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Südstadt

Kaffee für Elefanten – Lükes liebes Leben

Sonntag, 20. Januar 2013 | Text: Reinhard Lüke | Bild: freestock.ca/ wikimedia.org

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Schön was erlebt während der letzten 14 Tage? Am Wochenende bei der großen Après-Ski-Party mit Micki Krause und Jürgen Drews am Südstadion vorbei geschaut und es ordentlich krachen lassen? Oder eher schöne Spaziergänge im kölschen Winterwonderland gemacht, in die Sonne geblinzelt, später Tee gekocht, gute Gespräche geführt, abends bei einem halben Glas Roten Beeren- Kirsch- und Holzaromen rausgeschnuppert und lange Abgänge genossen? Oder doch meistens wieder nur schnöde an Schreib- und Esstisch gesessen, gearbeitet, getrunken, gegessen und für den Beischlaf schon wieder zu müde gewesen? Auch in Ordnung. Das mit der Empirie und der Sammelei ständig neuer Erfahrungen wird ohnehin überschätzt. Sex sowieso. Vom Drüberreden ganz zu schweigen. Aber zugegeben, ich war zwischenzeitlich auch mal vor der Tür. Und wie ich auf der Suche nach neuen Sockenhaltern durch ein Kaufhaus streifte, fiel mein Blick prompt auf kreative Neuerungen der Fußmatten-Branche. Jetzt gibt´s sie auch mit „Komm doch rein!“ und „Schön, dass du da bist!“ (Mit korrekt gehäkeltem Komma und Ausrufezeichen).

Frischer Kaffee. Reichlich

Ansonsten habe ich bisweilen zu Unzeiten Wohngebiete des Kölner Südens durchstreift. Wobei man ja unentwegt auf rätselhafte Werbeträger stößt. „Täglich frisch gebrühter Kaffee!“ lockt da beispielsweise ein Aufsteller vor einem Kiosk an der Hohen Pforte. Das soll vermutlich einladend klingen, ist es aber irgendwie nicht. Was wollen die Betreiber schließlich damit sagen? Dass sie nicht die abgestandene Restplörre vom Vortag aufwärmen? Davon sollte man als potentieller Konsument eigentlich ausgehen dürfen. Dann also, dass es das Gebrühte hier täglich gibt, während es in anderen Lokalitäten etwa nur montags, mittwochs und freitags zu haben ist? Kann auch nicht sein. Ein Tässchen Kaffee ist schließlich keine Auster. Klar, hätte ich nun schnurstracks den Laden betreten und den Betreiber fragen können, was in aller Welt er sich bei der handschriftlichen Erstellung dieses Werbeträgers mit der Verkündung eines vermeintlichen Mehrwerts gedacht hat. Aber so was mache ich eher ungern. Da gehe ich lieber meiner Wege. Prompt entdecke im Aushangkasten einer Freichristlichen Gemeinde in Volksgarten-Nähe (Ich liebe diese Schaukästen!) einen offenbar vergessenen Zettel mit der Einladung zu einem gemütlichen Beisammensein mit „selbst gebackenem Kuchen und reichlich Kaffee“ am 1. Weihnachtstag. Die Möglichkeit zum Gespräch wird auch noch angeboten. Normalerweise steht auf solchen Zetteln ja immer nur „Kaffee und Kuchen“. Aber irritierend war hier weniger die Verdrehung der Köstlichkeiten, sondern der Zusatz „reichlich“.  Da vermute ich doch unwillkürlich veritable Dramen. War den Veranstaltern im vergangenen Jahr noch während der besinnlichen Feier womöglich der Mokka ausgegangen? Hatte es daraufhin Tumulte, womöglich Prügeleien um die letzten Tropfen gegeben? Mussten manche Gläubige gar durstig den Heimwegweg antreten? War es deshalb in der Folge zu massenhaften Kirchenaustritten gekommen? Darum nun die Versicherung, dass in diesem Jahr aber nun in jedem Fall genug (frisch gebrühter!) Kaffee für alle da sein würde. Also, definitiv kein Grund, die Herrlichkeit Gottes in Frage zu stellen? Möglich.

Personen auf der Fahrbahn

Nach solch verstörenden Exkursionen bin ich doch gern wieder daheim, suche Zuflucht in Horoskopen, lausche stillen Hörbüchern zur Nonverbalen Gesprächstherapie und schalte, wenn es mich nach dann doch nach der Welt da draußen dürstet, das Radio ein. Da höre ich morgens gegen 6 bei unserem Ortsheimatsender WDR, dass Menschen schon um diese Uhrzeit kilometerlange Staus produzieren oder sich auf einer A soundso zwischen den Anschlussstellen x und y „Personen auf der Fahrbahn“ befinden. Hallo!? Was ist denn das für eine Meldung? Gleich, wann ich mich auf unseren Schnellstraßen bewege, da sind immer Personen auf der Fahrbahn. Auch nachts. Schließlich werden Autobahnen nicht zuletzt dafür gebaut,  damit sich Menschen auf ihnen möglichst zügig von A nach B bewegen können. Und so lange da nicht ferngesteuerte, unbemannte LKWs rumrasen, wird sich an dem Personenaufkommen auf deutschen Fernstraßen auch kaum was ändern. Noch rätselhafter: die Verkehrsdurchsage, dass in Köln „die Bahnen der Linien 3 und 4 in Folge einer Betriebsstörung derzeit bis zu 50 Minuten Verspätung“ haben. Was mache ich mit dieser Service-Meldung? Okay, wenn ich in aller Frühe den ersten Zug nehmen möchte, hat die Mitteilung für mich Relevanz. Dann muss ich entweder ganz zeitig aus den Federn und aufs Rad steigen oder ich plädiere beim Arbeitgeber auf „höhere Gewalt“ und dreh´ mich noch mal um. Aber die Meldung kam vormittags so gegen 11. Wenn ich zu dieser Zeit auf eine Bahn warte und die dann endlich ums Eck kommt, ist es mir doch wohl schnurzegal, ob die nun pünktlich ist oder ob es sich um einen Zug handelt, der eigentlich schon vor einer knappen Stunde hätte einrollen sollen. Wenn sämtliche Bahnen 50 Minuten Verspätung haben, läuft doch eigentlich alles wie gehabt. Oder gibt es Reisende, die dann partout vom Fahrer wissen wollen, ob er nun der 11 Uhr 23-Zug ist oder er schon geraume Zeit vorher hätte da sein sollen und die sich dann bei der KVB beschweren? Glaub´ ich eher nicht.

Enten und Elefanten. Tot oder wartend.

Jetzt muss ich aber noch was über Bahnen und Elefanten loswerden. Nein, es geht´s nicht um den beklagenswerten Tuffi, der (oder war´s eine „Die“?), einst aus der Wuppertaler Schwebahn purzelte und anschließend zum Namenspatron der Produktlinie einer örtlichen Molkerei wurde. Nach dem Gang  zum Briefkasten fiel mir am Montag die Werbebeilage eines seriösen Nachrichtenmagazins auf den Boden, die da gleich mehrere „Spiegel Leserreisen“ auf drei Kontinenten mit der Bahn offerierte. Nun gut, so was wirft man eigentlich sofort in den Müll, aber ich bin da als Eisenbahnerkind biographisch vorbelastet. Also studiere ich sowas sinnlos genau. Und so lese ich, dass bei der Transsib-Tour von Peking nach Moskau am dritten Tag der Programmpunkt „Große Mauer und Peking-Ente“ auf dem Plan steht, während  es tags drauf immerhin „Durch die Wüste Gobi“ gehen soll. Wird da das Federvieh wie das Gemäuer nur zur Besichtigung und Begehung freigegeben oder kann es angemessen tot und zubereitet im Bordrestaurant verputzt werden? Alternativ zu Sibirien kann man aber auch für den Spottpreis von 12 850 Euro von Kapstadt nach Dar Es Salaam 18 Tage lang auf Schienen durch Afrika zockeln, wobei einen in Botswana angeblich „eine der größten Elefantenpopulationen Afrikas erwartet“. Wie stelle ich das nun vor? Bei meinen sporadischen Besuchen im Kölner Zoo zeigten sich die Dickhäuter bisher an meiner Anwesenheit allenfalls mäßig interessiert. Aber der „Spiegel“ in all seiner Potenz macht´s offenbar möglich, dass da Elefanten in der ansonsten gottverlassenen Steppe ein paar Mal im Jahr ungeduldig auf eine Bahnhofsuhr schauen und sehnsüchtig die Bimmelbahn mit weißen Pauschal-Abenteurern erwarten. Dolle Sache. Man wird die Tierchen doch wohl nicht anketten!?
 

Text: Reinhard Lüke

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