Kölner ImproFestival- „Und wer bist du?“
Sonntag, 10. April 2011 | Text: Sonja Alexa Schmitz | Bild: Sonja Alexa Schmitz
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Ich weiß gar nicht worüber ich zuerst berichten soll, über Improvisations-Theater oder Masken-Theater. Ich hatte nämlich beides. Im Rahmen des Kölner ImproFestivals, das vom 9. bis zum 17. April stattfindet, habe ich am Samstag im Klüngelpütz Theater das Festival-Warm-up gesehen. Die Show fängt an und man hat das Gefühl, man wohnt einem Workshop bei. Steve Jarand, ein Kanadier, der nicht nur ein toller Impro- Schauspieler und Lehrer ist, kann auch Masken herstellen. Und was für welche! Lustige, böse, doofe, schüchterne. Er, der nur Englisch redet, hat sechs Workshop-Teilnehmer dabei, die er in ständig neue Szenen kommandiert. Oft gestaltet er Szenen, in denen die Personen ihre Rolle im Stück ändern. Sind sie zu Anfang groß und stark, werden sie dann ganz klein und ängstlich. Und umgekehrt.
Steve erklärt dem Publikum, dass nur so eine gute Story entstehen kann: Die Protagonisten müssen im Laufe eines Stücks ihre Persönlichkeit ändern. Aha, muss ich mal drauf achten in kommenden Filmen und Geschichten. Hinterher verstehe ich, dass das auch eine gelungene Vorbereitung ist, um das zu verstehen, was ich als Moral von der Geschicht`mit nach Hause nehme. Nun setzt er die ersten Masken ein. Und auch da praktiziert er den Wechsel von Über- und Unterlegenheit. Ich bin beeindruckt! Eine Maske, die ihren Gesichtsausdruck nicht ändern kann, und sprechen tut sie auch nicht, kann alleine durch die Körpersprache der Person unter der Maske die Persönlichkeit ausdrücken. Das Gesicht der Maske verändert sich doch! Nämlich je nachdem welche Rolle ich in ihr sehe. Wow! Ich nehme das mal mit in mein Leben: Körpersprache sagt mehr über mich aus als mein Gesicht. Steve und seine Schauspieler bestätigen in einigen, wunderbar unterhaltsamen Szenen meine Theorie.
Und wer bist du? fragt mich plötzlich jemand in der Pause. Inmitten meiner Gedanken über den Menschen, seine Rolle und seine Außenwirkung, finde ich diese Frage ziemlich interessant. Das kann der andere allerdings nicht wissen, so plaudern wir der Einfachheit halber über Improtheater. Er ist seit zwei Wochen ein Impro-Schüler und es macht ihm viel Spaß. Er klingt so, als sei es das Einfachste auf der Welt. Ich wundere mich, denn aus eigener Erfahrung eines furchtbar angstschweißtreibenden Wochenend-Workshops kann ich nur sagen: Respekt für alle, die das können! Ich habe in diesen zwei Tagen verstanden, dass ich nicht ausreichend schnell im Kopf bin, um zu verstehen, was gerade gespielt wird, nicht ausreichend kreativ, um mir Spannendes, Neues und Lustiges auszudenken, nicht ausreichend mutig, um auf der Bühne zu schreien, zu tanzen, zu lieben, zu was auch immer mir gerade nie einfiel. Ich finde die Menschen, die das können, wahnsinnig intelligent, sage ich und ernte seine hochgezogenen Augenbrauen. Ich räsoniere noch ein wenig darüber und komme dann zu dem Schluss: Nein, eigentlich ist es nicht Intelligenz, sondern Freiheit. Die Menschen, die gut spielen wollen, müssen sich freimachen können von ihrem Selbst, und vor allem von ihrem inneren Richter. Wenn ich mich die ganze Zeit über bewerte und vergleiche dann wird das nichts. Dann ist das Hirn mit diesen überflüssigen Gedanken beschäftigt, anstatt sich mit der Szene und der Person, die ich spielen könnte zu beschäftigen. Da steckt ganz schön viel Psychologie und Mensch dahinter.
Wer das mal ausprobieren möchte, der kann an einem der Workshops teilnehmen, die in dieser Festival-Woche angeboten werden. Oder in der Kölner ImproSchule einen der regelmäßig stattfindenden Kurse oder Workshops besuchen. Und wer so wie ich, lieber auf der (sicheren) Publikums-Seite sitzen möchte, der sollte unbedingt diese Woche eine oder mehrere Shows ansehen. Die meisten Veranstaltungen finden im Klüngelpütz und im Gloria-Theater statt, aber am Freitag, dem 15. April wird in der Lutherkirche zuerst eine FestivalSession geboten, und anschließend startet die grosse Impro-Marathonnacht. Es wird dort so lange gespielt, bis weniger Zuschauer als Spieler im Saal sind. Das Ensemble der Clamotta sind Eva Thiel, Stefan Thiel und Markus Hahn. Sie betreiben die Kölner Improschule im Alteburger Wall.
Fakten: Zum sechsjährigen Geburtstag des Kölner ImproFestival werden dieses Jahr zehn Shows geboten. Darunter Impro-Klassiker, aber auch Premieren. Zwei Highlights darunter sind der Kampf um den Goldenen ImproStern am 16. April, die Auszeichnung für den besten Impro-Spieler Deutschlands, und der Kampf der Giganten am 13. April, wenn drei Gewinner des Goldenen ImproSterns aus den Vorjahren gegen die Festival-Veranstalter vom clamotta-Ensemble antreten.
Das hast du jetzt gut erkannt, sagt mein Pausen-Gesprächspartner. Ja, stimmt, ich habe kapiert, dass Impro-Schauspieler nicht nur intelligent, sondern beneidenswert frei sind. Und die, die ich hier heute auf der Bühne gesehen habe, sind auch noch ganz besonders freundlich. Und sozial dazu, denn die Schauspieler verzichteten auf ihre Einnahmen, um sie den Japan-Opfern zu spenden. Die Stimmung im Theater war gemütlich familiär. Das Publikum wird bei Impro-Theater ja auch gerne mal mit einbezogen, indem sie zum Beispiel Szenenvorschläge in den Raum werfen. Und zuletzt, als der nicht vorhandene Vorhang gefallen ist, luden sie ein, Fragen zu stellen, zu plaudern, Masken anzuschauen und aufzusetzen.
Und dann forderten sie uns auf, ihnen zu helfen, einen Namen für diese neue, heute erstmals auftretende Truppe zu finden. Einen Namen für eine Impro-Truppe, die mit Masken auftritt. Vielleicht fällt euch ja was ein?
Mehr Informationen unter:
www.koelnerimprofestival.de/index.php
www.koelner-improschule.de
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