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Südstadt

„Jetzt endlich machen“: Wie es an der Einsturzstelle Waidmarkt weitergehen soll.

Montag, 2. September 2024 | Text: Markus Küll | Bild: Judith Levold

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Ein heißer Sommerabend Ende August: Großes Interesse in der Aula der Kaiserin-Augusta-Schule (KAS). Die Ende 2022 gegründete Projektwerkstatt mit Vertreter*innen verschiedener städtischer Ämter und engagierter Bürger-Initiativen sowie Schüler*innen von FWG und KAS stellt erste Ergebnisse ihrer Arbeit vor. Ideen zur Gestaltung des „Neuen Waidmarkts“, 15 Jahre nach dem Einsturz des Stadtarchivs.

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Vor der Erinnerung: Aussteifung und Großbetonagen

Den Auftakt des Abends, der von Anwohner*innen und Interessierten aus der gesamten Stadtgesellschaft gut besucht ist, bildet ein Vortrag der KVB über den weiteren Fortgang der Bau- und Sanierungsarbeiten am Waidmarkt. Denn deren Fertigstellung markiert auch eine mögliche Neugestaltung des gesamten Areals. Dabei wird deutlich, wie komplex und damit zeitaufwändig die noch anstehenden Arbeiten sind. Die eigentliche Baugrube reicht bis in eine Tiefe von fast 27 Metern. Insgesamt 22 aufeinander aufbauende Bauphasen, unter anderem eine Vereisung des umliegenden Erdreichs, sollen ein sicheres Bauumfeld für die Tunnelröhre in 18 Metern Tiefe gewährleisten. Ein Ende der Rohbau-Arbeiten in der Baugrube Waidmarkt wird „für etwa 2031 erwartet“, so die Vertreter der KVB.

Ob Henriette Reker ist zuversichtlich: Die Projektwerkstatt habe „einen Plan, der zum Ziel führen kann“ (Bild: Markus Küll)

„Ins Machen kommen“ – Die Ergebnisse der Projektwerkstatt sollen langfristig umgesetzt werden

Als „Lang, kurvenreich und mühsam“ – beschreibt Oberbürgermeisterin Reker den bisherigen Weg rund um die Frage, wie an der größten öffentlichen Wunde Kölns ein würdiger Ort der Erinnerung und zugleich des Neuanfangs entstehen kann.
Wir erinnern uns: nach vielen Jahren der Ankündigungen hatte die Projektwerkstatt aus den Initiativen „ArchivKomplex“ und „Köln kann auch anders“ und Vertreter*innen der Stadt unter der Moderation des auf solche Projekte spezialisierten Beratungsbüros „Startklar a+b“ im Jahr 2023 ihre Arbeit aufgenommen. Jetzt also die Vorstellung der Ideen und Konzepte, die sich auf einen Planungszeitraum „bis Anfang der 2030er-Jahre“ beziehen und von allen Beteiligten einen langen Atem erfordern.

Zeitstrahl für die weitere Entwicklung von Gestaltungsideen, Planungen und irgendwann endlich: Baubeginn (Grafik: Stadt Köln)

„Eine öffentliche Bildungslandschaft“ – So könnte der „Neue Waidmarkt“ aussehen

Liest man die Ergebnisse der Projektwerkstatt, wird deutlich: Es ist nicht einfach, den Spagat zu schaffen zwischen der würdigen Erinnerung an den Ort einer der größten Katastrophen Kölns nach dem Zweiten Weltkrieg und einem Ort des innerstädtischen Aufbruchs. Einer der Vorschläge: Es soll eine „öffentliche Bildungslandschaft“ entstehen, die in einem ersten Entwurf der Projektwerkstatt eine Bühne, „Multispaces“ und Kreativräume vorsieht, die von wechselnden Akteur*innen genutzt werden können. Eingebettet werden soll diese Bildungslandschaft in „urbane Naturräume“ mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten. Im Flyer der Projektwerkstatt heißt es dazu: „Beispiele sind: öffentliche Kulturmensa, grünes Klassenzimmer mit Gewächshaus und Kochlaboren, Projekte zur essbaren Stadt, urbane Allmende, Verweilorte, Kulturbühnen, Lernwerkstätten für Demokratie etc.“

Der niederländische Künstler Andre Dekker zeigt ein Beispiel seiner „public art“, hier am Strand von Rotterdam (Bild: Markus Küll)

„Kreisende Klause“ – künstlerische Interventionen am Waidmarkt schon ab Oktober

Über die nächsten vier Jahre, so die Ankündigung der Projektwerkstatt, sollen zunächst Künstler*innen die Baustelle am Waidmarkt in Szene setzen. Den Anfang macht die renommierte Künstlergruppe Observatorium aus Rotterdam (www.observatorium.org), die bereits eine Vielzahl von beeindruckenden Installationen im öffentlichen Raum realisiert hat. „Wir wollen ein lebendiges Archiv aufbauen“, so Andre Dekker, der an diesem Abend die Vision von Observatorium vorstellte. Ab Herbst 2024 werden er und seine Künstlerkollegen hinter den Fenstern rund um den Waidmarkt mobile Ateliers aufschlagen und das Leben rund um den Waidmarkt dokumentieren. „Wir hoffen auf die Gastfreundschaft der Nachbarinnen und Nachbarn und wären gerne bei Ihnen zu Gast!“ so Andre Dekker.

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Ganz nah dran: die Perspektive von Schülerinnen und Schülern der umliegenden Schulen

Aufenthaltsqualität, Klimawandel und Verbindung: Das waren die spannenden Perspektiven, die Schülerinnen und Schüler der KAS am Ende des Abends einbrachten. Neben Erinnerung und Gestaltung des Stadtraums wurden hier ganz praktische Bedürfnisse sichtbar: Viel Grün wegen des Klimawandels, Plätze, an denen sich Schüler*innen beider Schulen treffen können und die Möglichkeit, endlich wieder eine gemeinsame Mitte zwischen den beiden Schulen zu haben. Eine ihre Forderungen – „in der Mitte der Severinsstraße soll ein Radweg sein“- konnte dann auch an diesem Abend quasi verabschiedet werden: Verkehrsdezernent Ascan Egerer sieht es als „gesetzt“, dass der „Neue Waidmarkt“ auf jeden Fall autofrei bleibt. Schon ab Ende des Jahres übrigens sollen die Absperrungen auf der Severinstraße an der Baustelle entfernt werden und die Strecke in die Innenstadt wieder für Radfahrer*innen passierbar sein.

Nur ein paar Stunden Zeit hatten die Schüler*innen des LK Kunst von KAS und FWF, um ihre Ideen und Schwerpunkte zu visualisieren (Bild: Judith Levold)

Die Arbeit hat sich gelohnt – urteilt die Initiative „ArchivKomplex“ die Ergebnisse der Projektwerkstatt ein

Im Anschluss an die Veranstaltung in der KAS hatte Meine Südstadt Gelegenheit, mit Günter Otten von der Initiative ArchivKomplex zu sprechen. Seine Bilanz fällt positiv aus: „Das alles geht in die richtige Richtung. Für ArchivKomplex war es immer wichtig, dass am Waidmarkt spürbar und sichtbar wird, dass das ein besonderer Ort ist, an dem sich die größte Katastrophe Kölns nach dem Zweiten Weltkrieg ereignet hat – drei Tote, viele verlorene Wohnungen, auf Jahrzehnte geschädigte Archivalien. Aber es sollte nie ein reiner Gedenkort werden, sondern ein neuer städtischer Raum, der öffentlich und kulturell nutzbar ist: ein attraktives „Stück Stadt“, das zeigt, dass die Stadt die Kraft hat, aus der Katastrophe eine Zukunftsidee zu entwickeln.“

Frank Deja und Günter Otten von den anstiftenden Bürgerinitiativen KKAA und ArchivKomplex (Bild: Markus Küll)

„ArchivKomplex“ wird auch weiterhin im Projekt engagiert sein: „Wir freuen uns über das Engagement, das Stadtrat und Stadtverwaltung inzwischen zeigen“, so Günter Otten, „und werden weiter beobachten, dass das Konzept der Projektwerkstatt verwirklicht wird. Ein erster positiver Schritt ist die künstlerische Installation, die die Observatoriums-Gruppe aus Rotterdam jetzt bald am Ort aufbaut. Daran werden wir uns aktiv beteiligen.“

Text: Markus Küll

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