es von 1987-1991. Irgendwann war mir aber klar, dass ich für eine Karriere als Studiomusiker nicht virtuos genug bin. Seit 1990 arbeite ich deshalb beim Fernsehen. 2009 wollte ich dann auch Internetfernsehen machen. Am liebsten zu einem Thema, über das ich nicht lange nachdenken muss. Etwas, das ganz von alleine fließt. Und da lag es für mich nah, dass es das Thema ‚Musik’ sein sollte.“

Die ‚Wall of Fame‘; hier unterschreiben die Künstler, die vorbei kommen

 

Georg Pilger: „Ralf drehte drei kleine Episoden mit Biréli Lagréne, und ich war sofort dabei! Seitdem machen wir in unregelmäßigen Abständen neue Folgen. Wir besprechen neue CDs, interviewen Künstler und nehmen Konzerte auf. Es gab auch Ansätze, Aktuelles wie Tourdaten als ‚News‘ zu präsentieren, wir haben aber festgestellt, dass diese Folgen zu schnell ‚altern‘.“

Ralf: „Wenn wir hier unser Jazzrock TV machen, dann nicht unter fernsehdramaturgischen Gesichtspunkten. Manchmal reden wir zuviel, wie meistens, und der erste Musikpart kommt erst nach zehn Minuten. Aber unsere Abonnenten kennen uns, und viele schätzen auch gerade dieses Unmittelbare. Wir schneiden auch nichts weg, da bleibt alles drin. Einmal schrieb uns jemand: „Das ist so schön beruhigend, wenn Ihr rumlabert, ich höre Euch immer Sonntag morgens im Bett.“

Nach und nach wurde die internationale Musikszene auf die beiden aufmerksam. Mittlerweile werden sie von Verlagen bemustert und von Musikern angerufen, die gerade auf Tour sind und gerne zur Aufnahme und Interview im Kellergewölbe vorbei kommen möchten.
Konzertaufzeichnungen gibt es nicht nur aus dem Alten Pfandhaus, das JazzrockTV seit der ersten Stunde immer treu unterstützt, sondern auch aus vielen anderen Konzert-Locations in Deutschland, den Niederlanden oder auch Belgien.

Besonders spannend finden Ralf und Georg es, zu beobachten, wie die Klickraten verlaufen. Oft sind es erst nur ein paar 100 Aufrufe, aber wenn die Musiker ihre Links zu den JazzrockTV Folgen teilen, bekommen sie schnell mal bis zu 40.000 Klicks. Ihr Hauptkanal ist Vimeo, man kann sie aber auch auf youtube, itunes und MUXX-TV finden.

Über die Jahre haben sie viele bekannte Musiker kennen gelernt. Als jahrzehntelanger Toto-Fan durfte Georg den Gitarristen Steve Lukather interviewen. Er lacht: „Jetzt muss Ralf nur noch Chick Corea treffen, dann haben wir alles erreicht und hören mit Jazzrock TV auf!“

 

Hier wird auch Musik gemacht und aufgenommen

Wie finanziert sich Jazzrock TV??

Ralf: „Die einen gehen angeln, die anderen spielen Golf, wir machen Jazzrock TV. Es gibt die Crowdfunding-Plattform ‚Patreon’. Über die kann man uns durchgehend unterstützen, ab einem Dollar pro Folge. Es gibt mittlerweile schon eine Handvoll Leute, die uns so regelmäßig mitfinanzieren. Und seit letztem Jahr kann man alle unsere Folgen auch auf MUXX-TV sehen, das ist ein Internet-Fernseh-Sender von Martin Ernst, einem Musiker-Urgestein, der jetzt auch Heino produziert.“

 

Vor einigen Jahren gab es zudem ein paar amüsante und nicht ganz ernstgemeinte Folgen JazzrockTV zu den Grammys, in denen Nominierte und Gewinner besprochen wurden. Doch leider wurden relevante Kategorien der Grammys mittlerweile entfernt, und ein eigener JazzrockTV Award wurde erschaffen: Der JazzrockTV MILES Award. Jedes Jahr gibt es drei Preisträger, die von Georg und Ralf ausgewählt werden.

„Wir stellen uns immer die Frage: Wer hat uns dieses Jahr besonders beeindruckt? Entschieden wird spontan nach Gefühl.“

Deutsche Bands wie Mo’Blow und die jungen Talente Simon Oslender & Jerome Cardinaals haben bereits einen Award erhalten, aber auch internationale Bands wie die Aristocrats und Snarky Puppy sind Preisträger.

Macht Ihr noch selbst Musik??

Ralf Schmitz: Ich habe mittlerweile wieder eine Band namens ‚Superstrut’, nach einem Lied von Deodato. Zur Zeit gibt es einige Live-Termine im Ruhrgebiet, und man findet uns natürlich auch bei facebook. Mein zweites, schönes Hobby.“

 

Und was erwartet uns als nächstes bei JazzrockTV?
Georg: „Gerade hatten wir Nils Wülker im Studio, der seine neue CD vorstellt. Diese Folge ist jetzt online. Als nächstes kommt eine großartige Folge mit einem langen Interview mit Robert Trujillo (Bassist von Metallica), den wir auf dem Warwick BASS CAMP getroffen haben.“
Ralf: „Zudem waren wir kürzlich in New Orleans und durften  bei der Aufzeichnung der neuen DVD von Snarky Puppy dabei sein. Eine Band, die nicht nur einen JazzrockTV Award, sondern mittlerweile auch einen Grammy hat und zu der wir ein tolles, freundschaftliches Verhältnis haben. Auch davon werden wir in einer der nächsten Folgen von JazzrockTV berichten.“

Vielen Dank für das interessante Gespräch!

 

Mehr im Netz
www.jazzrocktv.de/about/jazzrocktv/
Crowdfunding Projekt: www.patreon.com/jazzrocktv

Vimeo: vimeo.com/channels/jazzrocktv

 

Text: Jasmin Klein

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