Kartäuser im Veedel: „Das Kreuz steht standfest, während die Erde sich dreht“
Mittwoch, 18. März 2020 | Text: Stefan Rahmann | Bild: Stefan Rahmann
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Aus Mainz kamen 1335 sieben Kartäusermönche unter der Führung von Johannes von Echternach, die sich im damaligen Kölner Süden in Nähe der Stadtmauer ansiedelten. Besonders willkommen waren sie den auch mehr oder weniger frommen Bewohnern der Kölner Klöster nicht. Minderten sie doch deren Anteil an den Stiftungen Kölner Bürger und Adeligen, von denen damals die Mönche und Nonnen größtenteils lebten.
Um die eigenen Pfründe zu sichern, gelang es den Alteingesessenen immerhin, die Zahl der Beerdigungen, für die die Kartäusermönche verantwortlich zeichnen durften, zu begrenzen. Für Begräbnisse mussten die Hinterbliebenen nämlich tief in die Tasche greifen. Dazu winkten den Mönchen und ihren Klöstern, den Pfarrern und ihren Pfarreien Erbschaften der Verschiedenen. Die Kartäuser hatten übrigens auch eine kölsche Historie. Der Gründer des Ordens, ein gewisser Bruno, stammte aus Köln und der Familie Hardefust. Die Straße in Volksgartennähe kennt man im Veedel. Bruno wurde zu Beginn des 11. Jahrhunderts geboren. Auf einen Gelände im Chartreuse-Gebirge in den französischen Alpen gründete er mit sechs Gefährten eine größere Einsiedelei, die La Grande Chartreuse.
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TorburgDie Kartäuser waren für 200 Jahre der letzte Orden, der sich in Köln niederließ. Dann kamen die Jesuiten. Die kontemplativen Nachfolger des heiligen Bruno wirkten in Köln sehr erfolgreich. In reichen Patrizierfamilien wurde es Mode, die Kartäuser zu unterstützen. Als Gegenleistung beteten die Mönche vor und nach dem Ableben des Stifters unablässig für dessen Seelenheil. Hier galt das Motto „Viel hilft viel“. Verbürgt sind Geldzahlungen und Grundstücksstiftungen der hoch- und vermögenden Familien Overstolz und Lyskirchen. Das Kloster wuchs beharrlich. 1393 wurde der Hochaltar geweiht, auch die Gebäude für die Mönche waren Ende des 14. Jahrhunderts fertig.
Die Kartäuser gelten als die großen Schweiger. Geredet wurde nur während einer halben Stunde am Sonntag. Ansonsten war der Alltag geprägt von drei Gottesdiensten pro Tag, Gebet und der Arbeit im Garten, den jeder Mönch hinter seiner Zelle für die Selbstversorgung bewirtschaftete. Ein einsam-karges Leben hinter Klostermauern. Und wer es nicht aushielt und flüchtete, wurde unbarmherzig mit Hilfe der mittelalterlichen Ordnungskräfte wieder eingefangen und zurückgebracht.
Trotz alledem wuchs der Kartäuserorden bis 1630 mit 23 Mönchen zum größten seiner Art in Deutschland. Und er wurde reich dank der Gebete, der Stiftungen und Erbschaften. Als der Orden im Zuge der napoleonischen Säkularisierung aufgelöst wurde, verfügten die Kartäuser über die größte Bibliothek in Köln. Die Mönche bekamen 24 Stunden Zeit, ihr Kloster zu räumen. Sie zogen in zwei Häuser der heutigen Altstadt. Eigenbedarf.
Die Kartäuserkirche wurde zum Artilleriedepot, die Klostergebäude dienten in der Folge als Lazarett. Die preußischen und damit protestantischen Militärs erhoben nach dem Wiener Kongress zu Beginn des 19. Jahrhunderts St. Pantaleon zur Garnisonskirche. Die dort ansässige katholische Gemeinde musste verschwinden. Für über 100 Jahre. 1922 kam es zum großen Tausch. Die Katholiken schenkten den Protestanten die beschädigten Klostergebäude mit Kartäuserkirche und erhielten im Gegenzug die Pantaleonskirche zurück.
Nach umfangreichen Sanierungsarbeiten nahmen die Evangelischen die Kartäuserkirche 1928 wieder in Betrieb. Pfarrer wurde Georg Fritze, der später als „Roter Pfarrer von Köln“ bekannt wurde und während der NS-Zeit wegen seines Eintretens gegen das Regime von seiner eigenen Gemeinde amtsenthoben wurde. Im zweiten Weltkrieg wurde die Kartäuserkirche stark beschädigt. 1953 feierten die Protestanten wieder Gottesdienste in der ehemaligen Klosterkirche.
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Lund Languages – ein Ostfriese in der SüdstadtAuf dem Gelände der hochkatholischen Kartäusermönche residiert heute der Evangelische Kirchenverband Köln und Region, die Gebäude auf dem ehemaligen Kostergelände wurden zum Haus der Evangelischen Kirche, die Kirche ist heute zwar ebenfalls evangelisch, heißt aber nach wie vor Kartäuserkirche. Und das alles im Einklang mit dem alten Ordenswahlspruch: „Das Kreuz steht standfest, während die Erde sich dreht.“
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