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Kultur

Köln – Die Stadt, die nie genug kriegt

Freitag, 19. Oktober 2012 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Vor ein paar Tagen ist die Autobiographie von einem Südstädter erschienen. In „Du bes Kölle“ erzählt Tommy Engel aus seinem ereignisreichen Leben und der Journalist und Autor Bernd Imgrund hat es für ihn aufgeschrieben.

 

Tommy Engel. Was verbinde ich mit diesem Namen? Als erstes habe ich ihn natürlich im Kölner Karneval kennengelernt. Als Frontmann der Bläck Fööss – ist doch klar! Ich habe die Bläck Fööss geliebt wie den Karneval. Und die Bläck Fööss waren für mich immer Tommy Engel. Am Boden zerstört war ich als Tommy Engel die Fööss verlassen hat – und mein Interesse für die Bläck Fööss war damit gestorben. Dann habe ich ihn in seiner neuen Band LSE wahr genommen – aber das war es auch schon – und „Arsch huh, Zäng ussenander!“ hat er mitorganisiert. Und jedes Jahr sehe ich Plakate, die seine „Weihnachtsengel“-Konzerte bewerben. Das war’s auch schon mit meinem Vorwissen über Tommy Engel.

Und jetzt hat er also aus seinem Leben erzählt. Ich gebe zu, ich habe das Buch mit Skepsis in die Hand genommen……und es seitdem nicht aus der Hand gelegt. Ich gehöre leider zu den Menschen, die im Bett beim Buchlesen über dem Buch einschlafen. Nicht aber bei „Du bes Kölle“. Daraus habe ich bis tief in die Nacht gelesen.

Und das Buch entstand durch die Idee von Helge Malchow, Verleger bei Kiepenheuer & Witsch. Am Abend der Präsentation des Buches erzählt Helge Malchow: „Ich schätze Tommy Engel als Künstler. Der hätte das Zeug zum Star, ganz groß, wenn er sich nicht auf Köln und Kölsch beschränken würde. Vor 21 Jahren hat er sein erstes Buch geschrieben. Ich war der Meinung, dass es an der Zeit sei, dass er seine Autobiographie schreibt.“

Nun, schreiben wollte Tommy Engel nicht – aber erzählen. Helge Malchow hatte schon vorgesorgt: „Ich dachte an Bernd Imgrund. Ich kenne seine Bücher, die er beim Verlag Emmons herausgebracht hat. Da haben wir um Erlaubnis gebeten. Der Bernd Imgrund kennt Köln und die kölsche Seele. Der konnte den Tommy Engel gut nehmen. Man muss den Tommy nehmen können. Das ist ein starker Charakter.“

So hat Helge Malchow die beiden einander vorgestellt. „Helge Malchow hat mir die Idee mit dem Buch Nahe gelegt,“ erinnert sich Tommy Engel „ Da habe ich gesagt ‚Na gut, wenn du meinst“. Und Bernd Imgrund habe ich auf Anhieb gemocht. Das hat von Anfang an funktioniert. Ich habe ihm ja auch intime Dinge aus meinem Leben erzählt. Manchmal habe ich ihn später auch gebeten, dieses oder jenes nicht zu schreiben. Die Leute sollten ja schon etwas erfahren, aber nackig mach’ ich mich nicht!“

„Wir wollten die Autobiographie nicht neu erfinden“, sagte Bernd Imgrund bei der Buchpräsentation „Du bes Kölle“ .

 

Bernd Imgrund beschreibt die Entstehung des Buches so: „Wir wollten die Autobiographie nicht neu erfinden. Deshalb haben wir uns bei der Kapitelwahl einfach für Jahreszahlen in chronologischer Reihenfolge entschieden. Tommy und ich haben uns ein halbes Jahr lang, zweimal die Woche getroffen. Wir haben dann ungefähr immer vier Stunden gearbeitet. Zuerst ging ich immer mit Brötchen aus einer ganz bestimmten Bäckerei in der Südstadt zum Frühstück zum Tommy. Ich musste immer erst eine Stunde mit ihm frühstücken, bevor ich überhaupt die erste Frage stellen konnte. Ich habe Tausende von perfekt gekochten Eiern gegessen. Das Material habe ich selber von meinem Diktiergerät transkribiert, dabei sind schon über 300 Dateien entstanden. Über Motorräder, Boote oder Zigarren könnte ich jetzt auch jeweils ein Buch schreiben. Ich habe dann selektiert, geordnet und die ersten Beispiele geschrieben. Es war schwierig, eine Schreiberische Mitte zu finden zwischen Sprechen und Schreiben. Und den Ton von Tommy Engel aufzuschreiben. Nicht zu wissenschaftlich und auch nicht zuviel Slang. Ich habe mich in Tommy rein versetzt und einen guten Ton gefunden.“

Ich frage Tommy Engel, warum er sich für diesen Titel entschieden hat? Er erklärt: „Den Song ‚Du bes Kölle’ gibt es ja schon. Das ist ganz praktisch, dann brauche ich nicht so viel dazu zu erklären. Die Kampagne ‚Du bist Deutschland’ hat mich inspiriert und hat mich schon sehr erschreckt. Und dann ist ‚Du bes Kölle’ entstanden. Du musst zwischen den Zeilen lesen: Köln ist die Stadt, die nie satt wird, die nie genug kriegt. Die immer mehr will. Die nie zufrieden ist. Wenn dir das alles nicht genügt? Du bist alles das hier. Wir alle sind Köln.“

Tommy Engel hat damals die Bläck Fööss verlassen, weil er kein Spaßmacher im Karneval mehr sein wollte. Er hatte das Bedürfnis, Musik mit einer Aussage zu spielen: „Wenn du in dieser Stadt Musik machst, dann musst du praktisch politisch sein. Du musst die Augen und Ohren offen halten. Man muss sich engagieren. Als das Stadtarchiv eingestürzt ist, da habe ich gedacht ‚Diese Menschen sind für uns gestorben.’ Ich laufe jeden Tag an der Stelle vorbei. Eine Woche vor dem Einsturz ist da der Rosenmontagszug entlang gegangen. Stell dir mal vor? Die Tribüne, die ganzen Menschen. Das hätte dann passieren können! Die beiden sind für uns gestorben. Da haben ein paar Künstlerfreunde und ich den Verein „KKKK“ gegründet. Kölner Künstler für Kevin und Khalil. Wir haben ein Spendenkonto eröffnet und eine Skulptur, eine Art Mahnmal, soll zunächst einmal in der Halle des Rathauses für sie errichtet werden. Ich engagiere mich gerne und oft.“

Schon vor 20 Jahren hat Tommy Engel sich engagiert. Nämlich bei der Arsch huh – Initiative für mehr Toleranz und gegen Rassismus. Tommy Engel sagt: „Leider ist das Thema immer noch so was von heiß. Da müssen wir noch mal auf die Bühne. Wir wollen das nicht, weil es jetzt 20 Jahre sind, sondern weil Rassismus, Ausgrenzung, Menschenfeindlichkeit und Extremismus in jeder Form, heute wie damals akut sind. Eigentlich müsste man das wohl alle zwei Jahre organisieren. Wir müssen sagen, was wollt ihr hier? Raus hier! So etwas wie zur Nazi-Zeit darf sich nicht wiederholen! Da sind so viele Menschen damals umgekommen. Das ist mir ein Rätsel, wie man sich so verirren kann. Da müssen wir etwas tun. Und wir Künstler stehen ja für etwas, wenn wir da auf der Bühne stehen: Wir stehen für mehr Toleranz.“

Um sich von seinen musikalischen und politischen Engagements zu erholen, hat Tommy Engel eine Form des „rheinischen Buddhismus“ entwickelt. Er erklärt: „Ich fahre dann mit meinem Motorrad zum Rheinufer und setze mich auf eine Bank. Wenn ich es dann schaffe, da eine Stunde zu sitzen und mich auf nichts zu konzentrieren, ohne Gedanken nur die Menschen beobachte, diesen Menschenstrom wie er Skatebord oder Fahrrad fährt, läuft oder spaziert, und die Schiffe auf dem Rhein sehe, dann denke ich an die Langsamkeit. Wir müssen langsamer werden. Das nenne ich ‚kultivierten Müßiggang’. Die Leute wissen nicht mehr, was das ist. Das müssen die Leute wieder lernen. Ich sage ganz bewusst ‚Ich lege mich ab’. Und dann kommt die Ruhe.“

Das beeindruckt mich. So, wie mich auch vieles in dem Buch beeindruckt. Sehr ehrlich und unverblümt beschreibt er die Zeiten, in denen er aufwuchs. Nüchtern, aber doch emotional erzählt er auch von großen Katastrophen seines Lebens. Tommy Engel bringt mich zum Lachen, aber auch zum Nachdenken. Lest doch selbst.

„Du bes Kölle“
Tommy Engel
Autobiograpfie
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2012
18,99 Euro

Text: Aslı Güleryüz

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