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Gesellschaft Kultur

Junge Künstler gesucht: Köln hat eine neue „Akademie der Künste der Welt“

Montag, 29. Oktober 2012 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Iran und Israel nah beieinander: Das ist ein schönes Bild für den grenzüberschreitenden Anspruch der neuen „Akademie der Künste der Welt“. Am Samstag wurde sie in der Comedia in der Südstadt eröffnet. Beim „Get together“ in der Wagenhalle stehen der iranisch-deutsche Regisseur Ali Samadi Ahadi und die israelische Kuratorin und frisch gewählte Akademie-Präsidentin Galit Eilat nebeneinander und präsentieren das Projekt. Die maximal 40 Mitglieder der neuen Akademie sind aktive Künstler aus aller Welt, darunter prominente Namen wie Liao Yiwu aus China (Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2012) oder Rosemarie Trockel.

Was will die Akademie tun in Köln? In der Pressemitteilung heißt es: „Die Akademie möchte mit ihren Aktivitäten auf den gesellschaftlichen Wandel reagieren, sich gezielt mit globalen Themen in Kunst und Gesellschaft auseinandersetzen.“ Das heißt: Es soll zum Beispiel um Migration gehen. Und: Junge Künstler aus Köln sollen in einer eigenen „Jungen Akademie“ gefördert werden. Einen festen Sitz hat die Akademie nicht – vielmehr sollen verschiedene Orte in Köln bespielt werden.

Neuartig will sie also sein, die Akademie. Eine aktive Künstlergesellschaft will sie werden – und auf keinen Fall elitär. Ob das klappt? „Meine Südstadt“ hat mit drei Machern gesprochen: mit Galit Eilat, der Präsidentin, mit Sigrid Gareis, der Generalsekretärin – und via Mail mit Kosta Kodoras, der die „Junge Akademie“ aufbauen möchte.

Israelische Kuratorin und frisch gewählte Akademie-Präsidentin Galit Eilat.

 

Galit Eilat, what are your expectations for the Academy?
Galit Eilat: „For us, it is basic to establish a spirit of hospitality, to involve the responsability of artists and curators – and to establish a relationship between culture and citizenship. This city, Cologne, is a hub for different people from different fields.“

Is Cologne international enough? Why not Berlin?
Galit Eilat: „Well, at first, because the invitation came from Cologne. Berlin can‘t afford this. Cologne was very generous, and that is an important thing in an era, where culture and education suffer tremendous financial cuts.“

What about the integration of difficult quarters of the city, in german you would say „Brennpunkte“. Can you reach them?
Galit Eilat: „We will create a Youth Academy. And we look for young people from Cologne, even with a more complex background. You know, we have to forget all these concepts about „problems“ and „socio-economic background“. We are convinced that everybody has the same chances, if you give them the opportunity.“

Kosta Dodoras, leiter der „Junge Akademie“.

 

Zuständig für die „Junge Akademie“ ist Kosta Dodoras, den wir per Mail erreichen. Frage: Wie wollen Sie Zugang finden zu den jungen Leuten in Köln – speziell in den Brennpunktvierteln (Kalk, etc.)?
Kosta Dodoras: „Dies wird natürlich kein leichtes Unterfangen. Ich wünsche mir eine Mischung aus jungen kreativen Menschen aus den Brennpunktbereichen sowie aus Nicht-Brennpunktbereichen der Stadt. Ich habe in den vergangenen fünf Jahren in der Stegerwaldsiedlung und in Ehrenfeld Workshops für Jugendliche geleitet. Die Frage nach den Kanälen, um diese Jugendliche zu erreichen ist natürlich trickreich, da es kein Allheilmittel gibt. Ich denke, die direkte Kommunikation ist ein sehr wichtiger Schritt. Man muss den Jugendlichen zeigen, dass es Chancen gibt positives Feedback durch den eigenen Ausdruck zu erlangen. Das ist mitnichten eine leichte Aufgabe. Nichtsdestotrotz hoffe ich jedoch mit der Zeit sinne adäquaten Weg zu finden, um nicht nur privilegierte Jugendliche zu erreichen.

Gibt es schon Bewerber/innen?
Kosta Dodoras: „Es gibt natürlich schon welche, aber ich würde mir einfach noch mehr wünschen.  Auch die Informationsveranstaltung gestern im Club-Bahnhof Ehrenfeld, in deren Rahmen der namibische Kwaito Musiker EES auftrat, sollte junge Kölner dazu motivieren, sich zu bewerben. Die nächsten Wochen werde ich noch direkt Schulen aufsuchen, um das Projekt bekannt zu machen. Ich wünsche mir einfach viele gute Leute.“

Frau Gareis, Sie sind Generalsekretärin der Akademie. Wenn man auf der Suche nach der Homepage die Wörter „cologne“ und „academy“ googelt, stößt man als erstes auf ein privates Lernkolleg aus Köln-Bayenthal und als zweites auf eine Kinderakademie aus Cologne/Minnesota. Musste es trotzdem der Begriff „Akademie“ werden?
Sigrid Gareis: „Die Akademie ist ja ein klassischer Begriff. Und das Schöne ist, dass man das als Künstlergesellschaft verstehen kann – und nicht als Ausbildungsstätte. Dieses alte Modell reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück und erfuhr dann im 19. Jahrhundert noch einmal großen Auftrieb mit einer nationalstaatlichen Prägung. Wir wollen etwas Neues mit einer alten Idee: eine Künstlergesellschaft, die global strukturiert ist, die nicht an die Nationalstaatlichkeit gebunden ist und die auch keine Ehrenämter hat für Lebenszeiten wie die Académie Francaise. Drum musste der Akademie-Begriff schon sein.“

 


Sigrid Gareis, General-Sekretärin der Akademie der Künste der Welt in Köln.

 

Auch bei den Projekten für die jungen Leute?
Sigrid Gareis: „Es kann schon sein, dass der Akademie-Begriff da abschreckt. Dass das zu stressig klingt und eine unnötige Schwelle aufbaut. Aber wir gehen da wenig dogmatisch heran. Am Ende sollen 20 Leute in der Jungen Akademie sein, aber anfangs wäre es schon schön, wenn wir 8 bis 9 Kölner finden könnten.“

Was können gerade die jungen Leute beisteuern?
Sigrid Gareis: „Also sie sollen da schon selbst strukturieren. Sie können sich ihre Projekte untereinander und dann der Öffentlichkeit vorstellen. Sie können Sommercamps planen. Und die Mitglieder der eigentlichen Akademie haben schon angeboten, dem Nachwuchs beiseitezustehen, zum Beispiel der Choreograph Faustin Linyekula aus dem Kongo und der Choreograph Lemi Ponifasio, der aus Samoa stammt und in Neuseeland arbeitet.“

Wollen Sie auch Künstlern eine Zuflucht bieten, die in ihrer Heimat verfolgt werden?
Sigrid Gareis: „Dafür haben die Mitglieder der Akademie schon Vorschläge gemacht. Liao Yiwu hat einen Kollegen vorgeschlagen, der nach den Unruhen 1989 ebenfalls im Gefängnis war. Ja, das ist eine unserer Aufgaben, die Gruppe ist schon sehr politisch. Aber wir dürfen und wollen uns nicht nur auf Krisenregionen konzentrieren.“

Wohin schickt man die Post, wenn die Akademie keinen festen Ort hat?
Sigrid Gareis: „Im Moment noch ins Kulturamt der Stadt Köln (sie lacht). Aber es gibt ernste Gespräche, ob die Adresse dann auf Dauer im Mediapark angesiedelt wird.“

Gefällt Ihnen Köln? Sie kommen ja aus Wien.
Sigrid Gareis: „Der Rhein ist klasse, das Leben an einem großen Fluss. Ich habe hier schon im Gartenhaus des Museums für ostasiatische Kunst gewohnt, dann im Hotel, dann in einem Atelierhaus am Alteburger Wall und jetzt in der Annostraße. Das Radfahren ins Kulturamt, das ist ein Traum. Und die Currywurst in der Feldküche: die ist echt high quality.“
 

 

Weitere Informationen über die „Akademie der Künste der Welt“ finden Sie unter www.academycologne.org

Text: Jörg-Christian Schillmöller

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