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Politik

Kampf der Keller-Kinder

Freitag, 16. April 2010 | Text: Gastbeitrag | Bild: Meyer Originals

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Dem etablierten „Theater der Keller“ auf der Kleingedankstraße droht das Aus. Schüler der „Schule des Theaters“ und Ensemblemitglieder des „Theater der Keller“ planen morgen eine Protest-Perfomance. MEINE SÜDSTADT hat das Theater vorab besucht.

Sollte das Leben tatsächlich die besten Drehbücher schreiben, entsteht im Theater der Keller zurzeit eine gelungene Mischung aus Krimi und Drama: Die junge Intendantin Piamaria Gehle tritt im September 2010 offiziell ihr Amt an. Im Gepäck hat die junge Kölnerin ein Konzept, das nach Erweiterung und Veränderung strebt und gleichzeitig auf gewachsene Strukturen zurückgreift.

Doch die Stadt setzt dem vielversprechenden künstlerischen Streben ein jähes Ende: Für die angehende Spielzeit werden alle finanziellen Förderungen gestoppt. Dem avantgardistischen Ensemble-Betrieb in der Kleingedankstraße 6 droht die Schließung. Doch nicht nur für das traditionsreiche Theater auch für die angeschlossene Schauspielschule bedeutet diese Entscheidung das Aus.

Ende droht nach 55 Spielzeiten

Zur Begrüßung weht am Balkongeländer des weißen Altbaugebäudes ein Banner im Wind. „Rettet das Theater!“ steht in Großbuchstaben darauf geschrieben. Seit nun mehr 55 Spielzeiten ist das Theater der Keller in der Südstadt zu Hause. Durch große Inszenierungen auf kleinem Raum, immer auf der Suche nach neuen Formen im Kampf gegen Konventionen, hat man sich hier einen Namen gemacht.

Nun kämpft das Theater selbst ums Überleben. Zurzeit wird im Rat der Stadt Köln darüber diskutiert die finanziellen Förderungen für das Theater ab dem nächsten Jahr einzustellen. Auf Empfehlung des Beirates an den Kulturausschuss soll „Der Keller“ aus der Konzeptionsförderung für die Jahre 2011 bis 2014 gestrichen werden. Doch ohne den öffentlichen Zuschuss ist ein Spielbetrieb für die Traditionsbühne nicht möglich.

Künstlerische Wurzeln

„Das Besondere an diesem Haus ist nicht nur die traditionsreiche Geschichte, sonder vor allem die einmalige Kombination aus Theater und Schauspielschule“, weiß Piamaria Gehle (32), die angehende Intendantin des Kult-Theaters. Die Schauspielerin und Regisseurin ist selbst ein „Kellerkind“ von klein auf an. „Dank der fruchtbaren Kooperation zwischen Ausbildungsstätte und realem Bühnenbetrieb, beleben immer wieder neue, junge Talente die Inszenierungen.“

Bei der drohenden Schließung des Theaters würde die Schule sehr stark in Mitleidenschaft gezogen, dabei bewehrte sich die – in NRW einmalige – Einrichtung in den letzten Jahren immer wieder als Talentschmiede: Viele hochkarätige Künstler wie Til Schweiger, Anette Frier und Heiner Lauterbach haben hier während der Ausbildung ihre ersten Bühnenerfahrungen gesammelt. Und für alle Absolventen gilt „einmal ein Kellerkind, immer ein Kellerkind“. „Viele Ehemalige finden immer wieder gerne den Weg zurück in den Keller. Hier liegen ihre künstlerischen Wurzeln. Das prägt und verbindet“, so Piamaria Gehle, die von 13 Jahren als Schülerin im Keller ihre Karriere begann.

„Theaterszene würde eine Spitze gekappt“

Diese große Solidarität ist gerade in Krisenzeiten stark zu spüren: Schüler und Absolventen der Schauspielschule, die nun in verschiedenen Engagements an Bühnen in ganz Deutschland spielen, rufen im Internet zur Rettung des Theaters der Keller auf und organisieren so genannte „Flashmobs“, spontanen Demonstrationen in der Kölner Innenstadt.

Diverse Unterschriftenlisten, sowohl auf der Homepages des Theaters als auch im Foyer, geben Besucher und Sympathisanten die Möglichkeit, die Kellerkinder im Kampf gegen die Schließung ihres Theaters zu unterstützen. „Sollten wir untergehen, dann mit wehenden Fahnen!“ Da ist sich Frau Gehle sicher. „Wir wollen den Entscheidungsträgern vor Augen führen, dass Köln eines seiner traditionsreichsten Bühnen verliert. Der Theaterszene würde eine Spitze gekappt, der Südstadt eine wichtige kulturelle Begegnungsstätte genommen.“

Turbulente Zeiten

Geboren wurde das Theater der Keller 1954 in einem ehemaligen Luftschutzbunker – daher auch sein Name – unter der Leitung der Schauspieler Marianne Jentgens und Heinz Opfinger. Im gleichen Jahr gründete das Ehepaar auf Anraten des Generalintendanten der Städtischen Bühnen Köln die dazugehörige private Ausbildungsstätte für Schauspieler und nannten sie „Schule des Theaters“.

Mit Vorliebe für außergewöhnliche Orte zog die Bühne später in ein vormals als Entbindungsklinik genutztes Gebäude, bis sie schließlich in dem herrschaftlichen Haus in der Kleingedankstraße landete. In den letzten Jahren geriet das Theater durch finanzielle Probleme und zurückgehende Besucherzahlen immer mehr ins Trudeln. Kurzzeitig war sogar eine Zusammenführung mit dem Theater im Bauturm angedacht.

Neue Intendanz: Schwerpunkt auf Nachwuchs

Doch das Blatt scheint sich zu wenden: Nicht zuletzt dank der neuen Direktorin Pia Maria Gehle, die den Interimsdirektor Herbert Wandschneider ab Herbst 2010 ablösen wird. Die junge Intendantin hat ein neues Konzept für das Theater erarbeitet, welches den künstlerischen Schwerpunkt stark auf den Nachwuchs legt. Die gebürtige Kölnerin wird mit einem Ensemble aus festen freien Schauspielern sowie Regisseuren arbeiten, das sich aus jungen Theaterschaffenden und altbekannten Künstlern zusammensetzt.

Neben den Inszenierungen von modernen Klassikern, Dramen und Komödien sollen in den Räumlichkeiten des Theaters zukünftig auch weitere Kunst-Events, wie Ausstellungen, Konzerte und Lesungen stattfinden. Starten wird die Spielzeit im September mit Horváths „Jugend ohne Gott“.

Corinna Rausch

Text: Gastbeitrag

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